Martin Wurzer und Patrick Karb

„Wir wollen das Produkt so einfach wie möglich halten“

Praeclarus und Hauck & Aufhäuser Innovative Capital starten einen Spezialfonds, der in Digital Assets investieren soll. Das Vehikel biete Institutionen eine höhere Flexibilität als bestehende Produkte.

„Wir wollen das Produkt so einfach wie möglich halten“

Alex Wehnert.

Herr Wurzer, Herr Karb, Praeclarus und Hauck & Aufhäuser Innovative Capital starten gemeinsam den Blcksharez Global Resilience Crypto – einen offenen inländischen Spezialfonds mit festen Anlagebedingungen, der bis zu 20 % des verwalteten Vermögens in Kryptowährungen anlegen darf. Warum wagen Sie sich in diesem schwierigen Umfeld in den Markt?

Wurzer: Natürlich ist das Umfeld schwierig, die restriktivere Geldpolitik sowie die jüngsten Insolvenzen im Digital-Assets-Segment stimmen die Investoren vorsichtig. Nichtsdestotrotz merken wir, dass das Interesse an Spezial-AIFs nach Paragraf 284 Kapitalanlagegesetzbuch, die auch in Digital Assets investieren, hoch ist. Die Kombination mit einem kleinen Krypto-Anteil von 20 % erlaubt es den Anlegern, schon einmal einen Zeh ins Wasser zu stecken und sich trotzdem diversifiziert aufzustellen.

Karb: Momentan müssen sich Investoren intensiv mit den Anlagen auseinandersetzen, die einen Großteil der meisten Portfolios ausmachen – sprich Aktien, Bonds und Rohstoffen. Daher rücken Digital Assets vielleicht etwas in den Hintergrund. Das hat dann eben mit der Priorisierung, nicht aber mit mangelndem Interesse zu tun. Langfristig sind 284er-Spezialfonds gerade für kleinere Institutionen wie Pensionskassen und Stiftungen passend, um ein moderates Krypto-Exposure aufzubauen.

Warum nicht in einen Spezialfonds nach Paragraf 282 investieren, für den es keine Krypto-Obergrenze gibt?

Karb: Diese Variante bieten wir auch an, da gibt es sicher viele Gemeinsamkeiten. Aber 284er-Fonds stellen für institutionelle Investoren ein gängiges Investmentvehikel dar, mit dem sie bestens vertraut sind. Außerdem bewahren sie sich im Hinblick auf die gesamte Asset-Allokation so ein höheres Maß an Flexibilität als mit 282er-Produkten. Denn Letztere sind in der meist angewandten Anlageverordnung klar als alternative Investments klassifiziert und unterliegen damit in der Gesamtbetrachtung einer geringen Quote. Die Fonds nach Paragraf 284 werden nicht in diese Quote gezählt und können damit flexibler genutzt werden.

Kryptowährungen sollen in Ihrem Portfolio zur Diversifikation dienen. Geht dies angesichts der hohen Korrelation von Kryptowährungen und Aktienmärkten überhaupt noch auf?

Wurzer: Die Korrelation ist langfristig nicht in Stein gemeißelt. Es gab auch Marktphasen, in denen beispielsweise auch Rohstoffe positiv mit den Aktienmärkten korrelierten, weil eine wirtschaftliche Eintrübung auf der Nachfrage lastete – im laufenden Jahr waren Commodities dagegen ein be­sonders guter Diversifikationsfaktor.

Und dennoch: Sie richten sich mit Ihrem Vehikel hauptsächlich an professionelle Investoren. Gerade diese Anleger handeln aber nicht ideologisch, sondern passen ihre Portfolios gemäß Risikoneigung an. Folglich verhalten sich digitale Assets stärker wie traditionelle.

Karb: Diese Tendenzen nehmen im Kryptomarkt sicherlich zu. Wir wünschen uns aber auch, dass mehr institutionelle Investoren ins Segment vorrücken. Bisher ist es stark durch Retail-Anleger dominiert. Die institutionelle Adoption dürfte langfristig aber eine höhere Liquidität der Assetklasse mit sich bringen und damit Marktschwankungen reduzieren. Davon, dass wir eine grundsätzliche Korrelation zu anderen Assetklassen ausschließen können, haben wir uns aber ohnehin schon lange verabschiedet. Denn momentan ist ja nicht nur die Korrelation zu Aktien sichtbar, sondern auch die Reaktionen des Kryptomarkts auf Zinsentwicklungen sind eindeutig zu beobachten.

Beim Diversifikationsfaktor Rohstoffe bauen Sie unterdessen ein Exposure durch Exchange Traded Commodities (ETCs) auf. Warum haben Sie sich für diese Art der Nachbildung entschieden?

Wurzer: Wir wollen das Produkt so einfach wie möglich halten, damit jeder Investor die Zusammensetzung verstehen kann. ETCs sind etablierte Finanzinstrumente, deren Entwicklung für Anleger transparent nachvollziehbar ist. So nutzen wir die drei größten und bekanntesten Rohstoffindizes: Den Refinitiv CRB, den Bloomberg Commodity Index und den moderneren Bloomberg Con­stant Maturity Index. Bei Aktien ist es ähnlich, da investieren wir in ETFs auf den MSCI World.

Wie wählen Sie denn die Kryptowährungen aus, in die der Spezialfonds investiert?

Wurzer: Da gibt es kein kompliziertes qualitatives Auswahlverfahren. Stattdessen nehmen wir ganz einfach die zehn größten Cyberdevisen nach Markt­kapitalisierung auf – exklusive Stablecoins, die an Basiswerte wie den Dollar gekoppelt sind. Es lässt sich heute einfach nicht seriös bewerten, ob ein Meme-Coin besser ist als eine andere Kryptowährung, dafür ist die Fluktuation im Segment einfach zu hoch. Aber die Top Ten stellen einen guten Maßstab für den Gesamtmarkt dar.

