Finanzierungsmonitor Kapitalmarkt

Transaktionsvolumina am deutschen Kapitalmarkt gehen deutlich zurück

Im vergangenen Jahr ist das Transaktionsvolumen am deutschen Kapitalmarkt deutlich zurückgegangen, stellt die Quirin Privatbank fest. Doch haben viele kleine Unternehmen den Kapitalmarkt als Finanzierungsquelle benutzt. Dabei sind inzwischen die meisten Kapitalerhöhungen mit Ankerinvestor erfolgt.

Transaktionsvolumina am deutschen Kapitalmarkt gehen deutlich zurück

Transaktionsvolumina gehen 2024 deutlich zurück

Quirin Privatbank: Immer mehr Kapitalerhöhungen in Deutschland nur mit Ankerinvestor – Zuversicht für das laufende Jahr

Von Werner Rüppel, Frankfurt

Im vergangenen Jahr ist das Transaktionsvolumen am deutschen Kapitalmarkt deutlich zurückgegangen, stellt die Quirin Privatbank fest. Doch haben viele kleine Unternehmen den Kapitalmarkt als Finanzierungsquelle benutzt. Dabei sind inzwischen die meisten Kapitalerhöhungen mit Ankerinvestor erfolgt.

Obwohl Blue Chips im vergangenen Jahr eine stärkere Kursentwicklung verzeichneten, blieb die Emissionstätigkeit bei Small Caps auf einem höheren Niveau, stellt die Quirin Privatbank in ihrem Finanzierungsmonitor 2024 fest, der der Börsen-Zeitung exklusiv vorliegt. So ist die Zahl der Emittenten, die eine Kapitalerhöhung durchführten, bei den großen Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 500 Mill. Euro im vergangenen Jahr von zehn auf sieben zurückgegangen. Auch bei den mittelgroßen Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von 100 bis 500 Mill. Euro ist ein Rückgang von sechs auf drei Unternehmen zu verzeichnen. Hingegen hat sich bei den kleinen Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von weniger als 100 Mill. Euro die Zahl der Emittenten von 30 auf 34 erhöht.

Kleine legen zu

„Mit 54 Eigenkapitaltransaktionen im Jahr 2024 gegenüber 60 Transaktionen 2023 ist die Gesamtzahl über alle Unternehmensgrößen rückläufig und setzte den Trend aus dem ersten Halbjahr 2024 fort“, erläutert die Quirin Bank. Auch die Volumina der Kapitalerhöhungen fielen 2024 mit lediglich 727 Mill. Euro nach 4,3 Mrd. Euro im Vorjahr bei den großen Unternehmen viel niedriger auf. Das ist laut Carsten Peter, Direktor Kapitalmarktgeschäft der Quirin Privatbank, auf TUI und Siemens Energy zurückzuführen, deren Kapitalmaßnahmen das Jahr 2023 geprägt hätten. Hingegen hätten kleine Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr das Finanzierungsvolumen am Kapitalmarkt auf 569 Mill. Euro vervierfacht.

Eigentlich habe 2024 ein attraktives Kapitalmarktumfeld vorgelegen, das auch normalerweise zu mehr Kapitalmarkttransaktionen führe. „Doch Themen wie die Unsicherheit über Handelspolitik oder Regulierung haben dominiert und führten aus unserer Sicht zu einer zurückhaltenden Investitionsstrategie der großen Unternehmen, welche deshalb verstärkt auf interne Finanzierungsquellen zurückgegriffen haben“, erläutert Peter. Die gestiegene Anzahl von Emittenten im Small-Cap-Bereich deute hingegen darauf hin, dass diese Unternehmen weiterhin auf externe Finanzierung angewiesen seien, um Wachstum und/oder operative Unternehmenszwecke zu finanzieren.

Backstops überwiegen

Die Studie verdeutlicht eine signifikante Verschiebung hin zu abgesicherten Kapitalerhöhungen mit Backstop-Investoren. So ist die Anzahl der Kapitalerhöhungen mit Backstop-Vereinbarung im vergangenen Jahr von 21 auf 32 gestiegen, während die Zahl der Kapitalerhöhungen ohne Backstop-Vereinbarung von 39 auf 22 zurückging. Damit habe sich der Trend aus dem ersten Halbjahr 2023 weiter fortgesetzt. Der Anteil der Backstop-Transaktionen ist von 35% in 2023 auf fast 60% im vergangenen Jahr gestiegen.

