Andreas Zingg, Vanguard

„Langfristig fahren Investoren mit Aktien und Anleihen besser“

Obwohl sie in diesem Jahr enttäuschend abgeschnitten haben, sind die traditionellen 60/40-Portfolios mit Aktien und Anleihen langfristig betrachtet erfolgreich, sagt Andreas Zingg von Vanguard. Eine Beimischung von Gold und Rohstoffen bringe langfristig keinen Mehrwert.

„Langfristig fahren Investoren mit Aktien und Anleihen besser“

Von Werner Rüppel, Frankfurt

Sowohl bei privaten als auch bei institutionellen Anlegern sind gemischte Anlagen, auch Multi-Asset-Produkte genannt, beliebt. Denn das unterschiedliche Verhalten von Assetklassen wie Aktien und Anleihen sorgt im Normalfall für ein geringeres Risiko, insbesondere auch im Vergleich zu einem reinen Aktieninvestment. Im laufenden Jahr hat diese Risikominderung durch Diversifikation aber nicht funktioniert. Da hat das traditionelle 60/40-Portfolio (60% Aktien und 40% Anleihen) einen deutlichen Einbruch erlitten.

„Ja, das ist Fakt. Dieses Jahr ist sehr speziell, weil fast alle großen Assetklassen eine negative Rendite aufweisen“, erklärt Andreas Zingg, Head of Multi-Asset Solutions bei Vanguard, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Das macht es insbesondere sehr herausfordernd für Fonds, die eine statische Anlagestrategie haben.“ Doch seien solche Phasen, in denen sowohl Aktien als auch Anleihen in einem Jahr massiv an Wert verlieren, langfristig betrachtet sehr selten. „In 100 Jahren kommt dies siebenmal vor, also in etwa 13% der Fälle“, sagt Zingg. „In solchen Phasen tauchen dann immer wieder Diskussionen um 60/40-Portfolios auf.“

Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler ist weiterhin von 60/40-Portfolios überzeugt, wie sie auch zum Beispiel Vanguard über sogenannte Life-Strategy-ETFs anbietet: „Wir glauben, dass die statische Strategie langfristig zum Erfolg führen wird.“ Investoren müssten dabei allerdings berücksichtigen, dass in den vergangenen Jahren bis zum Überfall Russlands auf die Ukraine die Renditen für Multi-Asset-Produkte im historischen Vergleich viel zu hoch gewesen seien. „Der Aktienmarkt hat Renditen erwirtschaftet, die deutlich über dem historischen Mittel gelegen haben“, so Zingg. „Das ist aber nicht der Normalfall.“ Zum Beispiel habe Vanguard in Großbritannien 60/40-Produkte aufgelegt, und da liege die langfristige Rendite eben nur bei etwa 6% im Jahr.

Die Kritik an den 60/40-Portfolios beruhe vor allem auf kurzfristigen Daten. Wichtig für den Anleger sei aber die langfristige Ausrichtung. „Bei Vanguard haben wir eine langfristige Strategie und stellen entsprechend auch langfristige Berechnungen an“, erklärt Zingg. „So bringt eine Beimischung von Gold und Rohstoffen langfristig keinen Mehrwert. Daher braucht es diese Beimischung nicht. Langfristig fahren Investoren mit Aktien und Anleihen besser.“ Auch die Beimischung von Cash sei allenfalls etwas für taktisch ausgerichtete Anleger und nichts für langfristige Investoren.

Nicht zuletzt gelte es zwischen taktisch und strategisch ausgerichteten Fonds zu unterscheiden. „Market Timing ist sehr schwierig“, erklärt Zingg. Dies gelte zum Beispiel für den richtigen Zeitpunkt, um eine höhere Cashquote zu halten, aber auch für die Beimischung von Assetklassen wie Gold oder Rohstoffen. „Langfristig erzielen strategisch ausgerichtete Fonds höhere Renditen als taktisch ausgerichtete“, haben Zingg und sein Team errechnet. Zumindest im Durchschnitt hätten Fondsmanager jedenfalls die Fähigkeit nicht, den Markt richtig zu timen. Entscheidend sei hingegen die Ausrichtung und die Ausgestaltung eines strategischen Portfolios. „Dabei sind mehrere Punkte wichtig“, erläutert Zingg. „So sollten die Fondskosten möglichst niedrig sein und die Assets sollten sehr breit diversifiziert sein, was die Risiken senkt.“ Darüber hinaus sollte ein regelmäßiges Rebalancing stattfinden, das aber dann natürlich auch bei niedrigen Kosten.

Breite Streuung wichtig

Bei Aktien orientiere sich Van­guard an der Marktkapitalisierung und investiere weltweit und sehr breit diversifiziert. Bei der Beimischung von Bonds in einem Multi-Asset-Portfolio sei es wichtig, sich breit gestreut auf erste Qualität, sprich vor allem Staatsanleihen, zu konzentrieren. Denn komme es zu einem richtigen Crash am Aktienmarkt, würden Staatsanleihen ein Portfolio stabilisieren, was bei Unternehmensanleihen, insbesondere unterhalb von Investment Grade, nicht der Fall sei. Dann setze oft eine „Flight zur Quality“ ein, wovon eben Staatsanleihen profitierten. „Auch sollte das Anleiheportfolio währungsgesichert sein“, sagt Zingg. Dann gebe es auch keine Einbrüche über die Währungsseite und der Bondanteil in einem Multi-Asset-Portfolio wirke stabilisierend. 60/40-Portfolios seien am beliebtesten, aber jüngere Privatinvestoren mit einem sehr langfristigen Anlagehorizont könnten auch ein 80/20-Portfolio wählen, weil eben Aktien langfristig die höchste Rendite erwirtschafteten. „Für Anleger von Vorteil ist es auf jeden Fall in Form von Sparplänen regelmäßig mit einem fixen Betrag zu investieren“, meint Zingg. „Dies sorgt für einen zusätzlichen Diversifikationseffekt.“ Auch die Volatilität eines Multi-Assets-Produkts falle dadurch nochmals niedriger aus.

Vanguard habe zum Beispiel Life-Strategy-ETFs in Euro aufgelegt. „Damit können Anleger ein Multi-Asset-Portfolio in einem Produkt mit einer ISIN kaufen, was einen besonderen Charme bietet“, meint Zingg. Bei diesen Produkten seien die Anleihen in Euro gehedgt und es erfolge ein fortlaufendes Rebalancing, indem frische Mittel jeweils passend angelegt würden. Insofern seien auch die Kosten gering. Zudem lägen die laufenden Kosten des ETFs lediglich bei 25 Basispunkten pro Jahr.

Solche strategischen 60/40-Portfolios seien insgesamt nicht nur sehr beliebt, sondern dienten auch oft als Benchmarks. Der langfristige Erfolg gebe diesem systematischen Ansatz recht. Zingg wörtlich: „Denn sehr viele Vermögensverwalter schaffen es nicht, die Performance dieser 60/40-Portfolios langfristig zu übertreffen.“

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.