DSGV

Schriever will Sparkassen tiefer ins Grüne führen

Das neue geschäftsführende Vorstandsmitglied des DSGV, Karolin Schriever, will die grüne Transformation der Sparkassen-Finanzgruppe zügig vorantreiben.

Schriever will Sparkassen tiefer ins Grüne führen

Von Tobias Fischer und

Angela Wefers, Frankfurt

Die im September in die Verbandsleitung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) eingezogene Karolin Schriever möchte bei den Themen Regulierung und Nachhaltigkeit Akzente setzen. Die 44-Jährige ist die erste Frau im dreiköpfigen Führungsgremium des Verbandes und trägt als Nachfolgerin von Karl-Peter Schackmann-Fallis Verantwortung für das DezernatA – Wirtschaft, Politik und Banksteuerung –, in dem rund 120 der 400 DSGV-Mitarbeiter tätig sind. Schriever kommt von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, wo sie mehr als 16 Jahre verbrachte und seit 2017 als Partnerin Verantwortung für den Bereich Rechnungslegung, Bankenaufsicht und Nachhaltigkeit sowie für 80 Beschäftigte trug.

In Sachen Nachhaltigkeit, deren wachsende Relevanz sie nicht nur beruflich, sondern auch im Privaten tagtäglich spüre, sucht sie Antworten darauf, wie die Prozesse in der Finanzgruppe verbessert werden können. Im Kern gehe es für die Sparkassengruppe darum, die Transformation zügig voranzutreiben und „deutlich mehr in den grünen Bereich zu kommen als jetzt“, sagt sie.

Begleiter der Transformation

An die Regulierung, ihrem zweiten großen Thema, richtet sie in diesem Zusammenhang konkrete Wünsche. Dabei denkt sie etwa an die Green Asset Ratio als Kennzahl, die den Anteil nachhaltiger Aktivitäten eines Instituts berücksichtigt, also zeigen soll, was schon grün ist. „Für die Sparkassen-Finanzgruppe kommt es aber darauf an, Unternehmen aktiv zu begleiten auf dem Weg von ,braun‘ zu ,grün‘. Ich würde mir wünschen, dass das von der Regulierung erkannt und unterstützt wird.“ Ob sie bestimmten braunen, also nicht nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen, die Finanzierung auf dem Transformationspfad versagen würde, lässt Schriever vorerst offen. Das müssten sich die Sparkassen und Landesbanken im Detail ansehen.

Von Regulierern und Aufsehern wünscht sie sich mehr Anpassungsfähigkeit und vorausschauendes Handeln: „Ich nenne das smarte Regulierung. Aufsicht und Regulierung sollten nach vorne gerichtet sein, Risiken frühzeitig erkennen, Proportionalität ins Auge fassen und flexibel agieren.“ Ein vorrangiger Wunsch, die Regulierung betreffend, ist, angesichts der wirtschaftlich angespannten Lage den antizyklischen Kapitalerhaltungspuffer und den Systemrisikopuffer für Wohnimmobilienrisiken, die ab 1. Februar 2023 zu erfüllen sind, erst gar nicht zu aktivieren. Mittelfristig hofft sie auf einen stärkeren Austausch über eine Regulierung, die Proportionalität mehr berücksichtig: „Da würde ich mir einen noch intensiveren Dialog wünschen. Auch in der Regulierung ist eine ,Zeitenwende‘ gefragt.“

Und schließlich spricht sie sich dafür aus, in Bezug auf die Regulierung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) innezuhalten. „Bevor es in ESG zum ,S‘ geht, sollten wir alle einmal in uns gehen“, sagt Schriever und verweist darauf, dass die S-Finanzgruppe soziale Aspekte längst berücksichtige. „Schön wäre, wenn die Regulierung, statt uns in der Taxonomie-Verordnung vorzuschreiben, was wir in puncto ,S‘ zu tun haben, den umgekehrten Weg ginge und uns fragen würde, was in der Praxis nötig ist. Da können wir sehr viel beitragen.“

