Telefónica als Pionier für Sustainable Finance
Von Bettina Deuscher*)
Telefónica S.A. gehört zu den weltweit führenden Komplettanbietern von Telekommunikationsdienstleistungen. Auch bei der Finanzierung ist das Unternehmen vorne mit dabei, was die Vorreiterrolle in der Branche bei nachhaltiger Finanzierung, sog. Sustainable Finance, eindrucksvoll zeigt. Dabei geht es um die Verbindung von Fremdkapital mit Nachhaltigkeitszielen. Diese Kombination richtet sich an alle Stakeholder, d.h. sowohl an Banken als auch an nachhaltig orientierte Investoren am Anleihemarkt. Als einer der ersten Telekomnetzbetreiber feierte Telefónica schon 2019 ihr Debüt am europäischen nachhaltigen Anleihemarkt (sog. ESG-Bonds, ESG = Environment, Social, Governance). Die finanziellen Mittel aus den ESG-Emissionen von Telefónica fließen in erster Linie in Investitionen für nachhaltige Energieeffizienzverbesserungen in Spanien, die durch die Umstellung der Telekomnetze von Kupfer auf Glasfaser auf dem Heimatmarkt möglich werden. Aber auch in der bilateralen Finanzierung verbindet das Management von Telefónica das Fremdkapital Schritt für Schritt mit Nachhaltigkeit. Das betrifft eine Vielfalt an Umwelt- und sozialen Zielen und reicht von der CO2-Reduzierung bis hin zu Telefónicas sozialem Engagement bei Connectivity, Arbeit und Bildung. Letzteres bedeutet der Ausbau der Telekomnetzanbindung zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Teilhabe der Nutzer. Um die Bankenfinanzierung sowie Kreditlinien mit Nachhaltigkeit zu verbinden, ist eine hohe Selbstverpflichtung des Unternehmens zur Erreichung seiner unternehmensspezifischen Nachhaltigkeitsziele Voraussetzung. Es ist in diesem Zusammenhang üblich, die Höhe des vereinbarten Kupons an sogenannte Sustainability Performance Targets zu knüpfen. Im Falle der Verfehlung dieser Ziele während der Laufzeit droht nicht nur eine Kreditverteuerung durch höhere Zinszahlungen, sondern auch ein Reputationsverlust.
Startschuss im Jahr 2019
Telefónicas aktueller Fortschrittsbericht bei Nachhaltigkeitsmaßnahmen spiegelt die Neuausrichtung der Passivseite der Bilanz eindrucksvoll wider und das mit hohem Tempo. Der Startschuss nachhaltiger Finanzierungen fiel im Jahr 2019 mit dem ersten Green Senior Bond über 1 Mrd. Euro (Laufzeit 2/2024). In den beiden darauffolgenden Jahren folgten drei weitere ESG-Bonds, alle betrafen Nachrangkapital, sog. ESG Hybrid Bonds. Im Jahr 2020 wurde ein Green Hybrid Bond über 500 Mill. Euro mit First Call 2/2027 emittiert. Im darauffolgenden Jahr wurden zwei weitere Sustainability Hybrid Bonds im Volumen von insgesamt 1,5 Mrd. Euro begeben. Der im Februar 2021 emittierte Sustainability Hybrid Bond mit First Call 2/2029 betrug 1 Mrd. Euro. Der zweite im Herbst emittierte Sustainability Hybrid Bond umfasste 750 Mill. Euro (First Call 2/2028). Zusammen beliefen sich zum Ende vergangenen Jahres die aus nachhaltigen Anleihen eingenommenen Mittel auf 3,25 Mrd. Euro.
Gleichzeitig wurde die Bankenfinanzierung auf neue Beine gestellt. Den Grundstein dafür legte ebenfalls im Jahr 2019 die deutsche Tochtergesellschaft, Telefónica Deutschland, die erstmals mit Banken einen Konsortialkredit mit Nachhaltigkeitskomponente, einen sog. Sustainability-Linked Loan, in Höhe von 750 Mill. Euro abschloss. Die Zinsmarge ist unter anderem an die Erfüllung von ESG-Kriterien in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz, soziales Engagement und Unternehmensführung gebunden. Mit der neuen Kreditlinie, die inklusive Verlängerungsoptionen bis Ende 2026 läuft, wurde eine ursprünglich bis März 2023 laufende Fazilität vorzeitig refinanziert.
