Marktanalyse

Vertrauen in Frankreichs Aktien fällt

Das Grundvertrauen in französische Aktien hat einen historischen Einbruch erlitten. Investoren stellen laut der aktuellen Umfrage von Sentix die Alternativlosigkeit von Aktien immer mehr in Frage.

Vertrauen in Frankreichs Aktien fällt

wrü Frankfurt

Die Aktienmärkte sind aktuell einem doppelten Stress ausgesetzt: der von den Notenbanken begonnenen Zinswende sowie dem dramatischen Abschmieren der konjunkturellen Erwartungen, nicht zuletzt aufgrund des Kriegs in der Ukraine sowie der jüngsten pandemischen Eskalation in China. Aufgrund dieser beiden Stressfaktoren ist das Grundvertrauen der Inves­toren in Aktien in den vergangenen Wochen massiv gesunken, dies zeigt erneut die wöchentliche globale Investorenumfrage des Frankfurter Analysehauses Sentix auf. Doch trotz des geringen Vertrauens in Divi­dendentitel sind die Kurse an den Aktienmärkten in den vergangenen Wochen zwar zurückgegangen, allerdings hielten sich die Verluste durchaus in Grenzen. Zu einem massiven Einbruch oder Ausverkauf ist es bisher nicht gekommen. Was aber wiederum noch lange nicht heißt, dass es nicht in Bälde zu einem Ausverkauf bei Aktien kommen könnte.

An dem negativen Stimmungsbild der Investoren für Aktien hat sich über Ostern jedenfalls nichts geändert, so das Ergebnis des aktuellen Sentix Global Investor Surveys. „Das Grundvertrauen für US-Aktien bleibt sehr schwach. In den vorigen zwölf Wochen ist es um 11,7 Prozentpunkte eingebrochen“, stellt Sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner fest. „Auf Sicht bis zu zehn Wochen ist die durchschnittliche Ertragserwartung negativ!“

Auch die Schweiz erodiert

Darüber hinaus fällt auf, dass sich das Vertrauen der Investoren für immer mehr Aktienmärkte merklich eintrübt. So konnte die Präsidentschaftswahl in Frankreich das Grundvertrauen der Anleger in französische Aktien nicht verbessern. Es ist sogar das Gegenteil der Fall, das Vertrauen der Investoren in Frankreichs Aktien ist nochmals deutlich zurückgegangen. „Auf Sicht von sechs Wochen hat sich hier der Bias um 38 Prozentpunkte verschlechtert“, stellt Hübner fest und konstatiert einen „historisch einmaligen Einbruch“.

Auch in Deutschland misst Sentix bei den Investoren zwar eine skeptische, und damit eigentlich unterstützende Stimmung für Aktien. „Das Grundvertrauen bleibt aber ebenfalls schwach“, so die aktuelle Analyse. „Im Time-Differential-Index, der nahe der Nulllinie notiert, wird so eindrucksvoll deutlich, dass wir trotz Pessimismus keine guten Voraus­setzungen für Kurssteigerungen haben.“

Doch nicht nur das Grundvertrauen für deutsche Aktien ist in den vergangenen Wochen geschwunden, auch das Vertrauen in Schweizer Dividendentitel hat merklich gelitten. „Die Schweizer Aktien gelten als Hort der Stabilität. aber auch hier erodiert das Grundvertrauen kräftig“, stellt Hübner fest.

Risikoaversion nimmt zu

Insgesamt hat gemäß den jeweils übers Wochenende online erhobenen Investorenbefragungen von Sentix die Risikoaversion bei Aktien in den vergangenen Wochen weiter zugenommen. Dies sei eigentlich ein unterstützender Faktor für Dividendentitel. Doch habe sich auch der Horizont der Anleger weiter verkürzt. Dies deute auf eine hohe Spekulationsneigung und/oder eine fehlende Grundüberzeugung hin und sei deshalb tendenziell negativ zu werten. „Es scheint, als löse sich die Gewissheit der alternativlosen Aktienanlage allmählich auf“, analysiert Hübner.

