Anlagestrategie

Risiken für Long-Duration-Assets

Die Privatbank Metzler erwartet eine schwierige konjunkturelle Phase. Die Anlageexperten rechnen aber damit, dass die guten Aussichten für Aktieninvestments dadurch nicht getrübt werden.

Risiken für Long-Duration-Assets

wbr Frankfurt

– Die Frankfurter Privatbank Metzler hat Investoren auf einen ungemütlichen Winter eingestimmt. „Wir stehen bei der Konjunktur vor einer schwierigen Phase. Gründe dafür sind Probleme bei den Lieferketten, der Wachstumseinbruch in China und die anhaltende Coronakrise“, sagte Emmerich Müller, Vorstand des Bankhauses Metzler und zuständig für das Private Banking, bei der Präsentation der Investment-Strategie vor Journalisten in Frankfurt. Da im Frühjahr die Wachstumsraten aber wieder anziehen dürften, sei die Phase im Winter nur ein Dämpfer und bedeute keinen Abbruch der Konjunkturerholung, beruhigt Müller die Anleger.

Bedenkliche Verschuldung

Trotz einiger makroökonomischer Sorgen gibt sich die Privatbank optimistisch, was die Kapitalmärkte angeht, und sieht bei Aktien weiteres Kurspotenzial. Für bedenklich halten die Anlageexperten aber die überbordende Verschuldung der Staaten. Während die Verbindlichkeiten im privaten Sektor, also Unternehmen und Haushalte, kaum gestiegen seien, sei die Staatsschuldenquote der Industrieländer binnen eines Jahres um mehr als 20 Prozentpunkte in die Höhe geschnellt. „Solange die Notenbanken mit ihrer expansiven Geldpolitik eine schützende Hand darüber halten, ist das kein Problem“, so Carolin Schulze Palstring, Leiterin Kapitalmarktanalyse bei Metzler Private Banking.

Die Corona-Krisenhilfen der Staaten seien richtig und wichtig, aber es gebe eine Kehrseite und erhebliche Nebenwirkungen. Die akute Gefahr einer echten Staatsschuldenkrise sei allerdings gering. Der Rückzahlungsdruck auf die Staaten sei trotz der höheren Verschuldung nicht größer geworden. Bedenklich werde es, wenn die Leitzinsen erhöht werden. „Für einige Regierungen könnte es schwer werden, die dadurch steigenden Finanzierungskosten zu stemmen“, so die Analystin.

Die gestiegene Inflation müsse man mit Blick auf die Anlagestrategie differenziert betrachten. Einer der größten Preistreiber seien die Energiepreise, die etwa 50% zur Inflation beigetragen hätten. Das seien Basiseffekte, zum Beispiel sei der Brent-Ölpreis nach dem Einbruch Anfang 2020 von 20 auf jetzt rund 80 Dollar gestiegen. Kein Analyst würde diese Entwicklung fortschreiben und Preise von 250 bis 300 Dollar prognostizieren, sagte Schulze Palstring.

Bei der Inflation bestehe immer die Gefahr, dass diese außer Kontrolle gerate und extrem stark ansteige. Das würde massive negative Folgen für die Wirtschaft und die Märkte haben. Angesichts der Inflationsentwicklung müsse man zudem davon ausgehen, dass es zu einem Favoritenwechsel am Aktienmarkt kommen kann. Steigende Zinsen werden margenschwachen und hoch verschuldeten Unternehmen erhebliche Probleme bei der Finanzierung bereiten. Insbesondere „Long-Duration-Assets“ mit unsicheren Cash-flows in der Zukunft seien zu meiden.

Gewinne als Treiber

Eine starke Unterstützung für Dividendenwerte sieht die Bank bei den Gewinnen, die auch im kommenden Jahr steigen werden. Unternehmensgewinne hätten sich vom Sorgenkind zu einer starken Unterstützung der Märkte entwickelt. Die Erholung am Arbeitsmarkt schreite voran, und die Rahmenbedingungen für eine Belebung der Investitionen seien günstig. Zudem träfen steigende Inputkosten auf hohe operative Margen, so dass die Zusatzbelastung verkraftbar scheine. „Für nächstes Jahr erwarten wir ein Gewinnwachstum der Unternehmen von 11% diesseits und 7% jenseits des Atlantiks“, sagte Frank Endres, Leiter Portfoliomanagement. Neben den Gewinnen sprechen auch die Bewertungen für Aktien. Insbesondere in Europa habe sich das KGV wieder in Richtung Vorkrisenniveau entwickelt.

Bei der Assetallokation liegt der Fokus der Bank auf Europa (37,5%) vor den USA (35,4%) sowie Schweiz und Großbritannien (je 7,3%). Schwellenländer seien mit 6,2% dagegen unterrepräsentiert. Bei den Sektoren favorisiert Metzler Finanzen, Gesundheit und IT mit jeweils 15,4%, gefolgt von nichtzyklischem Konsum mit 12,8%. Versorger sind dagegen nicht im Musterportfolio enthalten, Energietitel mit 2,5%.

Die Entwicklung am Anleihemarkt hänge im Wesentlichen vom Vorgehen der Notenbanken ab. Endres rechnet damit, dass die US-Notenbank Fed ihre expansive Geldpolitik behutsam zurückfahren wird und Ende 2022 eine erste Anhebung der Leitzinsen anstehen könnte. Die Europäische Zentralbank dürfte sich mindestens bis Mitte 2024 mit einer Zinserhöhung Zeit lassen. Auf Sicht der nächsten zwölf Monate rechnet er damit, dass die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen bei 1,6 bis 2,1% liegen wird, die deutscher Staatsanleihen bei –0,2 bis 0,3%. Angesichts des Zinsänderungsrisikos sei die Duration vorzugsweise kurz zu halten. Im Bereich der Anleihen setzt Metzler ausschließlich auf Papiere mit einem Investment-Grade-Rating. Das Bankhaus hält dabei an der Allokation fest mit inflationsgeschützten Anleihen, US-Treasuries und Wandelanleihen.

Aktien politisch fördern

Das makroökonomische Umfeld werde aus Sicht der Bank dazu führen, dass die Realzinsen sehr lange negativ blieben. „Staaten können sich dadurch bequem entschulden, Anleger in Nominalvermögen haben jedoch das Nachsehen. Es bleibt also ratsam, sein Vermögen überwiegend in Substanzwerten wie etwa Aktien anzulegen“, so Emmerich Müller. Für ihn seien Aktien aber nicht nur unter Renditeaspekten die bevorzugte Anlage, sondern die Form des Investments sei auch gesellschaftspolitisch wichtig. Die Politik sollte endlich das Thema aufgreifen und Instrumente schaffen, die zu einer höheren Gewichtung der Aktien insbesondere bei der Altersvorsorge führen, so Müller. „Wir hoffen sehr, dass sich jetzt etwas bewegt.“

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