Ungeachtet mancher inhaltlicher Differenzen beschreibt Schriever das Verhältnis zu jenen, die die Spielregeln aufstellen und überwachen, als gut. Schon ihr Vorgänger Karl-Peter Schackmann-Fallis stand in dem Ruf, zu Regulierung, Aufsicht und Politik einen guten Draht gehabt zu haben. Ihm sei wichtig gewesen, Zugang zu verschiedenen politischen Überzeugungen zu finden und politische Interessen zusammenzuführen, sagt Schriever, die sich vorgenommen hat, dies fortzuführen. Die Fülle an Herausforderungen, die das Jahr 2022 mit sich gebracht hat, etwa Corona, der russische Angriffskrieg, Sorge über die Energieversorgung, Lieferkettenbrüche, Preis- und Zinsanstieg, könne schließlich nur gemeinsam angegangen werden. „Angesichts eines solchen Pakets an Themen ist es besonders wichtig, mit anderen im Dialog zu sein und gemeinsam Antworten zu finden.“

Auch in Sachen Einlagensicherung bleibt Schriever der Linie ihres Vorgängers treu: So bekennt sie sich zu Europa und zur Kapitalmarktunion, wenngleich sich nicht erschließe, warum eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung nötig sein solle. „Die Bankenunion in Europa ist vollendet, es gibt überall in der EU ein identisches Sicherungsniveau. Eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung ist nicht notwendig für einen integrierten Finanzbinnenmarkt.“

Von KPMG zum DSGV

Der Wechsel von KMPG zum DSGV ist Schriever zufolge trotz aller Unterschiede zwischen den beiden Institutionen mit Gemeinsamkeiten und Vertrautem verbunden, die aus ihrer Vita herrühren. „Mit den meisten Themen, mit denen ich im DSGV betraut bin, bin ich seit Jahren vertraut“, sagt sie. So war sie bei KPMG von 2017 an für Rechnungslegung, Bankenaufsicht und Nachhaltigkeit zuständig. Zuletzt zählten Beratungen zur Umsetzung der EU-Taxonomie, zu strategischen Transformationsprozessen sowie zur Umsetzung regulatorischer Anforderungen zu ihren Tätigkeitsschwerpunkten, so auch in verschiedenen Instituten der Sparkassen-Finanzgruppe. Vor ihrem Eintritt in die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft absolvierte Schriever in Dortmund ein Studium der Betriebswirtschaft mit dem Fokus auf Finanzen, Controlling und Wirtschaftsprüfung. Die Sparkassenorganisation ist ihr auch vertraut durch ihre Tätigkeit bei der einstigen Sparkasse Werl, bei der sie 1998 bis 2001 eine Ausbildung zur Bankkauffrau absolvierte, der sich ein einjähriges Trainee-Programm anschloss.

Politische Arbeit

Ein noch eher ungewohntes Betätigungsfeld ist hingegen die politische Arbeit. Die falle ihr aufgrund ihres Interesses an der Materie aber nicht schwer, und sie habe sich dahingehend schon rasch eingefunden. „Meine Erfahrung der letzten Wochen ist: Als Verantwortliche im DSGV bekommt man sehr schnell Zugang zu den politischen Entscheidungsprozessen“, sagt sie. Zu den Diskussionen in der Finanzgruppe, wie es nach Ablauf der Amtszeit von Präsident Helmut Schleweis Ende 2023 an der Verbandsspitze weitergeht, will sich Schriever wie der DSGV bedeckt halten.

Die berufliche Veränderung hat auch die Verlagerung ihres Lebensmittelpunkts mit sich gebracht. Von Frankfurt, wo sie in ihrer KPMG-Zeit lebte, hat es sie nach Berlin gezogen. „Ich finde es wichtig, im DSGV und im politischen Berlin vor Ort zu sein“, sagt Schriever. Zusammen mit ihrem Mann, den sie im August geheiratet hat und mit dem sie sich die Leidenschaft fürs Joggen teilt, erkundet sie die Stadt, noch auf der Suche nach der optimalen Laufstrecke, wie sie sagt. Zu ihren weiteren sportlichen Aktivitäten zählen das Skifahren und das Kitesurfen. Schon als Kind war Schriever, die in Wickede (Ruhr) aufgewachsen ist, auf dem Surfbrett auf dem nahe gelegenen Möhnesee unterwegs.

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