An weitere Nachhaltigkeitsmaßnahmen in der Bankenfinanzierung arbeiteten weitere Tochtergesellschaften außerhalb Europas. In Kolumbien vereinbarte die dortige Landesgesellschaft mit Banken insgesamt drei Sustainability-Linked Loans im Laufe des vorigen Jahres. Die Summe der in Deutschland und Südamerika neu vereinbarten nachhaltigen Bankenfinanzierungen belief sich Ende des Jahres in Euro umgerechnet auf rund 0,93 Mrd. Euro. Addiert man dazu die bis dahin platzierten ESG-Bonds (3,25 Mrd. Euro), belief sich zum Jahresende 2021 das Sustainable-Finance-Volumen auf knapp 4,18 Mrd. Euro. Bis Ende 2024 soll es auf insgesamt 10 Mrd. Euro ausgebaut werden.
Weitere Optimierungen betrafen den konsequenten Abbau der akquisitionsbedingt erhöhten Finanzschulden bei gleichzeitiger Verlängerung der Laufzeiten auf aktuell 12,8 Jahre. Auch der Anteil mit Festzinskupon wurde auf mehr als drei Viertel des Bestands ausgeweitet. Aktuell sind die Zahlungsfälligkeiten bis über das Jahr 2024 hinaus gedeckt. All diese Maßnahmen kennzeichnen ein solides Credit-Profil und tragen dazu bei, Refinanzierungsdruck und Risiken steigender Zinsen abzumildern.
Auch aktuell forciert das Management weiter Sustainable Finance. Deutlich unterrepräsentiert waren in der Vergangenheit vorrangige (Senior) ESG-Bonds von Telefónica. Lediglich ein Senior Green Bond im Volumen von 1 Mrd. Euro stand bisher aus – dabei handelte es sich um die damalige Debüt-Emission. Aber im Mai dieses Jahres folgte dann Telefónicas zweite Senior-ESG-Bondemission mit einem Sustainability Bond. Der Emissionszeitpunkt fiel in eine besonders herausfordernde Marktphase aufgrund des Ukraine-Kriegs und wachsender konjunktureller Unsicherheiten in Europa. Mit einer neunjährigen Laufzeit und einem Kupon von 2,592% hatte die Emission final ein Volumen von 1 Mrd. Euro. Geplant waren zunächst 750 Mill. Euro. Eine rege Investorennachfrage, die sich trotz eines schwierigen Marktumfelds in einer ordentlichen Bid-to-Cover-Ratio (Überzeichnung) von 2,5 widerspiegelte, führte dabei zu einer Spread-Einengung des Initial Price Talk von 115 Basispunkten (BP) auf 93 BP. Mit der Transaktion erhöhte Telefónica die Anzahl ausstehender ESG-Bonds auf insgesamt fünf. Auch wurde damit das Verhältnis von Senior-ESG-Bonds gegenüber Hybrid-ESG-Bonds deutlich ausgeglichener. Trotz des nach unten adjustieren engen Spreadlevels lag aber das Pricing im Vergleich zum ausstehenden traditionellen Telefónica Senior Bond mit vergleichbarer Laufzeit (10/2031) oberhalb von dessen Spread (rd. 82 BP) Anders als damals bei der Debüt-ESG-Bondemission gab es aktuell kein sog. Greenium für die ESG-Bondemission, stattdessen einen moderaten Spread Pick-up von 11 BP bei etwas kürzerer Laufzeit. Jedoch lässt die aktuelle Spread-Entwicklung seit Emission eine Outperformance des ESG-Bonds gegenüber dem traditionellen Bond erkennen. Letzterer engte sich seither um überschaubare 7 BP ein, während der ESG-Bond eine Spread-Einengung um 27 BP auf aktuell 66 BP verbuchte.
Darüber hinaus gab es Neues in der Bankenfinanzierung. Eine neue Sustainability-Linked Credit Facility in Höhe von 5,5 Mrd. Euro wurde im ersten Halbjahr vereinbart. Alles in allem beträgt das Sustainable-Finance-Volumen schon jetzt knapp 10,7 Mrd. Euro. Das heißt, ein wichtiger Meilenstein von Sustainable Finance ist bereits zwei Jahre früher als geplant erreicht.
*) Bettina Deuscher ist Senior Analystin bei der Landesbank Baden-Württemberg.