„Diese Entwicklung deutet darauf hin, dass Unternehmen sichere Finanzierungsmöglichkeiten verstärkt bevorzugen, um sich in einem anspruchsvolleren Marktumfeld erfolgreich am Kapitalmarkt zu (re)finanzieren“, erklärt Peter. „Wir führen dies insbesondere bei den Small Caps auf deren gestiegene Verunsicherung zurück. Für Unternehmen ist die Einbindung eines Ankerinvestor (Investor, der bei Notwendigkeit nicht platzierte Aktien übernimmt) nicht mehr wegzudenken.“

Bei den Backstop-Investoren dominieren auch 2024 solche, welche bereits in das jeweilige Unternehmen investiert sind. Diese verfügten in der Regel über ein besseres Verständnis der jeweiligen Equity Story und dem Investment Case. Neue Investoren würden zwar stärker in Erscheinung treten, blieben jedoch zurückhaltend, was auf eine selektivere Investitionsstrategie im aktuellen Marktumfeld hindeute.

Trotz der insgesamt deutlich geringen Kapitalmarktaktivität sei die Zahl der Emissionen mit Bezugsrecht von 17 auf 20 angestiegen. Hingegen ging die Zahl der Kapitalerhöhungen unter Ausschluss des Bezugsrechts von 43 auf 34 zurück. Dies verstärke den Eindruck, dass Abschläge und die Einbindung bestehender Aktionäre bei Kapitalerhöhungen eine wesentliche Rolle spielten.

Ohne Prospekt beliebt

Bei den kleinen Unternehmen sei das durchschnittliche Transaktionsvolumen von 2,9 Mill. Euro im Jahr 2023 auf 13,4 Mill. Euro geklettert. In der Gruppe der mittelgroßen Unternehmen sei das durchschnittliche Transaktionsvolumen mit 33,5 Mill. Euro im vergangenen Jahr in etwa konstant geblieben. Hingegen hat sich das durchschnittliche Transaktionsvolumen bei den großen Unternehmen deutlich von 431 Mill. Euro auf 81 Mill. Euro reduziert.

„Vereinfachte Kapitalmaßnahmen ohne Wertpapierprospekt sind weiterhin bei den Emittenten sehr beliebt“, stellt die Quirin Bank fest. „Rund 40% der Kapitalerhöhungen wurden aufgrund eines Wertpapier-Informationsblatts durchgeführt.“ Eine Kapitalmaßnahme auf Basis eines Wertpapier-Informationsblatts erleichtere insbesondere für kleinere und mittelgroße Unternehmen den Zugang zu Kapital, weil kein umfangreicher Prospekt erstellt werden muss und Emittenten dadurch Kosten sparen.

Vor allem durch den Effekt der Siemens-Energy-Transaktion im Vorjahr sei das Transaktionsvolumen im Prime Standard um 90% auf 183 Mill. Euro eingebrochen. Hingegen habe sich das Transaktionsvolumen im General Standard mehr als verzehnfacht und sei auf 706 Mill. Euro geklettert. Darüber hinaus haben sich die Volumina im Freiverkehr von 2,1 Mrd. Euro auf 508 Mill. Euro ermäßigt.

Knapp 80% des Gesamtfinanzierungsvolumens verteilten sich laut Quirin Bank auf die vier Branchen Industrie, IT, Versorgung sowie Handel/Logistik. Dabei wurde das größte Volumen in Höhe von 406 Mill. Euro in der Branche Dienstleistung/Versorgung umgesetzt.

Bei der Aktienperformance ergebe sich für den Zeitraum von drei Monaten vor einer Transaktion kein einheitliches Bild. Für den Zeitraum von drei Monaten nach einer Transaktion kommt die Studie zu einem ernüchternden Ergebnis. Denn dabei haben sich bei rund 67% der Transaktionen die Kurse negativ entwickelt. Dies sei insofern überraschend, da sich die Märkte insgesamt sehr positiv entwickelt haben. Lediglich die Underperformance der kleinen und mittelgroßen Unternehmen im vergangenen Jahr biete ein wenig Erklärung für diese Entwicklung. Im Jahr 2023 sei die Situation noch deutlich positiver gewesen.

Chancen für Investitionen

In der Studie blickt die Quirin Privatbank mit Zuversicht auf 2025. Weiterhin gebe es zwar geopolitische wie wirtschaftliche Herausforderungen, welche zu einer erhöhten Volatilität führen könnte. Doch erklärt die Bank: „Wir gehen davon aus, dass einige dieser Themen sich im Jahresverlauf positiv auflösen und somit für Investoren wie Emittenten Chancen zur Finanzierung und Investitionen geben werden.“

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