Bailey warnt Unternehmen vor Preiserhöhungen
hip London
Der britische Notenbankchef hat Unternehmen vor Preiserhöhungen gewarnt. Sie führten zu mehr Inflation und weiter steigenden Zinsen, sagte Andrew Bailey, der Gouverneur der Bank of England, der BBC. Er wolle den Leuten, von denen die Preise festgelegt werden, sagen: „Verstehen Sie bitte, dass die Zinsen weiter nach oben gehen müssen, wenn sich die Inflation festsetzt“, sagte Bailey. „Höhere Inflation nützt wirklich niemandem.“ Sie schade den Menschen und treffe insbesondere die Schwächsten der Gesellschaft. Er verstehe, dass Firmen ihre Kosten weitergeben wollten. Sie sollten allerdings berücksichtigen, dass die Teuerungsrate nach Ansicht der Zentralbankökonomen im Jahresverlauf stark zurückgehen werde. Es gebe eine „ziemlich starke Wahrscheinlichkeit“, dass das Vereinigte Königreich in diesem Jahr eine Rezession vermeiden könne. Im vergangenen Jahr hatte Bailey abhängig Beschäftigten empfohlen, keine großen Lohnforderungen zu stellen, um der Inflation keinen Vorschub zu leisten.
Unterdessen sagte Catherine Mann, die unter den Mitgliedern des geldpolitischen Komitees der Notenbank zu den Falken gezählt wird, auf einer Veranstaltung, die britischen Zinsen seien ihrem Gipfel schon ziemlich nahe gekommen. Die Energiepreisentwicklung werde zu einer „dramatischen Entschleunigung“ der Inflation in Großbritannien führen.
Die Geldpolitiker der Zentralbank hatten am Vortag den Leitzins das elfte Mal in Folge erhöht. Er liegt nun bei 4,25 % und damit so hoch wie zuletzt vor 14 Jahren. Die Teuerungsrate stieg im Februar auf 10,4 % und bewegt sich damit weit über dem Inflationsziel der Bank of England von 2,0 %. Der starke Preisauftrieb drückt offenbar nicht auf die Stimmung der Konsumenten. Das vom Marktforscher GfK ermittelte Verbrauchervertrauen stieg im März auf – 36 Zähler und war damit so hoch wie seit einem Jahr nicht mehr. Der Einzelhandelsumsatz stieg im Februar um 1,2 %. Im Januar hatte er bereits um 0,9 % zugelegt. Allerdings machte das Statistikamt ONS Anzeichen dafür aus, dass die Verbraucher weniger für Pub- und Restaurantbesuche ausgeben.
„Greedflation“
Bailey sagte, er habe keine Belege dafür gesehen, dass Unternehmen ihre Preise stärker als nötig erhöhten. John Allan, der Chairman der größten britischen Supermarktkette Tesco, hatte dagegen bereits im Januar die „Legitimität“ der Preiserhöhungen durch Lebensmittelproduzenten in Frage gestellt. Die Hilfsorganisation Oxfam warf der globalen Lebensmittelindustrie vor, „exzessive Unternehmensgewinne“ zu machen. Wirft man allerdings einen Blick in die Geschäftszahlen von Konzernen wie Unilever, zeigt sich, dass sie nicht einmal ihre steigenden Kosten in vollem Umfang an die Kunden weiterreichen konnten. „Greedflation“ ist in Großbritannien dennoch ein heißes Thema. Vor allem einkommensschwache Haushalte werden zur Kasse gebeten. Der Verbraucherorganisation Which? zufolge stiegen die Preise der Eigenmarken der Einzelhändler im Januar im Vorjahresvergleich um mehr als ein Fünftel (21,6%). Die Lebensmittelpreise insgesamt waren um 15,9 % nach oben gegangen. Untere Einkommensgruppen sind oft Mieter. Die Mieten waren dem ONS zufolge im Februar im Schnitt um ein Zehntel höher als ein Jahr zuvor.