GastbeitragAnlagethema im Brennpunkt (344)

Künstliche Intelligenz bleibt ein wichtiger Motor für Technologieaktien

KI-Titel haben sich an der Börse zuletzt sehr volatil gezeigt. Doch es gibt gute Argumente, dass die KI weiterhin ein wichtiger Kurstreiber für gut positionierte Unternehmen sein wird.

Künstliche Intelligenz bleibt ein wichtiger Motor für Technologieaktien

Gastbeitrag: Anlagethema im Brennpunkt (344)

KI bleibt ein wichtiger Motor für Technologieaktien

Wie nachhaltig ist der Kursaufschwung der großen Tech- und KI-Titel an den Börsen? Diese Frage beschäftigt Anleger nicht erst seitdem Nvidia Anfang September einen rekordhohen Marktwertverlust von 279 Mrd. Dollar erleben musste.

Die zuletzt höhere Volatilität von Technologieaktien kann vor allem auf zwei Faktoren zurückgeführt werden. Erstens gab es aus makroökonomischer Sicht Bedenken zur weiteren Konsumentwicklung inklusive der Erwartung schwächerer Ausgaben für langlebige Güter. Außerdem deuten neue Wirtschaftsdaten auf einen Abschwung im Industriesektor hin, der auch Teile der Technologiebranche treffen kann. Zweitens wurde jüngst in Frage gestellt, ob sich die Erwartungen an die enormen KI-Investitionen wirklich bald in Form von Umsätzen oder einer höherer Kosteneffizienz niederschlagen. Ergebnis dieser Zweifel waren deutlich höhere Kursschwankungen von Aktien aus den Bereichen Technologie, Halbleiter und Hardware, deren Entwicklung von der Konjunkturentwicklung abhängt und die im Mittelpunkt der KI-Debatte stehen.

Blick in die Zukunft fehlt

Doch es gibt auch Argumente, dass die KI weiterhin ein wichtiger Kurstreiber für gut positionierte Unternehmen sein wird. Anleger sollten dabei vor allem wissen, dass es mehrere Wege gibt, um von den Anlagechancen im KI-Bereich zu profitieren.

Unserer Einschätzung nach konzentriert sich der Markt aktuell zu stark auf die Gegenwart, anstatt weiter in die Zukunft zu blicken. Sinnvoll ist aus unserer Sicht ein stärkerer Fokus auf Unternehmen, die gut positioniert sind, um dauerhaft Erträge zu erzielen. Diese Möglichkeiten bieten sich bei Cloud-Service-Anbietern sowie bei Software- und IT-Dienstleistern, während die Perspektiven für Halbleiter- und Hardwareunternehmen eher limitiert sind.

Enorme Nachfrage

Die enorme Nachfrage nach KI-Infrastruktur untermauert das exponentielle Wachstum der für KI-Rechenzentren benötigten Halbleiter und Hardware. Allerdings sollte man vorsichtig sein, diesen zyklischen Trend zu extrapolieren. Heute ist die Nachfrage nach Hardware zwar robust, da Hyperscale-Cloud-Unternehmen ihre KI-Infrastrukturen aufbauen, um ihren Kunden langfristig entsprechende Services zu bieten. Einige Unternehmen fürchten sogar, dass sie ihre Führungsposition verlieren könnten, wenn sie nicht genügend Kapazitäten aufbauen. Ein Teil dieses Aufbaus der KI-Infrastruktur ist auf externes Kapital angewiesen – oft mit einem erheblichen finanziellen Leverage.

Während wir KI-Hardware- und Halbleiteraktien unter Risiko-Rendite-Gesichtspunkten als weniger attraktiv erachten, legen wir unseren Fokus auf Service- und Softwareunternehmen. Da es Zeit braucht, die KI zu etablieren, spiegeln sich die Chancen noch nicht in den Zahlen wider. Doch sollten die Anbieter von Cloud-Services auf längere Sicht regelmäßige Umsätze und Erträge generieren, sobald die Kunden ihre KI-Anwendungen in die Cloud verlagern. Außerdem sollten Software-Unternehmen in der Lage sein, KI-Funktionen zu monetarisieren. Und auch für IT-Dienstleister, die ihre Kunden bei der Implementierung von KI unterstützen, sehen wir Potenzial.

Chancen für Stockpicker

In der ersten Jahreshälfte 2024 dominierte die KI – unter insgesamt positiven Vorzeichen – das Geschehen an den Börsen in einem sehr engen Radius. Für den Rest des Jahres werden die Bedingungen an den Börsen voraussichtlich schwieriger sein. Trotzdem bietet der Technologiesektor wegen seiner Vielfalt gerade aktiven Stockpickern weiterhin Chancen. Qualitativ hochwertige Softwareunternehmen mit auf Stetigkeit ausgelegten Umsatzmodellen und hoher Kundenbindung sollten in einem unsicheren makroökonomischen Umfeld widerstandsfähig bleiben. So reagieren zum Beispiel Gaming-Unternehmen weniger empfindlich auf Marktbewegungen. Auch Umstrukturierungen mit Margen- und Cashflow-Potenzial können selbst in einem schwachen Konjunkturklima funktionieren.

Da die Bewertungen attraktiver werden, können auch Fusionen und Übernahmen aktiver werden. Und last but not least bieten Unsicherheiten oft auch Chancen. Daher sind wir für den Technologiesektor für den Rest des Jahres optimistisch.

Ilga Haubelt

Head of Equities
bei Fidelity International