Spaniens Börse

Rally der Bankaktien stützt den Ibex

Die Aussichten auf steigende Zinsen beflügeln die Kurse spanischer Kreditinstitute. Nach zwei mageren Jahren verwöhnen die Banken ihre Aktionäre wieder mit höheren Dividenden.

Rally der Bankaktien stützt den Ibex

Von Thilo Schäfer, Madrid

Banken haben seit langem das größte Gewicht im Ibex 35. Nach der Konsolidierung der jüngsten Zeit sind noch fünf Geldinstitute im Schwergewichtsindex der spanischen Börse übrig – Santander, BBVA, Caixabank, Sabadell und Bankinter. Außerdem ist die frühere Sparkasse Unicaja seit gut drei Jahren an der Börse. Die Rally der Banken hat den Ibex nun davor bewahrt, im neuen Jahr in die roten Zahlen abzurutschen. Die Aktien der spanischen Kredithäuser haben seit Jahresbeginn kräftig zugelegt, von rund 10% bei BBVA bis zu den mehr als 50% von Sabadell. Der Hauptgrund für den Aufschwung sind die Anzeichen auf ein Ende der langen Periode negativer Zinsen, die das Geschäftsmodell der Banken stark unter Druck gesetzt hat.

Corona bringt Stagnation

Der Ibex tritt seit Beginn der Corona-Pandemie vor bald zwei Jahren auf der Stelle, da die spanische Wirtschaft besonders stark von der Krise getroffen wurde. Im vergangenen Jahr folgte auf den Tiefstand von 8000 Punkten im März das Hoch von 9300 Zählern im Juni, bevor der Ibex den Zyklus mit 8700 Punkten beendete. Knapp oberhalb dieses Niveaus verharrt der Index auch heute noch, nicht zuletzt wegen der Spannungen in der Ukraine und anderer internationaler Faktoren. Die robuste Performance der Bankaktien hat stärkere Rückgänge bisher verhindert.

Die US-Notenbank hat die Zinswende eingeleitet und die Analysten gehen davon aus, dass die Europäische Zentralbank spätestens Anfang kommenden Jahres folgen wird. Spaniens Geldhäuser sind stärker vom Zinsniveau abhängig als die meisten ihrer europäischen Mitbewerber, da sie hauptsächlich vom klassischen Retailgeschäft mit Krediten leben. So ist der Großteil der Hypotheken an den Euribor gebunden. Steigende Zinsen beleben die Margen, die in den vergangenen Jahren arg geschrumpft waren. Spaniens Banken haben daher zuletzt an der Börse besser abgeschnitten als die meisten europäischen Mitbewerber.

Die Analysten von J.P. Morgan errechnen in einer neuen Studie, dass ein Anstieg von 25 Basispunkten der kurzfristigen Zinsen langfristig zu einem Anstieg von 10% des Gewinns pro Aktie der spanischen Banken führen wird. Aus diesem Grunde haben auch andere Häuser wie Credit Suisse wie Citi die Einstufungen und Kursziele für die spanischen Kreditinstitute angehoben. Bezeichnenderweise sind nach jüngsten Daten der Madrider Börsenaufsicht CNMV auch die Leerverkäufer, die auf fallende Kurse spekulieren, aus Bankwerten ausgestiegen.

Spaniens Finanzbranche ist sichtbar darum bemüht, die Anleger zu umgarnen. Nachdem die EZB die Beschränkung der Dividenden aufgehoben hat – eine Vorsichtsmaßnahme, um das Kapital der Banken in der Pandemie zu stärken – haben die meisten spanischen Geldhäuser ihren Aktionären wieder höhere Cash-Dividenden versprochen. Begleitet wird dies in einigen Fällen von großen Rückkaufprogrammen eigener Aktien, angeführt von BBVA, die gerade für 3,5 Mrd. Euro eigene Anteile erwirbt. Das Geld stammt aus dem Verkauf der US-Tochter, der 8 Mrd. Euro an Überschusskapital eingebracht hat. Die kurzfristige Underperformance der BBVA-Aktie gegenüber der heimischen Konkurrenz liegt indes auch an der mangelnden Begeisterung der Anleger darüber, dass die Bank weitere Milliarden für die Aufstockung des Anteils an der türkischen Tochter Garanti ausgibt.

Experten zweifeln nicht daran, dass Spaniens Geldhäuser ihre Versprechen höherer Zahlungen an die Aktionäre halten können. Zum einen schlagen nun die beträchtlichen Anstrengungen bei den Kosteneinsparungen durch, nachdem die Branche massiv Stellen abgebaut und Filialen geschlossen hatte. Zum anderen könnten die Ergebnisse in den kommenden Quartalen von der Auflösung der hohen Rückstellungen profitieren, die wegen der Pandemie gebildet worden waren. Bislang waren die Banken sehr vorsichtig, was potenzielle Zahlungsausfälle angeht. Der Anteil fauler Kredite ist jedoch kaum gestiegen. Auf den jüngsten Bilanzpressekonferenzen zeigten sich alle Bankvorstände zuversichtlich, dass es nicht zu einer Pleitewelle kommen wird. Im Vergleich zur Finanzkrise vor über zehn Jahren seien Spaniens Haushalte und Unternehmen heute weit weniger verschuldet, so der Tenor.

Wachstumsprognosen erhöht

In der Tat hat das Land die Krise bisher glimpflicher überstanden als anfänglich befürchtet. Nachdem das spanische Bruttoinlandprodukt 2020 um 10,8% gefallen war, legte die Wirtschaft im vergangenen Jahr um 5% zu. Die EU-Kommission hat ihre Wachstumsprognose für Spanien auf 5,6% in diesem und 4,4% im nächsten Jahr erhöht. Die Konjunktur dürfte erheblich von den Hilfen aus dem europäischen Wiederaufbaufonds profitieren. Spanien stehen 140 Mrd. Euro aus Brüssel zu, je zur Hälfte Direkthilfen und Darlehen. Im Gegenzug hat die Koalitionsregierung aus Sozialisten und Linken Strukturreformen auf den Weg gebracht, etwa in Bezug auf den Arbeitsmarkt.

Große Hoffnung ruhen nun auf der Erholung des Tourismus, dem größten Wirtschaftszweig des Landes. Der CEO der mallorquinischen Hotelkette Meliá, Gabriel Escarrer, rechnet damit, dass in diesem Jahr das Vorpandemie-Niveau wieder erreicht wird, mit Ausnahme der Geschäftsreisen. Die Analysten von Bank of America und Bankinter setzen daher auf das Unternehmen aus dem Ibex 35, dessen Kurs seit Jahresbeginn um mehr als 20% gestiegen ist.

Zu den Favoriten der Analysten zählt weiterhin Cellnex, der größte unabhängige Betreiber von Telefoninfrastruktur in Europa. Das Unternehmen aus Barcelona sitzt auf einer prallen Kriegskasse und es werden weitere Zukäufe erwartet, möglicherweise auch in Deutschland.

Derweil wartet der spanische Aktienmarkt noch auf den ersten größeren Börsengang in diesem Jahr. Ibercaja, eine ehemalige Sparkasse, hatte wegen der volatilen Lage vor zwei Wochen Pläne für ein IPO verschoben. Im April oder Mai soll ein neuer Anlauf gestartet werden. Als Anreiz erhöhte Ibercaja nun die Aussicht auf eine Ausschüttung von 60%, ganz im Trend der Branche.

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