Diversifikation von GSK wird sich reduzieren
Von Timo Kürschner*)
Seit Beginn des Ukraine-Krieges hat sich der Spread des iBoxx EUR Non-Financials ausgeweitet, wenngleich die Ausweitung bisher mit rund 20 Basispunkten (BP) moderat ausfällt. Einzelne Subindices wie bspw. Energy oder Basic Resources zeigten größere Anzeichen von Nervosität, wenngleich auch hier in den vorigen Tagen eine Beruhigung einsetzte. Der weitgehend von defensiven Titeln geprägte Healthcare iBoxx Euro Corporates Index hat sich dagegen im Wesentlichen wie der Markt entwickelt. Bisher zeigt er nur eine leichte Tendenz zu einer niedrigeren Spread-Ausweitung im Vergleich zum iBoxx EUR Non-Financials, die in früheren Krisenzeiten häufig zu beobachten war. Mit aktuell ca. 80 BP ist der Non-Financials-Index derzeit noch weit von seinem vorigen Hoch mit rund 190 BP zu Beginn der Corona-Pandemie im März/April 2020 entfernt.
Ein mittelgroßer Emittent im Healthcare-Subindex mit einer aktuellen Gewichtung von 3,9% und aktuell acht in Euro begebenen Anleihen ist GlaxoSmithKline (GSK). Sie ist mit einem Jahresumsatz im vorigen Jahr von rund 34 Mrd. Pfund das größte britische Pharmaunternehmen und gehört zu den Top 10 weltweit. Der Schwerpunkt von GSK liegt im Bereich der verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die als „Pharmaceuticals“ zusammengefasst werden. Mit seiner Sparte „Vaccines“ ist das Unternehmen darüber hinaus einer der größten Impfstoffhersteller der Welt. Von seiner dritten Sparte, dem Konsumentengeschäft, wird sich das Unternehmen dieses Jahr trennen. Es soll eigenständig unter dem Namen Haleon an die Börse gebracht werden, nachdem im Januar ein Verkauf an Unilever für 50 Mrd. Pfund aufgrund des aus Sicht des GSK-Managements zu niedrigen Gebots gescheitert war. Trotz einer Integration des Consumer-Health-Portfolios von Novartis im Jahr 2015 und von Pfizer im Jahr 2019 ist es nach wie vor das margenschwächste Geschäft im Konzern.
Bekannte Marken
Zum Portfolio gehören weltweit bekannte Marken wie Sensodyne, Voltaren, Fenistil, Dr. Best, Otrivin oder Centrum. Die Trennung soll die Ertragskraft des verbleibenden Konzerns steigern und Haleon unabhängiges Wachstum ermöglichen. Ganz aussteigen will GSK aber im ersten Schritt noch nicht. Bis zu 20% von Haleon will GSK vorerst behalten. Die Trennung wird die Bilanzstruktur von GSK weiter stärken. Mit Beginn des Geschäftsjahres 2022 hat GSK zudem eine restriktivere Dividendenpolitik eingeführt, die sich an einer Ausschüttungsquote von 40 bis 60% orientiert, dadurch wird die Dividendenzahlung von 80 Pence je Aktie 2021 auf voraussichtlich nur noch 55 Pence (inklusive Haleon) in diesem Jahr sinken. Dies ist für die Gläubiger eine gute Nachricht, schüttete der Konzern doch in der Vergangenheit öfters Summen aus, die den Free Cashflow überstiegen. Als Folge davon war die Nettoverschuldung des Konzerns immer weiter angestiegen.
Seit zwei Jahren ist aber auch hier eine Konsolidierung festzustellen. Seit dem Höhepunkt im Jahr 2019 mit 25,7 Mrd. Pfund konnte der Konzern seine Nettoverschuldung bereits um rund 6 Mrd. auf 19,8 Mrd. Pfund zum Ende des Geschäftsjahres 2021 abbauen. Da im Rahmen der Abspaltung des Konsumentengeschäfts eine Dividende über 7 Mrd. Pfund an den verbleibenden Konzern gezahlt wird, die u. a. zur Schuldenreduktion eingesetzt werden soll, dürften sich die Bilanzkennzahlen 2022 nochmals deutlich verbessern. Um die Dividende zahlen zu können, wird Haleon seine Verschuldungskennzahl Nettoverschuldung/Ebitda voraussichtlich auf bis zu 4x erhöhen. Aufgrund des internationalen Geschäfts und günstiger Zinskonditionen könnte es auch zu Bondemissionen in Euro kommen.
