Bondmärkte

Pimco sieht Anleihe­märkte am Wende­punkt

Der Bondriese Pimco sieht die Anleihemärkte derzeit am Wendepunkt. Der Assetmanager meint, dass nun ein guter Zeitpunkt für den Einstieg in Bonds mit kurzer Laufzeit gekommen ist. Aber man müsse sich weiterhin auf Qualität konzentrieren.

Pimco sieht Anleihe­märkte am Wende­punkt

kjo Frankfurt

Dieses Jahr wird für Anleger, die an den europäischen Märkten für Anleihen mit kurzer Laufzeit aktiv sind, ein wichtiger Wendepunkt sein. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat nicht nur die Nettokäufe von Vermögenswerten beendet. Sie ist auch bestrebt, die Leitzinsen wieder in den positiven Bereich zu bringen, halten die Experten des Assetmanagers Pimco in einer Analyse des Bondmarktes fest.

Der Inflationsdruck infolge der Pandemie und des Krieges in der Ukraine habe zu einer drastischen und plötzlichen Neubewertung des europäischen Zinsuniversums ge­führt, wobei die EZB derzeit einen Zinserhöhungszyklus von 175 Basispunkten einpreise, was einem Endsatz von 1,25% für die Einlagefazilität entspreche. „Wir sind der Ansicht, dass die aktuellen Marktpreise den Investoren in europäische Anleihen mit kurzer Laufzeit endlich eine viel angemessenere Entschädigung bieten als das, was während des größten Teils des vergangenen Jahrzehnts geboten wurde. Dennoch würden wir den verschiedenen Schätzungen eines neutralen Leitzinses für den Euroraum nicht zu viel Bedeutung beimessen. So könnte der Endsatz des aktuellen Zinserhöhungszyklus durchaus im Bereich der restriktiven Politik statt der weitgehend neutralen 1,25% landen“, sagt Konstantin Veit, Portfoliomanager und Leiter für Euro-Staatsanleihen bei Pimco, zu den aktuellen Entwicklungen an den europäischen Anleihemärkten.

EZB wird sich zurückhalten

„Wir glauben auch, dass die EZB, nachdem sie die negativen Leitzinsen hinter sich gelassen hat, in Zukunft eher zurückhaltend sein wird, wenn es um die Wiedereinführung einer solchen Maßnahme geht. Die negativen Leitzinsen seit 2014 waren vor allem der Versuch, den Ankauf von Staatsanleihen so lange wie möglich zu vermeiden. Denn eine groß angelegte quantitative Lockerung war zu dieser Zeit politisch ein heikles Thema. Sollte in Zukunft ein disinflationäres Umfeld eine zusätzliche Akkommodation an der Nullzinsgrenze rechtfertigen, wird die EZB unserer Meinung nach eher auf breit angelegte Ankäufe von Vermögenswerten, Ausblick und günstige Refinanzierungsgeschäfte für den Bankensektor zurückgreifen – ohne dass negative Zinssätze wieder Teil des geldpolitischen Mixes sind.“

Man sei der Meinung, dass jetzt ein guter Zeitpunkt für den Einsatz von Kapital in europäischen Märkten für Anleihen mit kurzer Laufzeit sei. Indes sehe man zwei Risiken, die für mittelfristige Anlageentscheidungen wichtig seien: Risiken, die für eine Umstellung auf selektive Offensive sprechen, ohne jedoch das Thema der Absicherung völlig aufzugeben. Die bevorstehende Volatilität spreche für eine Konzentration auf aktives Management. Die Aussicht auf eine Rezession spreche für eine Konzentration auf Qualität.

„Wie wir in unseren jüngsten zyklischen und langfristigen Prognosen betont haben, erwarten wir ein ganz anderes makroökonomisches Um­feld als in der jüngeren Vergangenheit, insbesondere im Vergleich zum Umfeld vor der Pandemie. Wir werden wahrscheinlich kürzere makroökonomische Zyklen und Finanzmarktzyklen mit größeren Schwankungen und stärkeren Divergenzen zwischen den Ländern erleben. Das bedeutet, dass Anleger sich in einem wesentlich schwierigeren Umfeld zurechtfinden müssen“, so Veit. Die Welt fragmentiere sich auch, da man von einer unipolaren Welt – mit den USA als einziger Supermacht – zu einer multipolaren Welt übergehe. Eine stärker zersplitterte Welt erfordere einen selektiveren Ansatz, wenn es um die Allokation von Kapital zwischen verschiedenen Ländern gehe. „Außerdem leben wir in einer Welt, die in Bezug auf die Inflation zu heiß und in Bezug auf das Wachstum zu kalt ist – eine Welt, die wir als ‚Anti-Goldilocks‘ bezeichnet haben. Rezessionsrisiken sind für Europa mit seiner extrem großen Abhängigkeit von Energieimporten besonders relevant“, so Veit.

Da die Rezessionsrisiken zunehmen würden, werde die Auswahl der Kreditpapiere immer wichtiger werden. „Aufgrund der jüngsten Ausweitung der Kreditspreads sehen wir, dass einige qualitativ hochwertigere Marktsegmente wieder an Wert gewinnen. Allerdings könnte es bei Allokationen in einigen der kreditsensitivsten Sektoren angesichts der spätzyklischen Dynamik und der nachlassenden Unterstützung durch die Zentralbanken – aufgrund des erhöhten Inflationsdrucks – ein böses Erwachen geben“, führt er aus. Darüber hinaus gehe man davon aus, dass die Fiskalpolitik angesichts des Inflationsdrucks und der hohen Verschuldung, die in vielen Fällen die Folge einer breit angelegten Unterstützung während der Pandemiezeit sei, von nun an sehr viel gezielter sein werde.

Unbeständige Zeiten

Short-Duration-Strategien könnten Anlegern helfen, zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen – von der Suche nach einer höheren Rendite im Vergleich zu traditionellen Bargeldanlagen bei nur geringfügig höherem Risiko bis hin zur Verringerung des Marktrisikos und der Empfindlichkeit gegenüber steigenden Zinsen. „Zwar weisen diese Strategien von ihrem Wesen her gewisse defensive Eigenschaften auf. Dennoch sind wir der Meinung, dass es im Allgemeinen und unter den aktuellen Umständen im Besonderen wenig Raum für einen sogenannten Hands-off-Managementansatz gibt, bei dem man kaum eingreift.“ Das makroökonomische Umfeld deute auf unbeständige Zeiten hin und erfordere ein aktives Management der liquiden Mittel und der kurzfristigen Allokationen, wobei die Qualität im Vordergrund stehen sollte, sowohl aus Sicht der Top-down-Vermögensallokation als auch bei der Bottom-up-Kreditauswahl. „Mit Blick auf die Konzentration auf aktives Management mit Qualitätsorientierung sind wir der Meinung, dass die Anleger jetzt in der Lage sein könnten, eine viel angemessenere Entschädigung für das Risiko zu bekommen, das sie am vorderen Ende der europäischen Renditekurven eingehen.“

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