Anleihen

Russland steuert auf das Risiko der Insolvenz zu

Weit entfernt ist Russland vom Default nicht mehr. Die Lage ist noch nicht prekär, aber der Blick der Akteure ist auf die anstehenden Fälligkeiten gerichtet. Dann zeigt sich, wie es weitergeht.

Russland steuert auf das Risiko der Insolvenz zu

kjo Frankfurt

Russland gerät an den internationalen Anleihemärkten in­folge des Ukraine-Krieges immer mehr unter Druck. Das Land steuert derzeit auf die Insolvenz zu, d. h. den Default – wie es im Bond-Jargon heißt. Dieser Fall würde eintreten, wenn Russland auf bestehende Verbindlichkeiten – wie Zins und Tilgungen von Anleihen und bilateral ausgereichten Krediten – die vertragsgemäß vereinbarten Zahlungen nicht leisten sollte. Allerdings – so mahnen Bondakteure – sollte man hier auch nicht vorschnell urteilen und entsprechend reagieren – hat doch Russland wie jeder andere internationale Schuldner auch – eine sogenannte Gnadenfrist (Grace Period). Diese beträgt für gewöhnlich 30 Tage. In dieser Zeit kann der Schuldner seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen, also ausstehende Zahlungen noch leisten und somit dem Default entgehen. Bei den Verbindlichkeiten, die auf Rubel ausgestellt sind, also zum Beispiel Lokalwährungsanleihen, besteht eine zehntägige Gnadenfrist. Hierfür muss allerdings die Moskauer Börse einen sogenannten technischen Default für den Schuldner erklären.

Absicherung via CDS

Sollte die Gnadenfrist allerdings verstreichen, wird der Zahlungsausfall seitens der Investoren und der Ratingagenturen erklärt. In diesem Fall wird dann auch der Credit Default Swap (CDS) auf die Ver­bindlichkeiten des russischen Zentralstaates ausgelöst, d. h. es findet bei der ISDA (International Swaps and Derivatives Association) unter Be­teiligung der Banken und anderer Kreditgeber eine Wertermittlung der ausgefallenen Verbindlichkeiten statt, und es wird die Höhe der entsprechenden Ausgleichszahlung via CDS bestimmt. Dies geschieht mittels eines Auktionsverfahrens.

Mit einem CDS können sich Anleger gegen einen Zahlungsausfall eines Schuldners gegen Zahlung einer Prämie – den CDS-Spread in Basispunkten einer bestimmten Kontraktlaufzeit – absichern. Kommt es tatsächlich zum Default und werden dann in der Auktion die Liquidationswerte der ausgefallenen Verbindlichkeiten wie Bonds bestimmt, zahlt der Versicherungsgeber im CDS dem Versicherungsnehmer im CDS den Differenzbetrag als Ausgleich. Von diesem Punkt ist Russland in der gegenwärtigen Situation aber noch ein Stück weit entfernt. Von einer Auktion der CDS (und der damit ausfallenden Bonds) ist am Markt derzeit noch nicht einmal die Rede.

Derzeit heißt es von russischer Seite, dass die ausstehenden und fälligen Zahlungen an Bondanleger geleistet werden. Russische Investoren würde diese Gelder auch erhalten. Nur bei den internationalen Anlegern sei dies nicht der Fall, und zwar aufgrund der vom Westen verhängten Sanktionen. In einer rein technischen Hinsicht könnte man deshalb erwarten, dass die Zahlungen die Bondholder zu einem späteren Zeitpunkt erreichen. Es sei damit nur eine Zeitfrage, heißt es weiter.

Russland hat in den kommenden Tagen einige Zahlungstermine auf der Agenda. So stehen am 9. und 10. März Kuponzahlungen für zwei in Rubel denominierte Anleihen an in Höhe von 6,1 bzw. 1,2 Mrd. Rubel. Mitte März, d. h. am 16. März, sind dann zwei internationale Anleihen, die auf Dollar ausgestellt sind, mit Zahlungen zu bedienen. Hier werden 44,1 bzw. 73,1 Mill. Dollar fällig. Hinzu kommen an diesem Datum 1,6 Mrd. Rubel. Die folgenden Fälligkeiten von Zahlungen stehen dann am 21., 23. und 28. März mit 11,8, 13,6 bzw. 14,3 Mrd. Rubel an. Und es werden Ende des Monats noch 102 Mill. Dollar (28.3.) fällig.

Nur noch in Rubel

Als Reaktion auf die Sanktionen des Westens beschloss die russische Regierung unterdessen, dass finanzielle Verpflichtungen bei sogenannten „unfreundlichen Staaten“ nur noch in Rubel beglichen werden. Auf der am Montag bestätigten Liste stehen Deutschland und alle anderen EU-Mitglieder sowie zahlreiche weitere Länder. Darunter sind auch die Ukraine, die Schweiz, Japan, Großbritannien und Kanada sowie weitere Länder, wie die Regierung in Moskau mitteilte. Bisher standen nur die USA und Tschechien auf der Liste. Es handelt sich um eine Reaktion auf die Sanktionen der Länder gegen Russland wegen des Kriegs von Kremlchef Wladimir Putin gegen die Ukraine. Konkret bedeutet der Schritt, dass russische Bürger, Unternehmen, der Staat selbst oder auch Kommunen Verpflichtungen in anderen Währungen nur noch in Rubel bezahlen.

An den Anleihemärkten steigt die Nervosität, Bundesanleihen sind gut unterstützt. Die zehnjährige Bundrendite erreichte ihr Tagestief mit –0,10% und war im späten europäischen Handel bei –0,03% nach –0,10% am vergangenen Freitag. Die Kurve ist damit bis zehn Jahre Laufzeit im Minus. Auch am langen Ende griffen die Anleger wieder zu. Die 30-jährige Bundrendite war im Tief bei 0,11% nach 0,14% am Freitag.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.