Arbeitgeber fordern Inflationsbremse
BZ Frankfurt
Angesichts der anhaltend hohen Inflation haben die Arbeitgeber ein stärkeres Eingreifen des Staates gefordert. Wenige Tage vor dem ersten Treffen der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) anberaumten konzertierten Aktion gegen den hohen Preisauftrieb schlug der Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeber (BDA), Rainer Dulger, Alarm. „Der Staat muss seine Möglichkeiten zur Inflationsbekämpfung auch wahrnehmen“, forderte Dulger am Mittwochabend in Berlin. Der BDA-Präsident stellte zudem das Streikrecht in Frage.
Hintergrund für die aufgeschreckten Arbeitgeber ist der Warnstreik der Verdi-Mitglieder im Tarifkonflikt mit dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe. Auch die Forderung der IG Metall, die am Donnerstag von mehreren Regionalverbänden bestätigt wurde, in der Tarifrunde im Herbst 8% mehr Lohn für die Beschäftigten der größten Branche in Deutschland zu fordern, dürfte die BDA beunruhigen.
Es gehe um eine Stabilisierung der Lieferketten und um eine Verringerung der Geldmenge, fuhr Dulger fort. Letzteres könne der Staat nicht machen, dafür sei die Zentralbank zuständig. „Aber man kann ja zumindest mal höflichst drum bitten, dass die Geldmenge im Markt reduziert wird, dass die Zinsen erhöht werden. Dass all diese Inflationsbremsen, die wir so kennen aus der Theorie, auch gezogen werden. Nur mit Lohnpolitik werden Sie das nicht lösen.“
Bundeskanzler Scholz trifft sich am Montag mit Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften zur ersten Runde der konzertierten Aktion, die er angesichts der seit Monaten haussierenden Preise angestoßen hatte. Dabei soll es um gemeinsame Maßnahmen gegen die Inflation gehen, die im Juni im Jahresvergleich bei 7,6% (VPI) lag. Nach der für die Europäische Zentralbank (EZB) entscheidenden Rechenweise lag sie bei 8,2% (HVPI) – nach 8,7% im Mai. Damit legte sie zwar eine Verschnaufpause ein, diese dürfte Ökonomen zufolge aber auf das 9-Euro-Ticket und den Tankrabatt zurückzuführen und daher nur von kurzer Dauer sein.
Die Arbeitgeber sind laut Dulger bereit, an konstruktiven Lösungen zu arbeiten. „Es muss eine Mischung werden aus vielleicht steuerlichen Vergünstigungen, aus Erhöhungen von Transferleistungen für die wirklich Bedürftigen“, sagte der Arbeitgeber-Präsident. „Das müssen wir diskutieren. Es wird nicht eine Lösung geben. Es werden viele kleine Schritte gemacht werden müssen.“
Verärgert zeigte sich Dulger über den eintägigen Verdi-Warnstreik in deutschen Häfen. „Auf gar keinen Fall bin ich dafür, das Streikrecht einzuschränken“, sagte Dulger zwar. Ihm habe es aber sehr missfallen, dass in Seehäfen gestreikt worden sei in einer Zeit gestörter Lieferketten, in der alle händeringend die Materialien bräuchten, die in den deutschen Seehäfen lagerten.
„Gibt es vielleicht so etwas in Zukunft wie einen nationalen Notstand, der dann auch Streikrecht bricht?“ Er könne diese Debatte zwar nicht führen, weil er überzeugt sei, dass das Streikrecht ein wichtiges Grundrecht sei: „Und ich wüsste nicht, wie man es einschränken kann. Aber vielleicht über die Idee eines nationalen Notstands.“