Im GesprächMichale Hünseler, CIO LBBW Asset Management

„Die Verteidigungsausgaben in Europa werden signifikant steigen“

Europa muss jetzt selbst für seine Sicherheit sorgen und wird seine Produktionskapazitäten in Sachen Verteidigung signifikant ausbauen. Daher sind Investitionen in entsprechenden Aktien für Michael Hünseler, CIO der LBBW Asset Management, keine Frage des Timings, sondern ein Wachstumstrend.

„Die Verteidigungsausgaben in Europa werden signifikant steigen“

Im Gespräch: Michael Hünseler

„Es geht um die Verteidigung Europas“

CIO von LBBW Asset Management erwartet deutlich höhere Ausgaben für Sicherheit und Rüstung – Keine Frage des Timings

Von Werner Rüppel, Frankfurt

Europa muss jetzt selbst für seine Sicherheit sorgen und wird seine Produktionskapazitäten in Sachen Verteidigung signifikant ausbauen. Vor diesem Hintergrund sind Investitionen in entsprechenden Aktien für Michael Hünseler, CIO der LBBW Asset Management, keine Frage des Timings, sondern ein Wachstumstrend.

Seit dem 24. Februar 2022 ist die Welt eine andere. Denn vor drei Jahren hat Russland die Ukraine überfallen, und der Krieg dauert noch immer an. Nun sorgt der neue US-Präsident Donald Trump für eine neue Situation. „Wir erleben aktuell eine tektonische Veränderung im Sicherheitskonzept Europas“, erklärt Michael Hünseler, Chief Investment Officer der LBBW Asset Management, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Dass Europa jetzt vor allem selbst für seine Sicherheit sorgen muss, ist aktuell am Aktienmarkt zu sehen.“ Dabei verweist Hünseler auf die signifikanten Kurssteigerungen der Rüstungsaktien in den vergangenen Tagen, Monaten und Jahren. Bestes Beispiel dafür sei die Kursentwicklung der Rheinmetall-Aktie. Am Montag nach der Wahl gewannen Rheinmetall im Verlauf noch einmal 4,6% auf mehr als 935 Euro. Aber auch die übrigen deutschen und europäischen Rüstungstitel sind deutlich angezogen.

„Die Verteidigungsausgaben in Europa werden signifikant steigen“, prognostiziert Hünseler. „Investments in das Thema Sicherheit sind auch keine Frage des Timings. Denn es handelt sich dabei um einen Wachstumstrend.“ Der Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 habe zu einer Zeitenwende und einer neuen Bedrohungslage geführt. „Es geht nicht mehr um einen regionalen Konflikt, es geht um die Verteidigung Europas“, betont Hünseler. „Auch bei den Menschen rückt das Thema Sicherheit zunehmend in den Vordergrund.“ Dies sei auch bei der Nachfrage nach Sicherheit zu spüren.

Nicht hinreichend belastbar

„Die Allianzen, die bislang gezählt haben, sind möglicherweise nicht hinreichend belastbar. Für Europa gilt es entsprechend, sich ein Stück weit zu emanzipieren und für die eigene Sicherheit zu sorgen“, erläutert Hünseler. „Und interessanterweise spiegeln das ja auch die Aktienmärkte wider. Seit Jahresbeginn ist eine starke Outperformance bei europäischen Verteidigungsaktien zu beobachten, insbesondere im Vergleich zu Amerika.“

Hünseler ist davon überzeugt, dass Europa sehr viel mehr Geld für Verteidigung aufwenden wird. „Fest steht, dass entsprechend auch die Verteidigungsausgaben steigen werden. Ursprünglich waren Ausgaben in Höhe von 2% vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) für Verteidigung als grobe Richtgröße definiert“, erläutert Hünseler. „Inzwischen hat sich herausgestellt: Erforderlich sind eher Größenordnungen von 3% des BIP und mehr. Es wurden ja teilweise auch schon 5% gefordert.“

Es gebe keine Alternative. „Ja, Europa hat keine andere Wahl, es muss selbst für seine Sicherheit sorgen“, erklärt Hünseler. „Wir können fest davon ausgehen, dass sich die Entwicklung zu mehr Unabhängigkeit und eigener Verteidigungsfähigkeit nicht verflüchtigen wird.“

Um in Sicherheit zu investieren, hat die LBBW Management per Ende Dezember 2024 einen extra Themenfonds „Sicher Leben“ aufgelegt. „Für unseren Sicher-Leben-Fonds haben wir ein Dreisäulenkonzept entwickelt. Verteidigung ist eine davon. Ergänzt wird diese durch die Säule Cybersecurity. Schwerpunkt der dritten Säule ist die öffentliche und persönliche Sicherheit“, erklärt Hünseler. „Warum ist das so relevant? Cybersecurity ist zum Beispiel ein riesiger Wachstumsmarkt geworden. Das ist mitunter gar nicht im öffentlichen Bewusstsein.“

Dabei sei IT-Sicherheit höchst relevant. „Beim Thema IT-Sicherheit stellen wir seit 2020 einen massiven Anstieg um bis zu 100% der Ausgaben für Sicherheitssoftware, Risikomanagement, Datensicherheit, Cloud, Sicherheit und Datenschutz ganz allgemein fest“, so der Kapitalmarktstratege. „Das Thema betrifft quasi jeden.“

Erheblicher Anstieg der Prognosen

„Europa verfügt über zu geringe Produktionskapazitäten für die Verteidigung. Bedingt durch die hohe Auslastung einerseits und eine nun zu unterstellende dauerhaft hohe Nachfrage auf der anderen Seite steigt die Investitionssicherheit“, erläutert Hünseler. „Die Folge wird ein Aufbau der Kapazitäten sein. Davon werden dann Unternehmen der Rüstungsindustrie profitieren. Das geht mit einem erheblichen Anstieg der Gewinnprognosen einher, was die Bewertungen unterstützt. Vor allem aber hat sich die Meinung der Öffentlichkeit zum Thema Verteidigung fundamental geändert.“

Das Fondsprodukt entlaste den Anleger davon, die richtigen Titel zu finden. „Wir investieren breit gestreut in die drei Säulen und wählen aktiv und researchbasiert Einzelwerte aus“, so Hünseler. „Wir glauben sogar, dass das ganze Thema Sicherheit jetzt erst richtig an Dynamik entfalten wird. Das ist so, weil der Zwang zu handeln unverkennbar ist – spätestens seit den Entwicklungen, die sich in den vergangenen Tagen bei der Münchner Sicherheitskonferenz und anschließend auf der geopolitischen Bühne manifestiert haben. Insofern geht es nicht um Timing, sondern um einen Wachstumstrend.“

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