Studie

Investoren pochen auf Diversität

Laut einer Analyse der Initiative „Investors4Diversity“ haben mittlerweile fast drei Viertel der einflussreichsten Investoren im deutschen Markt bestimmte Diversitätsanforderungen an ihre Portfoliounternehmen. Anlagekriterien, die über die Geschlechterfrage hinausgehen, bleiben jedoch vage.

Investoren pochen auf Diversität

kro Frankfurt

Deutsche Unternehmen tun einer Studie zufolge gut daran, sich bei ihren Diversitätsbemühungen in der Zusammensetzung von Spitzengremien nicht einfach nur auf das gesetzliche Mindestmaß zu beschränken. Laut der Initiative „Investors for Diversity“, einem Expertinnen-Netzwerk der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, stellen mittlerweile 73 % der 30 einflussreichsten institutionellen In­vestoren im deutschen Markt entsprechende Anforderungen an ihre Portfoliounternehmen. Im Jahr 2020 lag der Anteil noch bei 50 %.

Zu den 30 Investoren, die im Jahr 2022 über 23 % der Gesamtstimmrechtsanteile im Dax und MDax verfügten und deren Anlagerichtlinien im Rahmen der Studie analysiert wurden, zählen unter anderem Allianz Global Investors, J.P. Morgan, Vanguard und Blackrock. Beteiligen sich diese Investoren aus Gründen mangelnder Diversität in den Führungsgremien nicht an Kapitalmaßnahmen, so riskieren viele deutsche Unternehmen, den Zugang zu Eigenkapital zu verlieren, schreiben die Autorinnen. „Die Ergebnisse der Studie heben die wichtige Rolle der Investoren hervor, Bewegung in eingefahrene Strukturen und Prozesse zu bringen.“ Dabei würden zunehmend Zusammensetzungen der Aufsichtsräte und Vorstände forciert, die auch der Strategie und dem Geschäftsmodell des Unternehmens stärker entsprechen. „Damit kommt auch der professionelle Hintergrund und die Nationalität der Mitglieder stärker in den Blick“, hieß es weiter.

Fokussierung auf Genderziele

Noch steht für einen Großteil der Investoren aber die Geschlechterdiversität im Vordergrund. Die konkreten Anforderungen haben sich diesbezüglich im Vergleich zu 2020 vielfach erhöht. So fordert mittlerweile fast die Hälfte der Investoren einen Frauenanteil von mindestens 30 % im Board. Im Jahr 2020 traf das gerade mal auf fünf Investoren zu. In den Anlagerichtlinien von J.P. Morgan liegt der geforderte Anteil sogar bei 33 %. BNP Paribas hat zudem für das laufende Jahr die Anforderung von 40 % angekündigt − ein Plan, dem sich UBS bis 2025 anschließen will. Mit Blick auf Deutschland und die hier geltende dualistische Corporate-Governance-Struktur sei in der Analyse jedoch weiter unklar, ob die Anforderungen nur für den jeweiligen Aufsichtsrat oder für den Aufsichtsrat und den Vorstand gelten, schreiben die Autorinnen. Ein einfacheres Verständnis bieten in der Hinsicht wiederum jene Investoren, die nur auf die nationale Gesetzgebung verweisen. Dazu zählen etwa Baillie Gifford oder The Capital Group. Das hierzulande geltende Führungspositionen-Gesetz schreibt für börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen in den Aufsichtsräten eine Geschlechterquote von 30% vor. Zudem gilt in Vorständen, die aus mehr als drei Mitgliedern bestehen, ein Mindestbeteiligungsgebot von einer Frau.

Weitere Aspekte bleiben vage

Die Vielfaltsdebatte sei in Deutschland weiterhin stark auf die Geschlechterdimension verengt, wie den Autorinnen im Rahmen der Studie häufig von Interviewpartnern mitgeteilt wurde. Dabei hatten Analysten erwartet, dass Investoren im Jahr 2022 auch weitere Dimensionen in den Blick nehmen würden. Doch seien konkrete Anforderungen etwa zur ethnischen Diversität im Board nur in einzelnen Fällen zu finden, so etwa in den Richtlinien von Artisan Partners. Die DWS schreibt zudem, dass sie eine Altersdiversität und eine bessere Vertretung unterrepräsentierter Minderheiten „begrüßt“. Damit bestehe die Gefahr, die Potenziale von tatsächlicher Vielfalt zu verkennen oder diese nicht vollständig auszuschöpfen, so das Fazit.

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