Geldpolitik

Fed vor Drosselung des Zinstempos

Die US-Notenbank Federal Reserve wird aller Voraussicht nach diese Woche das Tempo ihrer Zinserhöhungen drosseln. Sie muss die Löhne im Auge behalten – und frische Inflationsdaten auf den letzten Drücker.

Fed vor Drosselung des Zinstempos

Von Peter De Thier, Washington

Im Verlaufe des vergangenen Jahres hat US-Notenbankchef Jerome Po­well eine Menge Kritik einstecken müssen. Er habe zu lange die Gefahr der hohen Inflation unterschätzt, als er diese „vorübergehend“ nannte, hieß es. Als dann auf die ersten zwei Zinserhöhungen und den Beginn des Bilanzabbaus eine Kursverschärfung folgte, unterstellten ihm Analysten, den Bogen in die andere Richtung zu überspannen und das Risiko einer Rezession heraufzubeschwören.

Die Kritik perlte an dem Fed-Vorsitzenden ab, der sich nie vom eingeschlagenen Kurs abbringen ließ. Eines musste sich Powell bislang hingegen nicht vorwerfen lassen: einen Mangel an Transparenz. „Die Zeit, um das Tempo der Zinserhöhungen zu mäßigen, könnte schon im Dezember gekommen sein“, sagte der oberste Währungshüter vor sechs Wochen nach der bislang letzten Fed-Sitzung und setzte damit ein klares Signal: Nach vier Anhebungen des Leitzinses um jeweils 75 Basispunkte wird aller Voraussicht nach nun eine geringere Straffung um 50 Basispunkte folgen.

Teuerung nach wie vor hoch

Zwar sprechen einige der jüngsten Daten dafür, dass der Inflationsdruck andauert. So übertraf das Stellenwachstum im November die Erwartungen. Auch stiegen die Löhne aus Jahressicht mit einem Plus von 5,1% stärker, als Experten vorausgesagt hatten. Zudem meldete Ende vergangener Woche das Arbeitsministerium, dass im November die Preise auf Produzentenebene gegenüber dem Vormonat kräftig zugelegt haben. Wichtiger aber: Auf Jahressicht kletterten die Erzeugerpreise so wenig wie seit über einem Jahr nicht mehr. Auch das dürfte die Fed in ihrem Vorhaben bestätigen, nun einen kleineren Zinsschritt zu beschließen.

Folglich sind sich die meisten Ökonomen darüber einig, dass es im November eines extremen Ausreißers nach oben bei den Verbraucherpreisen bedürfte, um die Währungshüter ins Grübeln zu bringen und womöglich einen resoluteren Zinsschritt auszulösen. An diesem Dienstag wissen Beobachter und Fed-Notenbanker am ersten Tag ihres Treffens mehr. Es wird aber vielmehr eine sinkende Inflationsrate erwartet. Im Oktober hatten die Preise für Konsumgüter und Dienstleistungen die geringste Zunahme seit Jahresbeginn aufgewiesen. Für November wird mit einem weiteren Rückgang der Jahresrate gerechnet, nämlich von 7,7% auf 7,3% und ohne die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise von 6,3% auf 6,1%.

Anhaltender Lohndruck

Gleichwohl haben Powell und seine Kollegen im Entscheidungsgremium (FOMC) eine schwierige Gratwanderung vor sich. Schließlich haben sechs Zinserhöhungen um insgesamt 3,75 Prozentpunkte zwar zu etwas geringerer Inflation beigetragen, die Nachfrage und den daraus resultierenden Preisdruck aber weniger gedämpft, als die Währungshüter das zu Beginn des Zinszyklus gehofft hatten. Das zeigt sich insbesondere am Arbeitsmarkt, wo das robuste Wachstum und mehr als 10 Millionen offene Stellen ein Garant für andauernden Lohndruck sein dürfte. Eine Erhöhung der Federal Funds Rate um 50 Basispunkte ist an den Märkten eingepreist, und dabei wird es wohl auch bleiben. Auch ist davon auszugehen, dass die Fed am Abbau ihrer Bilanz um monatliche 95 Mrd. Dollar festhalten wird. Ob die hohe Inflation dann aber eine fortgesetzte Kursentschärfung zulassen wird, das wird sich erst im neuen Jahr zeigen.

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