Doch wenn die Anleger nicht mehr an Aktien glauben, welchen Assets vertrauen sie dann? Hier sind vor allem Rohstoffe und Gold aufzuführen. Für Rohstoffe stellt Sentix derzeit eine ausgesprochen gute Stimmung fest. Allerdings kann es auch für die künftige Entwicklung von Assetklassen mitunter gefährlich sein, wenn die Zahl der Bullen zu hoch ist. Dies könnte derzeit bei Rohstoffen der Fall sein. „Wir nähern uns einem oberen Sentimentextrem“, stellt Sentix fest. Vor diesem Hintergrund dürfte auch die Entwicklung des Ölpreises schwer zu prognostizieren sein. Auch das gelbe Metall ist in Kriegs- und Krisenzeiten wieder zunehmend gefragt. „Das Gold-Grundvertrauen erholt sich deutlich. Statistisch ist dies positiv für die Goldpreiserwartungen“, so die aktuelle Sentix-Analyse. „Allerdings sind die Anleger bereits relativ hoch investiert, so dass die Gewinne kleiner ausfallen sollten als im statistischen Durchschnitt.“

Besserung bei US-Treasuries

Ein interessanter Punkt der aktuellen Sentix-Investorenbefragung ist, dass Anleihen beginnen, wieder interessant zu werden. Dass die Notenbanken vor mehreren Leitzinsanhebungen stehen, ist ja eigentlich insbesondere für lang laufende Anleihen negativ zu werten. Auf der anderen Seite gibt es ja auch kürzer laufende Anleihen, und die Renditen für US-Staats­anleihen sind in den vergangenen Wochen kräftig angezogen. In Sachen Sicherheit gibt es außerdem kaum etwas Besseres als US-Staatsanleihen oder auch Bundesanleihen.

Dies erklärt die deutliche Erholung beim strategischen Grundvertrauen für US-Treasuries, die Sentix in den vergangenen Wochen gemessen hat und die sich aktuell fortsetzt. „Dies spricht für entstehendes Kaufinteresse“, erläutert Hübner. „Gleichzeitig messen wir nach wie vor eine ordentliche Short-Position.“ Anders ist die Situation am Euro-Rentenmarkt. Denn hier sind etliche Investoren der Auffassung, dass die Europäische Zentralbank (EZB) sich deutlich hinter der Kurve bewegt.

Gleichwohl könnten sich kurzfristig auch Chancen für den Euro-Rentenmarkt eröffnen. Dies legt zumindest die aktuelle Sentix-Analyse nahe. „Bei Euro-Renten messen wir eine sehr niedrige Neutralität auf kurze und mittlere Sicht“, analysiert Hübner. Die Addition beider Ebenen fasst Sentix im „Super Neutrality Index“ (SNI) zusammen. Für die Anleger scheine die Lage bei Bonds auf kurze und mittlere Sicht „klar“. „Doch wann immer der SNI in der Vergangenheit jedoch ähnlich niedrig war, lag fast durchweg ein wichtiger unterer oder oberer Marktwendepunkt vor“, sagt Hübner. „Dies könnte also pro Renten sprechen!“

Das Problem für viele institutionelle Investoren an den Märkten sei jetzt, dass diese zunehmend in Stress gerieten. Denn gerade gemischte Portfolios, die in Aktien und in Anleihen investierten, hätten zuletzt doch merklich an Wert verloren. Der Druck für Investoren werde jedenfalls immer größer.

Wie sich das Ganze dann auflösen wird, weiß auch Sentix nicht. Dies ist nicht zuletzt davon abhängig, wie politische Entscheidungen ausfallen, ob der Krieg in der Ukraine weitergeht, was die Notenbanken machen, und auch inwieweit die Pandemie weiter die chinesische Wirtschaft bremst.

So dürfte das Grundvertrauen gegenüber französische Aktien wieder ansteigen, falls der liberale Präsident Emmanuel Macron erneut die Wahlen gewinnt. Insgesamt zeigt die Sentix-Investorenumfrage aber aktuell erhebliche Gefahren an den Märkten auf: Investoren vertrauen immer weniger Aktien, bei Anleihen belastet die Zinswende, und Investments in Rohstoffen sind vor dem Hintergrund von Überhitzungssignalen als gefährlich einzustufen.

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