Arm Holdings verschiebt Börsengang
hip London
Der britische Chipdesigner Arm Holdings hat seinen für das Auftaktquartal des kommenden Jahres geplanten Börsengang auf Eis gelegt. „Angesichts des Zustands der Finanzmärkte ist unwahrscheinlich, dass Arm im ersten Quartal 2023 an die Börse gehen wird“, zitiert der IT-Fachinformationsdienst „The Register“ einen Sprecher des Unternehmens. Die Vorbereitungen auf ein Initial Public Offering (IPO) seien aber weit fortgeschritten und man sei weiterhin bestrebt, es im kommenden Jahr durchzuführen. Das Neuemissionsgeschäft der Börsen hat sich im Vorjahresvergleich deutlich abgekühlt (siehe Grafik). Daran hatten neben dem Krieg in der Ukraine auch steigende Zinsen, höhere Energiekosten und politische Ungewissheit ihren Anteil. In Großbritannien regiert dieses Jahr bereits der dritte Premierminister. In den USA war unklar, ob die Demokraten bei den Zwischenwahlen die Mehrheit in Repräsentantenhaus und Senat verlieren würden.
Der japanische Finanzinvestor Softbank, dem Arm Holdings derzeit gehört, äußerte sich bei der Bekanntgabe seiner jüngsten Geschäftszahlen nicht näher zum weiteren Timing. „Früher ist besser“, sagte Finanzchef Yoshimitsu Goto zwar. Doch es handele sich um ein so großartiges Asset, dass man sicher sein wolle, die Märkte gut darauf vorbereitet zu haben. Softbank-Gründer Masayoshi Son will sich derweil auf das „explosive Wachstum“ des Portfolio-Unternehmens konzentrieren.
Arm Holdings stammt aus dem IT-Ökosystem rund um die Universität Cambridge. Es ging 1990 aus der Zusammenarbeit von Acorn und Apple hervor. 1998 wurde das Unternehmen in London an die Börse gebracht. Ihre Chiparchitektur findet sich heute in fast jedem Smartphone. Mehr als 200 Milliarden Chips, die darauf basieren, wurden bislang verkauft. Begonnen hatte die Kooperation mit dem Prozessor Acorn Risc Machine (Arm) für Apples persönlichen digitalen Assistenten namens Newton. Arm profitierte davon, dass hochwertige Chips bald auch in niedrigpreisigen Smartphones verbaut wurden. Die 32 Mrd. Dollar schwere Übernahme durch Softbank im Jahr 2016 ermöglichte dem Unternehmen, als Plattformbetreiber unabhängig zu bleiben und sich angesichts der zunehmenden Sättigung des Smartphone-Marktes anderen Dingen zu widmen.
Geplatzter Deal sorgt für IPO
Im September 2020 kündigte der US-Grafikprozessorhersteller Nvidia an, Arm für rund 40 Mrd. Dollar in Aktien und bar übernehmen zu wollen. Mit dem Aktienkurs ging auch der gebotene Kaufpreis in die Höhe. Doch in der Branche regte sich großer Widerstand gegen den Deal, nicht nur bei Nvidia-Rivalen wie Qualcomm. Nachdem sowohl die britischen Behörden als auch die EU-Wettbewerbshüter schwere Bedenken gegen den Deal geäußert hatten, stellte sich im Dezember auch die mächtige Federal Trade Commission (FTC) in den USA quer. Ihr Argument: Der Zusammenschluss hätte sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit bei der Entwicklung der Technologien von morgen auswirken können. Dabei hatte die FTC Zukunftsthemen wie Fahrerassistenzsysteme und Prozessoren für Cloud Computing im Blick. Der Deal platzte.
Softbank nahm daraufhin einen Börsengang ins Visier, fokussierte sich dabei aber schnell auf die Nasdaq in New York, wo für Wachstumsunternehmen in der Regel höhere Bewertungen erzielt werden können. In Großbritannien, wo schon lange eine Debatte über den Ausverkauf heimischer Hochtechnologie tobt, wollte man das nicht auf sich sitzen lassen. Doch die politische Ungewissheit nach dem Abtritt von Premierminister Boris Johnson sorgte dafür, dass das Thema nicht allzu intensiv bearbeitet wurde. Nun gibt es offenbar eine neue Chance, die Werbetrommel für eine Notierung an der London Stock Exchange zu rühren.
Arm ist in hohem Maße profitabel. Das Unternehmen erwirtschaftete im zweiten Quartal bei 656 Mill. Dollar Umsatz ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) von 326 Mill. Dollar. Das entspricht einer Ebitda-Marge von rund 50 %.