Verband der Automobilindustrie

Energiekosten setzen der Autobranche zu

Aus Sorge um die eigene Wettbewerbsfähigkeit ruft die deutsche Autoindustrie die Politik in Brüssel und Berlin zum Umsteuern auf. Insbesondere die hohen Energiepreise treiben die Branche um.

Energiekosten setzen der Autobranche zu

ahe Berlin

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) warnt davor, dass der aktuelle „Energiepreisschock“ auch langfristig zu einem Standortnachteil werden könnte. Präsidentin Hildegard Müller forderte die Bundesregierung am Mittwoch auf, sich auch um eine langfristig sichere und klimaneutrale Energieversorgung zu kümmern. „Bisher hat sich die Krisenpolitik im Wesentlichen nur mit der akuten Auswirkung der Energiekrise beschäftigt“, kritisierte sie in einer Online-Pressekonferenz.

Kurzfristig unbürokratische Entlastungen der Energieverbraucher sind nach Einschätzung von Müller unter anderem über Reduzierungen der Steuern und Abgaben möglich, die den Strompreis senken könnten. Sie verwies auf eine Studie der Unternehmensberatung Berylls, wonach die Energiekosten bei der Autoproduktion in Europa im vergangenen Jahr im Schnitt von 300 auf 800 Euro je Fahrzeug gestiegen sind und diese Kosten 2023 sogar auf bis zu 1200 Euro zunehmen könnten. In den USA seien hingegen im vergangenen Jahr nur Energiekosten von 250 Euro je Fahrzeug angefallen.

„Der Industriestandort fällt international zurück“, warnte Müller und verwies in dem Zusammenhang auch auf den Inflation Reduction Act (IRA) der USA. Bei aller berechtigter Kritik beim Thema Protektionismus müsse der IRA „ein Weckruf“ sein. „Die USA machen eine konsequente Politik, die die Voraussetzungen schafft, der Klimaneutralität auch im Verkehrsbereich den Weg zu ebnen“, sagte die Verbandschefin. Darauf müsse Europa reagieren. Es müsse verhindert werden, dass sich die globalen Achsen verschöben.

Die VDA-Präsidentin sieht insbesondere auf Seiten der europäischen Gesetzgeber eine „Anti-Industriepolitik“ im Klimabereich. Wenn es hier keinen Paradigmenwechsel gebe, drohe die Abwanderung der Industrie ins Ausland.

Gefordert ist nach den Worten von Müller „eine klare Re-Globalisierungs-Agenda“, basierend auf einer viel breiteren Basis – mit Rohstoff- und Handelsabkommen sowie mit Energiepartnerschaften. Um Engpässe bei der Versorgung mit den für die E-Mobilität benötigten Rohstoffen zu verhindern, müsse das Tempo erhöht werden. „Europa braucht jetzt eine Agentur für strategische Rohstoffe.“

Kritik auch an Energiebranche

Das Ziel von 15 Millionen E-Autos in Deutschland bis 2030 bezeichnete Müller als „große Herausforderung“. Die Verbraucher zögerten mit dem Kauf neuer Fahrzeuge, da der Strompreis beim Laden immer teurer werde. Insbesondere die Stromproduktion müsse zulegen, so die VDA-Chefin. Am meisten Sorgen mache dabei aktuell der Stromnetzausbau. Müller kritisierte in dem Zusammenhang auch die Energiewirtschaft, die die Herausforderungen banalisiere, sowohl beim Netzausbau als auch bei der Ladeinfrastruktur.

Laut einer neuen Prognose des Verbandes dürfte der Pkw-Absatz in Deutschland trotz der Inflation und der wirtschaftlichen Unsicherheit 2023 um 2% auf gut 2,7 Millionen Einheiten wachsen. Das wäre dann aber immer noch ein Viertel weniger als im Vor-Corona-Jahr 2019. Zwar lösten sich die Lieferketten-Probleme aus der Pandemie immer weiter auf, hieß es. Doch unter anderem der Chipmangel bleibe ein Problem.

Für Europa – also die EU- und EFTA-Staaten sowie Großbritannien – geht der VDA von einem Absatzplus von 5% auf 11,8 Millionen Fahrzeuge aus. Der Markt für sogenannte Light Vehicles in den USA wird 4% höher bei 14,2 Millionen Stück gesehen, der chinesische Markt 3% höher bei 23,7 Millionen Einheiten. Daraus ergebe sich für den Weltmarkt ein moderater Zuwachs um 4% auf 74 Millionen Fahrzeuge, was 6,5 Millionen weniger sind als 2019.

Mit dem aktuellen Hochlauf der Produktion von Elektroautos zeigte sich der VDA grundsätzlich zufrieden. Im vergangenen Jahr kamen eine halbe Million Batterieautos neu auf die Straße und damit rund ein Drittel mehr als im Jahr davor. Der Anteil an den Neuzulassungen lag bei knapp 18%. Eine Prognose, wie sich die Zahlen in diesem Jahr entwickeln könnten, gab der VDA am Mittwoch nicht.

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