US-Arbeitsmarkt läuft heiß
det Washington
Trotz steigender Zinsen und der andauernden Angst vor einer möglichen Rezession hat sich der Aufschwung am US-Arbeitsmarkt mit stetem Tempo fortgesetzt. Wie das Bureau of Labor Statistics (BLS) des US-Arbeitsministeriums berichtete, entstanden im November ohne Berücksichtigung der Landwirtschaft 263000 neue Jobs. Erwartet hatten Ökonomen ein Plus von etwa 200000. Die Arbeitslosenquote lag gegenüber Oktober unverändert bei 3,7% und entsprach somit den Markterwartungen. Unterdessen dürfte der kräftige Lohnanstieg der US-Notenbank ins Auge stechen, die demnächst plant, den geldpolitischen Kurs leicht zu entschärfen.
Wachstum auf breiter Front
Angeführt wurde der Beschäftigungsaufbau ein weiteres Mal vom Gast- und Freizeitgewerbe, wo es zu 88000 Neueinstellungen kam. Deutliche Zunahmen um jeweils 45000 und 42000 wurden im Gesundheitswesen und im öffentlichen Dienst gemessen. Geringere Zuwächse meldete das BLS bei anderen Dienstleistern sowie in der Bauwirtschaft und dem verarbeitenden Gewerbe. Auch wurde das Stellenwachstum für Oktober nach oben revidiert, und zwar von 261000 auf 284000. Kaum verändert war die Partizipationsrate, die 62,1% betrug und im gesamten Jahresverlauf relativ konstant geblieben ist.
Die Aufmerksamkeit der Fed wird vor allem die Lohnentwicklung finden. Laut BLS legten die durchschnittlichen Stundenlöhne um 0,6% zu. Vorausgesagt hatten Ökonomen einen Anstieg um nur 0,3%. Im Vorjahresvergleich kletterten die Löhne um 5,1%. Auch diese Zahl lag deutlich oberhalb der prognostizierten 4,6%. Insbesondere übersteigt der Wert deutlich die von Notenbankchef Jerome Powell anstrebte Zielgröße. In einer Rede vor der Brookings Institution hatte er diese Woche gesagt, dass „Lohnwachstum zwar eine gute Sache ist, es muss aber mit einer Inflationsrate von 2% übereinstimmen, um auf Dauer tragfähig zu sein“.
Zuvor hatte Powell betont, dass das Überangebot an offenen Stellen Arbeitgeber zu Lohnerhöhungen zwinge und dies die treibende Kraft hinter der hohen Inflation sei. Wie aus dem JOLTS-Bericht des Arbeitsministeriums hervorgeht, waren im Oktober in der US-Wirtschaft 10,3 Millionen Stellen unbesetzt. Dieser Zahl standen aber nur 6 Millionen Neueinstellungen gegenüber.
Trotz der kräftigen Lohnsteigerungen rechnen Analysten nach wie vor damit, dass die Währungshüter übernächste Woche bei der Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) den Leitzins um 50 Basispunkte anheben werden. Dem waren vier Zinserhöhungen um jeweils 75 Basispunkte vorausgegangen. Das Fed Watch Tool der CME Group ging nach der Veröffentlichung des Arbeitsmarktberichts mit einer Wahrscheinlichkeit von über 75% davon aus, dass das FOMC den Zielkorridor für den Leitzins von 3,75 bis 4,0% auf 4,25 bis 4,5% anheben wird.
Brian Coulton, Chefvolkswirt der Ratingagentur Fitch, erkennt in dem Bericht positive Zeichen für die Gesamtwirtschaft. „Die Zahlen unterstreichen, dass die Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte wieder solide gewachsen ist.“ Im dritten Quartal hatte das annualisierte Bruttoinlandsprodukt (BIP) laut Handelsministerium um 2,9% anstelle der zunächst gemessenen 2,6% zugelegt. Verhalten optimistisch ist auch Daniel Zhao, Ökonom bei dem Online-Arbeitsmarktdienstleister Glassdoor. „Der US-Arbeitsmarkt hat während des gesamten Jahres Resilienz bewiesen und sieht nicht wie einer aus, der kurz vor einer Rezession steht“, meint Zhao.
Commerzbank-Ökonom Christoph Balz wies darauf hin, dass die Nachfrage nach Arbeitskräften den dritten Monat deutlich zugelegt hat und das Arbeitsangebot geschrumpft ist. „Dies dürfte die Sorgen der Fed über zu hohe Lohnabschlüsse und eine daraus resultierende Inflation verstärken“, sagte Balz. Bei Personalmangel sind die Arbeitnehmer in einer besseren Verhandlungsposition und können höhere Gehälter durchsetzen. Bernd Krampen von der Nord/LB meint, dass angesichts „des für die Inflation wichtigen Stundenlohnanstiegs eine weitere geldpolitische Straffung erforderlich ist“. Er rechnet damit, dass die Währungshüter nun einen kleinen Schritt beschließen werden, da „sich die konjunkturelle Lage im Zuge massiver Inflation und eines deutlichen Zinsanstiegs eintrüben wird“.