Portfoliomanagement

Marktver­zerrungen bieten Chancen bei Anleihen

Das sehr unsichere und volatile makroökonomische Umfeld sorgt an den Anleihemärkten für Verzerrungen. Für Anleger ergeben sich daraus Chancen.

Marktver­zerrungen bieten Chancen bei Anleihen

Im zurückliegenden Jahr hatten Investoren es nicht leicht an den Anleihenmärkten: die Nachwirkungen von Corona, der Krieg in der Ukraine, die hohe Inflation, die rasche Straffung der Geldpolitik und der starke US-Dollar. Die Märkte haben auf diese Unsicherheitsfaktoren mit hoher Volatilität reagiert – und mit zum Teil kräftigen Ausverkäufen. Das dürfte sich so bald nicht ändern, zumal eine Reihe wichtiger Unsicherheitsfaktoren die Märkte noch immer bestimmen. Die meisten großen Notenbanken wollen mit einer strafferen Geldpolitik die Inflation senken. Bei der Fiskalpolitik gibt es allerdings erste Unterschiede zwischen den Ländern.

Entscheidend bleibt aber trotz allem die Geldpolitik. Alle Notenbanken wählen zwar ähnliche Mittel, um den Preisauftrieb zu dämpfen, aber die Zinsen werden nicht überall gleich stark erhöht, und die Geldpolitik wird auch nicht überall gleich lange straff bleiben. Tatsache ist aber auch, dass die Inflation in vielen Ländern noch nicht ihr Maximum erreicht hat. Die daraus entstehende Unsicherheit bietet für Anleger aber auch Chancen. Entscheidend ist, ob und inwieweit die Kurse die erwarteten Zinserhöhungen bereits abbilden.

Lage noch komplexer

Die unsichere Lage lässt die Anleihenmärkte jedoch auch immer fragiler werden. An den Credit-Märkten ist eine gewisse Instabilität nichts Ungewöhnliches. Es handelt sich um einen Over-the-Counter-Markt (OTC), an dem die Liquidität schnell versiegen kann. Das gilt vor allem für risikoreichere Titel, etwa für Emerging-Market-Anleihen und High Yield. Mittlerweile zeigen sich aber auch erste Probleme am Staatsanleihenmarkt, was Anleihenmanagement und Portfoliokonstruktion noch komplexer macht. Die finanzielle Stabilität ist zu einem Extremrisiko geworden, dem die Notenbanken neben Inflation und Wirtschaftswachstum jetzt ebenfalls Rechnung tragen müssen.

Die Entwicklungen in Großbritannien im Herbst letzten Jahres haben den meisten Geldpolitikern weltweit die Augen geöffnet. Sie mussten erleben, wie schnell ein Markt instabil werden kann, wenn Investoren plötzlich Schulden und Risiken abbauen. Wenn wir die Finanzstabilität beurteilen wollen, achten wir vor allem auf versteckte Risiken, die naturgemäß nicht leicht zu erkennen sind. Investoren können sich schützen, indem sie in liquide Titel investieren und ihre Portfolios diversifizieren, damit sie sich auch in schwierigen Marktphasen problemlos von ihren Anlagen trennen können. Letztlich ist Volatilität auch eine Chance. Dazu müssen Investoren aber ihre Portfoliorisiken kennen und bereit sein, bei Marktverzerrungen umzuschichten.

Aktive Manager mit gutem Re­search können die Marktvolatilität und unterschiedliche Einzelwertentwicklungen nutzen und im aktuellen Marktumfeld Mehrwert schaffen. Wir rechnen mit einem starken Konjunktureinbruch und hartnäckiger Inflation, daher erwarten wir noch mindestens sechs Monate lang Verzerrungen. Für internationale Anleiheninvestoren, die in die meisten Marktsegmente investieren können, stellen die höheren Einstiegsrenditen und Spreads überdurchschnitt­­lich attraktive Langfristerträge in Aussicht.

Wachsende Zinsunterschiede

Bewertungsunterschiede entstehen dadurch, dass unterschiedliche Investoren mit verschiedenen Herausforderungen zu tun haben. Bisweilen kann es interessant sein, zusätzlich zu einer Anleihe in den dazugehörigen Single-Name Credit Default Swap (CDS) zu investieren. Anstelle von Unternehmensanleihen bzw. hochwertigen Investment-Grade-Titeln können sich Verbriefungen anbieten. Da viele Anleihen zurzeit deutlich unter ihrem Nennwert notieren, kann es sich manchmal auch lohnen, am Sekundärmarkt aktiv zu werden. Das Risiko einer harten Landung der Konjunktur ist in den Anleihenkursen zunehmend berücksichtigt. Weil die einzelnen Volkswirtschaften unterschiedlich zinssensitiv sind und es daher zu Unterschieden in der Geld- und Fiskalpolitik kommt, rechnen wir auch mit wachsenden Zinsunterschieden. Daher erwarten wir deutlich mehr Möglichkeiten, länderspezifische Renditeprognosen in den Portfolios umzusetzen. Im Credit-Bereich sehen wir Chancen bei Euro-denominierten Titeln, vor allem für Dollar-Investoren. Im High-Yield-Bereich kommt es vor allem auf die Einzelwertauswahl an.

Bei strukturierten Produkten halten wir ausgewählte Collateralized Loan Obligations (CLOs) für interessant, deren Kurse zuletzt stark nachgegeben haben, aber auch ausgewählte konsumnahe Asset-Backed Securities (ABS). An den Emerging Markets könnten Währungen attraktiv sein, aber auch einzelne Lokalwährungstitel. Wegen der Konjunktur- und Zinsunsicherheit rechnen wir weiter mit einem starken US-Dollar.

Letztlich sollten Investoren in dieser für die Märkte entscheidenden Phase mehrere Dinge bedenken. Auf absehbare Zeit werden sie mit der unsicheren Wirtschaftslage und der Volatilität leben müssen. Investoren sollten sich auch der Risiken für die Finanzstabilität bewusst sein. Portfolios sollten daher gewisse Risiko- und Liquiditätspuffer beinhalten, um bei Problemen handlungsfähig zu sein und Chancen nutzen zu können. Schließlich bleibt die Einzelwertauswahl zentral, um das investierte Kapital zu schützen. Aktuell ist es wichtig, dass man weltweit investieren kann und ein großes Anlageuniversum mit unterschiedlichen Alphaquellen zur Verfügung steht.

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