Kryptofinanzwelt

An den Kryptowährungen scheiden sich die Geister

Nur am Bargeld wollen fast alle Parteien dezidiert festhalten. Wie eine von Kryptowerten durchzogene Finanzwelt aussehen soll, bleibt undurchsichtig. Die Finanzbranche ist bedeutend weiter.

An den Kryptowährungen scheiden sich die Geister

wf Berlin

Die neue Krypotwunderwelt im Finanzmarkt ist auch im Bundestagswahlkampf angekommen. Die schwarz-rote Koalition hat in der abgelaufenen Legislaturperiode die Akteure im Kryptowertgeschäft stärker reguliert und für die Emission von elektronischen und damit urkundenlosen Inhaberschuldverschreibungen einen gesetzlichen Rahmen geschaffen. Die Wahlkämpfer treiben vor allem neue digitale Währungen und die Zukunft des Bargelds um. Mit Blick auf eine verschärfte Geldwäsche war es nicht immer so klar, wie lang noch Bargeldzahlungen zum Alltag gehören werden. Finanzminister versprechen sich von unbaren Zahlungen gemeinhin auch einen besseren Überblick über die Steuerehrlichkeit.

Der Versuch von Facebook, eine private digitale Währung – mit dem Projekt Libra und dem Namen Diem – einzuführen, hat die Rolle des Bargeldes neu beleuchtet. Klar zum Bargeld bekennen sich CDU/CSU, AfD, FDP, Grüne und Linke. Zugleich erhält die Europäische Zentralbank (EZB) politische Rückendeckung für den digitalen Euro von fast allen Parteien aus dem Bundestag. Nicht dabei ist die AfD, die ohnehin die D-Mark wieder einführen will. Die Linke verbindet ihr Bekenntnis zu einer digitalen Zentralbankwährung zudem mit dem Ansinnen, dass Bürger unverzinste Girokonten mit begrenzten Einlagen unterhalten können. Bei privaten Kryptozahlungsmitteln unterscheiden sich die Parteien diametral. Die FDP begrüßt alternative Tauschmittel wie Kryptowährungen auf Basis der Blockchain und anderen Basen. Sie will dafür einen verlässlichen Rechtsrahmen fördern und weiterentwickeln. Die Linke lehnt dies hingegen ab: „Wir streben ein Verbot der energie- und ressourcenverschwendenden Erzeugung sogenannter Kryptowährungen an“, steht dort klipp und klar im Wahlprogramm. Die Grünen stehen hinter dem Geld- und Währungsmonopol des Staates und lehnen dessen „Aushöhlung“ durch „private Währungen mächtiger Großkonzerne“ strikt ab. Die SPD ist gegen eine Privatisierung von digitalen Währungen – auch von Stablecoins. Die CDU/CSU ordnet das Thema Kryptowährungen bei Geldwäschebekämpfung ein und fordert eine Identitätsprüfung bei Grundstückskäufen mit Kryptowährungen, so wie beim Bargeld.

Neue E-Wertpapiere

Neue digitale Finanzprodukte spielen in den Wahlprogrammen kaum eine Rolle und wenn, dann eine distanzierte. Die Grünen begegnen den „rasanten Entwicklungen dezentraler Finanzanwendungen“ mit Vorbehalt und wollen „Chancen und Risiken von Kryptowährungen und Blockchains differenziert ausloten“. Der Linken ist der Einsatz von Kryptotechnologie im Finanzsektor nicht geheuer. Die neuen Fintech-Unternehmen, die Zahlungen im Internet abwickeln oder Kryptotechnologie nutzen, müssen aus Sicht der Linken „besser beaufsichtigt“ werden. Die Finanzbranche aber ist schon längst in der digitalen Welt angekommen. So fordert etwa der Fondsverband BVI eine digitale Marktinfrastruktur nach EU-Recht, um Kryptowertpapiere handeln zu können, und einen Rechtsrahmen für tokenisierte Sachwerte. Das private Kreditgewerbe beklagt, dass sich die Öffnung für elektronische Wertpapiere bislang auf die Inhaberschuldverschreibung beschränkt. Auch Aktien müsse es in elektronischer Form geben, fordert der Bankenverband. Fondsanteile sollten mittels Distributed-Ledger-Technologie registriert werden können. Wenn die Registerführung für Banken geöffnet würde, sieht der Bankenverband darin einen Digitalisierungsschub für den Kapitalmarkt – ohne Abstriche beim Anlegerschutz.