Luxusgütersektor

Frankreichs Luxusaktien im Aufwind

Die französischen Luxusaktien zählen seit der Jahresmitte zu den Rennern an der Börse, getrieben durch gute Quartalsberichte. Die weiteren Aussichten hängen stark vom chinesischen Markt ab.

Frankreichs Luxusaktien im Aufwind

Von Christopher Kalbhenn,

Frankfurt

Geraume Zeit durch die Lockdowns am wichtigen chinesischen Markt gehemmt, haben sich die Aktien der französischen Luxusgüterkonzerne in den zurückliegenden Wochen zu Rennern an den europäischen Märkten entwickelt. Seit der Jahresmitte haben LVMH und Hermès um 20% und 27,1% zugelegt. Etwas verhaltener ist die Aufwärtsbewegung von Kering mit 12,4%. Aber damit hat auch dieser Titel den französischen CAC 40 (10,2%) sowie auch den Euro Stoxx 50 (6,2%) geschlagen.

Gemischtes Bild bei Kering

Für Auftrieb sorgte zuletzt die Quartalsberichterstattung der Un­ternehmen, die insgesamt gesehen ein deutlich robusteres Bild bot, als sich der Markt das angesichts der noch schwierigen Entwicklung in China vorgestellt hatte. So wies Branchenprimus LVMH einen im Vergleich zum zweiten Quartal 2021 um 19% erhöhten Erlös aus und überraschte auch mit seiner Ebit-Marge (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) von 41% positiv. Hermès hat ihren Erlös um 19,5% gesteigert und auch ihre Ebit-Marge von 42,1% wurde von den Marktteilnehmern goutiert. Gemischt fiel dagegen das Bild bei Kering aus. Das Unternehmen, das rund die Hälfte seines Erlöses mit der Marke Gucci erwirtschaftet, übertraf die Markterwartungen mit einem organisch um 12% gestiegenen Erlös, verfehlte die Erwartungen allerdings bei der Ebit-Marge, die 28,4% betrug.

LVMH als Branchenfavorit

Die starke Entwicklung spiegelt sich auch in einer sehr positiven Einstellung der Analysten, was vor allem für LVMH gilt. Von 38 von Bloomberg erfassten Analysten raten 32 beziehungsweise rund 84% zum Kauf, nur einer zum Verkauf und 5 zum Halten. So stuft etwa J.P. Morgan die derzeit bei 698,10 Euro notierende Aktie mit einem Kursziel von 750 Euro mit „Overweight“ ein. Nach dem Quartalsbericht hat das Institut seine Gewinnschätzungen für das Unternehmen zwischen 3% und 5% angehoben. Die Deutsche Bank erhöhte ihr Kursziel von 700 auf 750 Euro an. Trotz Gegenwinden in China habe LVMH erneut eine beeindruckende Performance geliefert. Allerdings blieb die Bank bei ihrer Einstufung mit „Hold“, was sie mit Unsicherheit über die makroökonomischen Aussichten begründete.

Im Fokus wird der chinesische Markt bleiben, in dem es nach den Lockdown-bedingten Beeinträchtigungen zuletzt Anzeichen der Besserung gab. Relevant ist das vor allem für Kering. Das Unternehmen weist unter den französischen Luxusgüterfirmen mit 35% den größten China-Erlösanteil auf. Dies und die Tatsache, dass die Geschäfte mit der Marke Gucci derzeit nicht gerade rund laufen, sorgt für eine zurückhaltendere Einstellung der Analysten. Es gibt zwar keine Verkaufsempfehlung, der Anteil der Kaufempfehlungen liegt mit 22 aber bei rund 68% und ist damit deutlich niedriger als bei LVMH. 10 Häuser raten bei dem Wert zum Halten.

Bank of America etwa hat nach dem Quartalsbericht das Kursziel für die Aktie von 625 auf 650 (aktuell: 550,80 Euro) erhöht und ihre Schätzungen für die Gewinne je Aktie für 2022 und 2023 von 30,89 auf 33,05 und von 34,91 Euro angehoben. Dennoch wird die Aktie neutral eingestuft. Mit einem KGV auf Basis der Gewinnschätzung für 2023 von 16 sei der Titel nicht teuer, aber andere Branchenwerte böten mehr Potenzial. Zwar rechnet die Bank damit, dass der China-Gegenwind nachlassen wird. Bedenken bereiten ihr aber die Rezessionsrisiken.

Zudem werde die Marktbestimmung für den Titel stark von der Entwicklung des Gucci-Geschäfts bestimmt. Das schränkt nach Meinung der Bank derzeit das Bewertungspotenzial ein. Auch J.P. Morgan, die den Titel mit einem Kursziel von 670 Euro ebenfalls mit „Neutral“ einstuft, verweist neben dem unsicheren makroökonomischen Umfeld auf Gucci als Hemmnis und will dort zunächst Besserung abwarten. Hermès hat zuletzt den stärksten Kursanstieg gezeigt und mit den Zahlen überzeugt. Auf den High-End-Bereich fokussiert, gilt das Unternehmen als am wenigsten anfällig für einen Wirtschaftsabschwung. Die Empfehlungsbilanz der von relativ wenigen Analysten beobachteten Aktie ist jedoch unterdurchschnittlich mit 9 Kauf-, 10 Halte- und 4 Verkaufsempfehlungen. Ein Grund scheint die Bewertung zu sein. So hat J.P. Morgan ihr Kursziel nach den Zahlen von 1500 auf 1550 (derzeit 1357 Euro) erhöht und neben der Resilienz auch Markenstärke positiv hervorgehoben. Mit einem KGV von 40 auf Basis der Schätzung für 2023 sei der Titel doppelt so hoch bewertet wie LVMH. Bei diesem Wert sei das Chance-Risiko-Verhältnis besser.

Starker Konsumappetit

Ein entscheidender Faktor für die weiteren Branchenperspektiven und insbesondere für Kering wird der chinesische Markt sein. Bain & Company glaubt, dass der Konsumappetit der Chinesen stark bleibt und potenziell zu einer Erholung des Marktes gegen Ende 2022 oder Anfang 2023 führen wird. Vor allem aber sind die langfristigen Aussichten interessant. Laut Bain wird China seinen Anteil an der globalen Luxusgüternachfrage, der 2021 bei 21% lag, bis 2025 auf zwischen 40% und 45% erhöhen und damit der weltweit größte Luxusgütermarkt sein.

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