Geldpolitik

DekaBank sieht EZB in schwieriger Lage

Der EZB-Rat kommt am Donnerstag zu einer wegweisenden Sitzung zusammen – und das in turbulenter Zeit. Die Pleite der Silicon Valley Bank in den USA hat Sorgen vor einer neuen Finanzkrise geschürt und an den Märkten eine Neubewertung der Zinspfade ausgelöst. Die DekaBank sieht die EZB aber noch auf Kurs.

DekaBank sieht EZB in schwieriger Lage

ms Frankfurt

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird ihre Leitzinsen am Donnerstag erneut um 50 Basispunkte anheben und weitere Zinserhöhungen bei den nächsten Sitzungen in Aussicht stellen – sich dabei aber anders als zuletzt mit klaren Signalen über Ausmaß und Tempo zurückhalten. Zu dieser Einschätzung kommt die DekaBank in ihrem neuen EZB-Zinskompass, der stets vor einer geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats in der Börsen-Zeitung veröffentlicht wird. Deka-EZB-Experte Kristian Tödtmann verweist zur Begründung unter anderem darauf, dass die Unsicherheit über den angemessenen geldpolitischen Kurs derzeit sehr groß sei – nicht zuletzt auch wegen der Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) in den USA.

Zweifel an 50 Basispunkten

Der EZB-Rat kommt am Donnerstag zu einer wegweisenden Sitzung zusammen – und das in turbulenter Zeit. Anfang Februar hatten die Notenbanker für März eine erneute Zinserhöhung um 50 Basispunkte signalisiert und für die Zeit danach explizit eine Überprüfung des weiteren Kurses angekündigt. Zuletzt hatte es widersprüchliche Aussagen aus dem EZB-Rat zu weiteren Zinserhöhungen gegeben. Am Wochenende schürte dann die Pleite der SVB Sorgen vor einer Bankenkrise in den USA und weltweit (siehe auch Interview auf dieser Seite). An den Märkten galt am Montag eine EZB-Zinserhöhung um 50 Punkte plötzlich nicht mehr als ausgemachte Sache.

Die jüngsten Wirtschaftsdaten hatten zuvor beiden Lagern im EZB-Rat Argumente geliefert: Die Hardliner („Falken“), die für weitere kräftige Zinserhöhungen plädierten, können vor allem darauf verweisen, dass die Kerninflation ohne Energie und Lebensmittel zuletzt sogar weiter auf ein absolutes Rekordniveau von 5,6% geklettert ist – während die Gesamtrate seit Oktober von 10,6% auf 8,5% zurückgegangen ist. Zudem erweist sich die Euro-Wirtschaft als robuster als gedacht. Die „Tauben“ dagegen, die zumindest nach März zur Vorsicht mahnen, führen vor allem ins Feld, dass die konjunkturelle Unsicherheit sehr groß sei und die Leitzinsen seit Juli um beispiellose 300 Basispunkte angehoben worden sind – was mit zeitlicher Verzögerung wirke.

Der EZB-Kompasswert, der die für die EZB maßgeblichen Indikatoren zusammenfasst, legte nun im Februar leicht zu – auf 37,5 Punkte. Seine Konjunktursäule verbesserte sich etwas, blieb aber unter der Nulllinie, während die Finanzierungssäule weiter in den positiven Bereich vordrang (siehe Grafik). Derweil notiert die Inflationssäule seit Anfang des Jahres zumindest nicht mehr an ihrer technischen Obergrenze von 100 Punkten. „Die Seitwärtsbewegung des EZB-Kompasses in den vergangenen Monaten trotz erheblicher Leitzinserhöhungen und die uneinheitliche Entwicklung seiner drei Säulen bringen zum Ausdruck, dass der angemessene Kurs der Geldpolitik derzeit mit erheblicher Unsicherheit behaftet ist“, so Tödtmann.

Der Deka-Experte findet es „bemerkenswert“, dass die bisherige Straffung um 300 Basispunkte noch nicht zu einem Rückgang des EZB-Kompasses geführt hat. „Dahinter verbergen sich eine nur mäßige Anpassung der Finanzierungsbedingungen, eine resiliente Realwirtschaft und vor allem eine hartnäckig hohe Inflation“, sagt er. „Diese Faktoren erschweren es den Mitgliedern des EZB-Rats einzuschätzen, wie weit die Leitzinsen noch angehoben werden müssen, um die Inflation in angemessener Zeit auf 2% zu begrenzen.“ Die EZB strebt mittelfristig eine Inflationsrate von 2,0% an.

„Vor dem Hintergrund dieser Unsicherheiten dürfte die EZB die Datenabhängigkeit ihrer Entscheidungen betonen, indem sie weitere Leitzinserhöhungen in Aussicht stellt, deren Ausmaß und Tempo aber vorerst offen lässt“, so Tödtmann. Ein erneuter Zinsschritt von 50 Basispunkten am 4. Mai habe damit zwar eine hohe Wahrscheinlichkeit. „Jedoch besteht für die EZB keine Notwendigkeit mehr, dies schon jetzt als konkrete Absicht zu signalisieren.“

Ein besonderes Augenmerk gilt am Donnerstag nicht zuletzt den neuen Projektionen der EZB-Volkswirte. Tödtmann geht davon aus, dass die Wachstumserwartungen gerade für die nähere Zukunft höher und die Inflationsprognosen niedriger ausfallen werden als im Dezember. Dagegen könnten die Projektionen für die Kernrate angehoben werden, so Tödtmann. So würden die Gesamt- und Kerninflationsraten auch 2025 noch knapp über 2% liegen. „Dies würde den Bedarf an weiteren Leitzinserhöhungen unterstreichen“, sagte Tödtmann.

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