Trotz eines ordentlichen Schlussspurtes im vierten Quartal war das zurückliegende Geschäftsjahr 2021 ein mühsames für GSK. Aufgrund eines negativen Wechselkurseffektes von 5% stagnierte der Umsatz mit 34,1 Mrd. Pfund auf Vorjahresniveau. Während es im Arzneimittelbereich relativ rundlief, kämpfte die Impfstoffsparte mit einem um 3% rückläufigen Umsatz u. a. aufgrund der Verschiebung von Impfprioritäten im Zusammenhang mit der weltweiten Corona-Pandemie. Trotz eines zusätzlichen Geschäfts mit Wirkverstärkern für Corona-Impfstoffe fiel der Umsatz noch einmal geringer aus als 2020, was allerdings auch an der negativen Wechselkursentwicklung lag. Das Konsumentengeschäft litt unter einem hohen Basiseffekt aus dem Vorjahr, in dem es wegen der Pandemie eine Sonderkonjunktur gab. Auch ergebnisseitig gab es für GSK 2021 sowohl berichtet als auch bereinigt Rückgänge zu verkraften. Beim berichteten Gewinn war vor allem der hohe Vorjahreswert, der vom Verkauf von Horlicks und anderen Marken aus dem Bereich Consumer Healthcare profitiert hatte, ursächlich. Der bereinigte Gewinn wurde durch höhere Lieferkettenkosten bei Impfstoffen, mehr F&E-Ausgaben sowie eine höhere Steuerquote belastet.
Am Ende erzielte GSK 2021 einen berichteten Gewinn von 4,4 Mrd. Pfund (–24%; –13% CER) und einen bereinigten von 5,7 Mrd. Pfund (–2%; +9% CER). Für 2022 erwartet das Unternehmen ein Umsatzwachstum auf Basis konstanter Wechselkurse von 5% bis 7%. Das bereinigte EPS soll unter Ausschluss von Covid-19-Produktumsätzen um 12 bis 14% zulegen.
Obwohl es künftig durchaus Chancen für eine Verbesserung der Ratings von GSK gibt, halten die Ratingagenturen derzeit an ihren stabilen Ausblicken fest. Neben den Kosten für die Restrukturierung und Trennung vom Konsumentengeschäft verweisen sie auch auf eine im Augenblick noch zu niedrige Cashflow-Generierung und eine geringere Diversifizierung nach der Abspaltung. GSK hat derzeit Anleihen im Wert von 22,6 Mrd. Pfund ausstehen. Nur ein Viertel oder 5,6 Mrd. Pfund wurden in der Bilanzwährung britische Pfund emittiert. Der Rest wurde in Dollar (12,1 Mrd. Pfund) bzw. Euro (4,9 Mrd. Pfund) begeben. Das Fälligkeitenprofil bis 2030 ist relativ ausgewogen. Der längste ausstehende Bond läuft bis 2045. Eine etwas größere Fälligkeit gibt es im nächsten Jahr, wenn Euro- und Dollar-Anleihen über rund 5 Mrd. Euro auslaufen. In diesem Jahr stehen zwei Dollar-Anleihen im Gesamtvolumen von 3,5 Mrd. Dollar zur Rückzahlung an. Die Spreads der Eurobonds von GSK liegen derzeit meist im Bereich der „AA+“-Marktkurve, einzig der Bond 05/2030 hat aktuell einen etwas höheren Spread von 44 BP.
Im Vergleich zum Composite-Rating („A“) sind die Anleihen damit sehr teuer bzw. bieten eine niedrigere Verzinsung, als angemessen wäre. Dies zeigt auch der Spread eines als Indikation für das Marktrisiko dienenden fünfjährigen CDS, der bei 33 BP ist. Die Schwankungsbreite des CDS in den vorigen fünf Jahren lag, trotz Corona-Pandemie und jetzt des Ukraine-Kriegs, im sehr engen Bereich zwischen 57 und 13 BP. Vor allem im mittleren und längerfristigen Bereich sind die Anleihen von GSK für risikoaverse Investoren ein möglicher Kompromiss zwischen Sicherheit und etwas Rendite. Bei länger laufenden Anleihen sollte man allerdings auch das mittlerweile wieder höhere Zinsänderungsrisiko mit in seine Anlageentscheidung einbeziehen.
*) Timo Kürschner ist Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg.