Klaas Knot

EZB-Ratsmitglied warnt vor zu später Reaktion auf hohe Inflation

„Wir dürfen auf keinen Fall hinter die Kurve fallen“: EZB-Ratsmitglied Klaas Knot warnt im Interview der Börsen-Zeitung davor, die Inflationsgefahren in Euroland zu unterschätzen – und vor einem zu späten Gegensteuern der EZB.

EZB-Ratsmitglied warnt vor zu später Reaktion auf hohe Inflation

EZB-Ratsmitglied Klaas Knot warnt eindringlich vor einer zu späten geldpolitischen Reaktion der Europäischen Zentralbank (EZB) auf die hartnäckig hohe Inflation. „Wir dürfen auf keinen Fall hinter die Kurve fallen“, sagt Knot im Interview der Börsen-Zeitung (Freitagausgabe). „Wenn wir einen allmählichen und reibungslosen Ausstieg anstreben, ist es umso wichtiger, dass wir frühzeitig damit beginnen. Das Letzte, was man in einer solchen Situation will, ist, hinter die Kurve zu fallen. Wenn man einmal hinter die Kurve gefallen ist, bedarf es einer abrupten, schockartigen Korrektur, um wieder vor die Kurve zu kommen.“

Laut Knot wird 2022 das Jahr, um „die Anleihekäufe schrittweise zurückzufahren“. Die EZB werde die Käufe von 80 Mrd. Euro pro Monat auf 20 Mrd. Euro ab Oktober 2022 reduzieren. „Der Betrag von 20 Mrd. Euro eröffnet uns die Möglichkeit, die Nettokäufe jederzeit in einem Schritt zu beenden“, sagt der niederländische Zentralbankchef. „Damit hätten wir im Jahr 2023 völlig freie Hand“, fügt er hinzu. Nach aktuellem Stand hält Knot eine Zinserhöhung im Jahr 2022 für unwahrscheinlich. Das gelte aber explizit nicht für 2023.

Knot betont zudem, dass die EZB jederzeit auch rascher handeln könne, sollte das nötig werden. „Sollte die Inflation auch im Jahr 2022 weiter überraschend hoch ausfallen, können wir die Anleihekäufe früher beenden und die Markterwartungen für die erste Zinserhöhung weiter nach vorne verschieben.“ Mit Blick auf die von der EZB prognostizierte Inflationsentwicklung und die im Zinsausblick (Forward Guidance) formulierten Bedingungen für eine Zinserhöhung sagt Knot: „Ich glaube, dass unsere Forward Guidance uns nicht mehr daran hindern muss, die Zinsen zu erhöhen, wenn wir das wollten.“

Knot macht in dem Interview deutlich, dass er zu denjenigen gehöre, die „nicht ganz überzeugt sind“, dass die Inflation im Euroraum mittelfristig wieder unter 2% falle. Mit Blick auf die aktuellen EZB-Projektionen von 1,8% Inflation in den Jahren 2023 und 2024 sagt Knot, die EZB sei mindestens „sehr, sehr nahe an ,Mission erfüllt‘“. Die Inflationsrisiken seien aktuell „eindeutig nach oben gerichtet“.

Knot verteidigt die große Flexibilität, die sich der EZB-Rat mit seinen jüngsten Beschlüssen in Bezug auf die Anleihekäufe verschafft hat. „Flexibilität ist unser wichtigstes Instrument, um einer Fragmentierung entgegenzuwirken. Und für mich ist die Vermeidung einer Fragmentierung eine notwendige Voraussetzung für die Normalisierung der Geldpolitik.“ Es sei klar und angesichts der Inflationsentwicklung auch „wünschenswert“, dass die Euro-Anleiherenditen anzögen. Aber: „Wir müssen eine übermäßige Ausweitung der Zinsdifferenzen vermeiden, die sich unterschiedlich auf die verschiedenen Teile des Euroraums auswirken würde.“

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