Unternehmensanleihemarkt

Mit Unternehmens­bonds den Zinsbuckel nutzen

Unternehmensbonds bieten im aktuellen Umfeld in bestimmten Laufzeiten durchaus gute Gelegenheiten für Bondinvestoren. Attraktiv ist etwa das Fenster von drei bis fünf Jahren Laufzeit.

Mit Unternehmens­bonds den Zinsbuckel nutzen

Von Carsten Lüdemann *)

Das Inflationsgespenst hält die Rentenmärkte in Atem. Seit Jahresbeginn schwanken Inflationserwartungen und Einschätzungen zum Leitzinspfad der Notenbanken massiv. In der Folge bewegen sich die Rentenmärkte in einem seit langem nicht mehr gesehenen Ausmaß. Eine besondere Aufmerksamkeit gilt bei den Renditebewegungen auch dem Aufbau der Zinskurve. Seit Mitte 2022 hat sich die sonst übliche Steilheit der Kurve massiv verflacht und ist zunächst in den USA und im Herbst auch in Deutschland für Bundesanleihen invers gegangen. Mit dem Schock über den Zusammenbruch von zwei US-Banken hat die Kurve wieder einen Teil ihrer Inversion verloren, handelt aber immer noch invers.

Erste Opfer

Bei längeren Laufzeiten war der Renditeanstieg bei weitem nicht so kräftig. Hier setzte sich bereits die Markterwartung durch, dass die von der Notenbank beabsichtigte Konjunkturbremse so stark zieht, dass schon in einigen Quartalen neue Stimuli für die Wirtschaft benötigt werden, um diese wieder aus dem Tal herauszuführen. Die Zusammenbrüche der Silicon Valley Bank sowie der Signature Bank in den USA bestätigen auch, dass die Zinswende bereits erste Opfer einfordert. Und tatsächlich lässt sich an den am Zinsmarkt gehandelten Break-even Rates ablesen, dass mit dem Einpreisen besonders hoher Leitzinsanhebungen die Inflationserwartungen der Marktteilnehmer wieder sinken.

Die Inversion der Zinskurve zwischen zehn- und zweijährigen Staatsanleihen gilt zumindest in den USA als ziemlich sicheres Anzeichen für eine bevorstehende Rezession. Demnach haben die Marktteilnehmer ein gutes Gespür dafür, wie ernst es der Notenbank damit ist, die Inflation mittels Leitzinsanhebungen bis in die Rezession hinein abzubremsen, so dass im Nachgang die nächsten Leitzinssenkungen schon wieder absehbar werden. Mit Bundesanleihen hat das in der Vergangenheit nicht so recht geklappt, wohl auch, weil diese zwar als Synonym für Euro-Anleihen gelten, aber eben doch ausschließlich den deutschen Haushalt finanzieren müssen. Daneben sind sie aber als sichere Assets bei Investoren und Notenbanken weltweit gefragt. Die massive Wende der Bundkurve in den zurückliegenden sechs Monaten und damit die erste nachhaltige Inversion seit Anfang der 1990er ist bemerkenswert. Und tatsächlich zeichnet sich in Deutschland aktuell eine zumindest technische Rezession ab, und auch für Euroland dürfte das Winterhalbjahr bestenfalls als Stagnation durchgehen. Allerdings stehen die stärksten Bremseffekte ja noch bevor, da der Höhepunkt des Leitzinszyklus wohl erst im Sommer erreicht wird. Für Kapitalanleger wird somit die Investitionsentscheidung schwierig. Und am Rentenmarkt gilt es, den günstigsten Anlagehorizont abzuschätzen. In der Zinskurve sind viele dieser Abwägungen bereits eingepreist. Denn letztlich stellen Bundrenditen verschiedener Laufzeiten nur eine Aneinanderreihung von Geldmarktperioden dar, also eine Verkettung von Leitzinserwartungen in der Zukunft. Einjährige Bundesanleihen markieren aktuell den Hochpunkt, weil in dieses Fenster auch der erwartete Hochpunkt des Leitzinszyklus fällt. Für alle längeren Restlaufzeiten wirken die Annahmen, dass die Notenbanken ab 2024 bereits wieder gegensteuern müssen und das Zinsniveau dann wieder sinken wird. Die vordergründig höchste und sicherste Rendite wäre momentan also mit einer einjährigen Bundesanleihe zu er­zielen.

Ganz anders stellt sich die Kreditkurve dar. Sie ist normal ausgeprägt und steigt mit längeren Laufzeiten langsam, aber stetig an. Der enthaltene Risikoaufschlag legt dabei durchaus beträchtlich zu, denn dieser gleicht momentan zusätzlich die Inversion der Bundkurve aus. Das entspricht der intuitiven Annahme, dass mit längerem Zeithorizont die Unsicherheiten über den konjunkturellen Verlauf im Allgemeinen sowie über die spezielle Verfassung eines Unternehmens zunehmen. Dabei muss nicht gleich der schlimmste Unfall von Zahlungsverzögerungen oder -ausfällen eintreten. Auch schon eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit eines Unternehmens durch eine Ratingagentur reicht üblicherweise aus, den Risikoaufschlag spürbar in die Höhe zu treiben, was entsprechende Kursabschläge der betroffenen Unternehmensanleihen nach sich zieht. Investoren lassen sich daher das steigende Risiko im Zeitablauf mit entsprechend höheren Risikoprämien vergüten.

Attraktives Segment

Aktuell ist der relative Spread-Anstieg zwischen Bundes- und Unternehmensanleihen bei kurzen bis mittleren Laufzeiten am Höchsten. Daher gelten drei- bis fünfjährige Unternehmensanleihen als sogenannter „Sweet Spot“, das attraktivste Segment der Kreditkurve. Bei kürzeren Fälligkeiten ist der Renditegewinn durch das addierte unternehmerische Risiko nicht sonderlich groß, und bei längeren Anleihen ist der zusätzliche Spread-Anstieg nur noch gering und bietet vergleichsweise wenig Ausgleich für die hohe Unsicherheit langer Kapitalbindung.

Unter diesen Aspekten wirken Unternehmensanleihen im Drei- bis Fünf-Jahres-Fenster attraktiv. Dies gilt insbesondere für Neuemissionen, die zumeist eine zusätzliche Platzierungsprämie von 0,1 bis 0,2 Prozentpunkten bieten und zudem deutlich liquider im Handel sind als ältere Bonds.

*) Carsten Lüdemann ist im Makro-Research der DekaBank tätig.

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