Ferrari zeigt Porsche in (fast) jeder Hinsicht die Rücklichter
Geld oder Brief
Ferrari − Rennpferd mit Turbo-Motor
Italiens Sportwagenproduzent Ferrari hängt Porsche bei Rentabilität und Börsen-Performance ab
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Von Gerhard Bläske, Mailand
Die Aktie des italienischen Sportwagenproduzenten Ferrari erfuhr zwar nach der Veröffentlichung der Quartalszahlen Anfang Mai eine Korrektur. Für Robert Krankowski, UBS-Analyst, bleibt die Marke mit dem Symbol des sich aufbäumenden Pferdchens jedoch ein Rennpferd, das den Konkurrenten vorauseilt: „Für mich ist das eine der besten Möglichkeiten, sich in einem verlangsamenden Umfeld im Luxussektor zu engagieren.“
Die Aktie gehörte in den letzten Jahren zu den großen Gewinnern an der Börse. Binnen zwölf Monaten hat sie um 42,8% auf 386 Euro zugelegt. Binnen fünf Jahren hat sich ihr Wert verdreifacht. Mit einer Kapitalisierung von 74,8 Mrd. Euro ist Ferrari der „schwerste“ Wert an Mailands Börse und doppelt so teuer wie Porsche, das 30 Mal so viele Autos verkauft. Mit einem KGV von 52,5 und einem KUV von 11,19 ist das Papier sportlich bewertet – vergleichbar mit Luxuswerten wie Brunello Cuccinelli. Die Dividende ist stetig angehoben worden und stieg für 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 34,97%.
Kursziel bei 418 Euro
Mediobanca-Analyst Andrea Balloni hat das Kursziel von 332 auf 361 Euro gestellt, die Bewertung aber bei Neutral belassen. Bei einem um 1% niedrigeren Absatz von 3560 Fahrzeugen im ersten Quartal stiegen der Umsatz um 10,9% auf 1,6 Mrd. Euro und der Nettogewinn um 19% auf 352 Mill. Euro. Die Bruttomarge des schuldenfreien Unternehmens kratzt mit 38,2% an der 40%-Marke. Die Nettomarge liegt bei über 27%. Die Analysten glauben mehrheitlich, dass die Guidance für den Umsatz im Gesamtjahr von 6,4 Mrd. Euro und einem Nettogewinn von 1,3 Mrd. Euro klar übertroffen wird. Zurückhaltender ist Ryan Brinkman von JPMorgan, der die Quartalszahlen nur auf Linie mit den Erwartungen sieht und das Kursziel bei 355 Dollar belässt. Von den 27 Analysten, die den Wert laut Bloomberg beobachten, empfehlen zehn einen Kauf, 13 Halten und vier den Verkauf. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 417,53 Euro.
CEO Benedetto Vigna lässt die kleine Kurskorrektur relativ kalt. „Wir wollen Feuerwerke, die kurzfristige, nicht langfristige, Effekte erzeugen, lieber vermeiden. Es ist ein Marathon“, sagte er bei der Vorstellung der Quartalszahlen. So beschränkt Ferrari bewusst die Stückzahlen und verkauft lieber ein Auto weniger als es der Markt verlangt – um die Exklusivität zu wahren. Bloomberg Intelligence gibt den Bruttoertrag (Ebitda) pro Ferrrari mit 170.000 Dollar an. China trägt weniger als zehn Prozent zum Umsatz bei und das soll laut Vigna so bleiben. Das liege auch daran, dass Verkäufe in China weniger rentabel sind.
Der im Vergleich zu Konkurrenten wie Porsche oder Lamborghini viel später gekommene SUV namens Purosangue, dessen Basispreis bei 390.000 Euro liegt, soll auch nie mehr als 20% zu den Erlösen beitragen. Im ersten Quartal waren es 16%. Im Gesamtjahr dürften es 18% sein.
Hohe Kundentreue
Mit dem Purosangue und der limitierten Sonderserie Daytona SP3 mit nur 80 Einheiten sowie einem Anteil personalisierter Fahrzeuge von 19% an den Verkäufen verfügt Ferrari über einen sehr attraktiven Preis-Mix bei den Verkäufen. Der Auftragsbestand sichert die Produktion für die nächsten zwei Jahre. Die Kundentreue ist extrem: Drei Viertel der Käufer eines Ferrari haben mehrere Exemplare des Unternehmens in ihrer Garage stehen. Und es gibt immer mehr Millionäre in der Welt. Der durchschnittliche Ferrari-Käufer hat laut Bloomberg Intelligence ein Jahreseinkommen von mindestens 1 Mill. Dollar pro Jahr. Das ist genug, um sich einen durchschnittlich 405.000 Dollar teuren Wagen leisten zu können. Etwa die Hälfte der Ferrari-Käufer sind unter 40 – auch das ist ein gutes Zeichen.
Die größte Herausforderung besteht in der Elektrifizierung. Der Motor ist das Herz jedes Ferrari“, so das Unternehmen, das 2015 aus dem Fiat-Konzern ausgegliedert wurde. Größter Anteilseigner ist mit 24% die börsennotierte Exor-Holding der Ex-Fiat-Eignerfamilie Agnelli/Elkann.
Erstes E-Modell 2025
Zwar sind die Italiener bei der Elektrifizierung deutlich später dran als etwa Porsche. Doch nun soll es Schlag auf Schlag gehen. Am 21. Juni wird eine neue Produktionshalle zur Herstellung von Hybrid- und Elektromodellen eröffnet. Die Batterien will Ferrari selbst herstellen – zusammen mit einem Partner. CEO Vigna, selbst ein Fachmann für Elektronik, arbeitete viele Jahre für den Chip-Produzenten STMicroelectronics und hat mehr als 200 Patente. Er holte viele IT- und Sensor-Spezialisten in das Unternehmen.
Das erste vollelektrische Modell soll 2025 kommen. 2030 sollen Elektro-Fahrzeuge 40% und Hybride ebenfalls 40% zu den Verkäufen beitragen. Vorwürfen, Ferrari sei spät dran, entgegnet der CEO, es sei nicht wichtig, der Erste zu sein, sondern wichtig, „mit einer einzigartigen Technologie aufzuwarten“. Junge Käufer hätten den Wandel hin zur Elektrifizierung längst akzeptiert.
Schmerzhaft ist für den 77 Jahre alten Sportwagenproduzenten aus Maranello bei Modena, dass die roten Flitzer in der Formel 1 hinterher fahren.