Der Gesamtmarkt ist allerdings stark durch Bitcoin und Ether dominiert. Welche Diversifikationsmöglichkeiten bestehen innerhalb der Kryptowelt?

Wurzer: Wir berücksichtigen die Dominanz von Bitcoin und Ether, die gemeinsam über 80% der Marktkapitalisierung der zehn größten Kryptowährungen ausmachen, automatisch in unserer Gewichtung. Dennoch ist es uns wichtig, das Marktgeschehen breiter abzubilden – und da gibt es eben noch weitere Coins mit unterschiedlichen Historien und Anwendungsbereichen.

Karb: Es besteht da schon eine Möglichkeit, nach Sektoren zu diversifizieren. Klassische Payment-Token wie Bitcoin, Litecoin oder Stellar entwickeln sich anders als Instrumente wie Ether, deren Blockchain die Basis für eine Dezentralisierung des Finanzwesens darstellen soll. Eine Korrelation lässt sich angesichts der noch geringen Größe des Markts nicht abstreiten, aber die Volatilitäten unterscheiden sich durchaus.

Sie nehmen eine monatliche Rebalancierung vor. Reicht das angesichts der Volatilität im Kryptomarkt und den häufigen Veränderungen in den Top 10 aus?

Wurzer: Aus unserer Sicht ist das ein guter Kompromiss. Eine halbjährliche Anpassung wäre zu selten, aber bei der monatlichen Rebalancierung können wir zeitnah auf Veränderungen reagieren, ohne jede kleine Auf-und-Ab-Bewegung mitzumachen.

Karb: Wir verfolgen ja keine Arbitrage-Strategie, bei der wir kurzfristige Kursveränderungen ausnutzen würden. Natürlich müssen wir aber auch das Fondsvolumen und die Anteilscheingeschäfte im Blick behalten. Eben weil wir einen 284er-Spezialfonds anbieten, dürfen wir die harte Grenze von 20% Krypto auf keinen Fall reißen. Diese Marke ist also auch ein Trigger für ein Rebalancing zwischen klassischen Assets und Krypto.

Ist diese im Fondsstandortgesetz festgeschriebene Vorgabe denn angemessen?

Karb: Das finde ich für diese Assetklasse schon. Der regulatorische Nährboden für digitale Anlagen ist in Deutschland im EU-Vergleich sehr gut bestellt. Die Regelungen des Fondsstandortgesetzes erlauben es uns, die Assetklasse institutionellen Investoren näherzubringen. Auch darüber hinaus hat es große Fortschritte gegeben, wir haben als einziges EU-Land eine spezifische Regulierung der Kryptoverwahrung, während mit dem elektronischen Wertpapiergesetz die Urkundenpflicht abgeschafft und die Tokenisierung von Schuldverschreibungen und Fondsanteilen ermöglicht wurde. Solche Aktionen sind häufig befruchtend für den Gesamtmarkt, nun wird auf europäischer Ebene auch die Regulierung Markets in Crypto Assets zur Umsetzung getrieben.

Wie lange wird dies in Anspruch nehmen?

Karb: Dass das nicht von jetzt auf gleich geht, ist klar. Nun gibt es eben eine 18-monatige Konsultationsphase, wir rechnen dann mit einer Umsetzung frühestens ab dem Frühjahr 2024. Wichtig ist, dass die Regulierung inhaltlich schon sehr stark fixiert und abgestimmt ist.

Wie wird sich angesichts des regulatorischen Fortschritts das Konkurrenzumfeld für Ihre Produkte entwickeln?

Wurzer: Der potenzielle Markt ist riesengroß. Da werden sicherlich auch weitere Anbieter mit verschiedenen Portfolio-Ausgestaltungen auftreten. Bislang ist der Markt aber noch so unerschlossen, dass die Fondshäuser da eher alle an einem Strang ziehen. Anfangs werden wir uns also wenig auf die Füße treten.

Karb: Ich würde es begrüßen, wenn der Wettbewerb zunimmt – das zeigt den Investoren dann ja auch, dass das Geschäftsmodell wirklich funktioniert. Außerdem sind wir als Hauck & Aufhäuser Innovative Capital auch Kooperationspartner für Fondsanbieter. Je mehr Initiatoren also Projekte mit Krypto-Bezug anstoßen, desto mehr Chancen bietet das für uns als Dienstleister.

Führt zusätzliches Angebot denn tatsächlich zu mehr Nachfrage?

Wurzer: Das wird die Mittelzuflüsse durchaus antreiben. Die Entwicklung des gesamten Kryptomarktes ist schließlich auch darauf zurückzuführen, dass eine zunehmend größere Zahl an Coins für Anleger zugänglich wird. Das gilt für Privatanleger, die über verschiedene Apps handeln, ebenso wie für Banken und institutionelle Investoren.

Karb: Konkrete Rechnungen, wie hoch die Zuflüsse in den Kryptomarkt durch die Öffnung von 284er-Spezialfonds ausfallen werden, würde ich aber zurückhaltend betrachten. Denn wenngleich die Vehikel im deutschen Spezialfonds-Markt einen großen Teil einnehmen, legen die beteiligten Investoren im Durchschnitt doch noch sehr konservativ an. Es lässt sich also schwierig beziffern, welcher Teil der Vehikel am Markt affin für digitale Assets ist. Außerdem stellt Deutschland ja auch nur einen Teil des globalen Marktes dar – in dem wir aber noch viel Bewegung sehen werden.

Das Interview führte

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