Zunehmende Ungewissheit

Bank of England dämpft Zinssenkungserwartungen

Die Bank of England hat den Leitzins bei 4,50% belassen. Es gebe keinen vorgegebenen Weg für die weitere Entwicklung, heißt es im Protokoll der Sitzung des geldpolitischen Komitees.

Bank of England dämpft Zinssenkungserwartungen

Bank of England dämpft Zinssenkungserwartungen

Die Notenbank nimmt angesichts des robusten Lohnwachstums, der wieder anziehenden Inflation und Donald Trumps Zollpolitik eine abwartende Haltung ein

Die Geldpolitiker der Bank of England haben den Leitzins mit großer Mehrheit bei 4,50% belassen. Volkswirte fürchten, dass sie die Bank Rate angesichts der starken Lohnentwicklung und des zunehmenden Preisauftriebs im weiteren Jahresverlauf nicht so schnell senken werden wie bislang am Markt erhofft.

Von Andreas Hippin, London

Die britische Schatzkanzlerin Rachel Reeves wird seitens der Bank of England auf absehbare Zeit keine Unterstützung erhalten. Das geldpolitische Komitee der Notenbank (Monetary Policy Committee, MPC) stimmte auf seiner jüngsten Sitzung mit großer Mehrheit dafür, den Leitzins bei 4,50% zu belassen.

Swati Dhingra stimmte als einziges Mitglied des neunköpfigen Gremiums für eine Senkung um 25 Basispunkte. Catherine Mann, die auf der vorangegangenen Sitzung noch gemeinsam mit Dhingra für einen Zinsschritt von 50 Basispunkten nach unten votiert hatte, schloss sich dieses Mal den Befürwortern des Status Quo an. Damit zeigte sich das Komitee einiger als gedacht. Viele Volkswirte hatten mit einem 7:2 gerechnet.

Schrittweise und vorsichtig

„Eine schrittweise und vorsichtige Herangehensweise an den weiteren Abbau geldpolitischer Einschränkungen ist angemessen“, lautete die Forward Guidance. Doch scheint der dafür vorgesehene Zeitplan ins Rutschen zu geraten. Dazu tragen neben dem robusten Lohnwachstum die wieder anziehende Inflation und Donald Trumps Zollpolitik bei.

Wie das Statistikamt ONS mitteilte, lag das Wachstum der regulären Löhne ohne Sonderzahlungen in den drei Monaten per Ende Januar bei 5,9%. Um dem Inflationsziel der Notenbank von 2,0% zu entsprechen, müsste es zwischen 2,0% und 3,0% liegen. Britische Arbeitnehmer dürfen sich darüber freuen, dass die Löhne seit November vergangenen Jahres nicht nur nominal, sondern auch real gestiegen sind.

Jede Menge Ungewissheit

Im Protokoll wird auf die von den Vereinigten Staaten verhängten Zölle verwiesen. „Andere geopolitische Unsicherheiten haben ebenfalls zugenommen und die Indikatoren für die Volatilität an den Finanzmärkten sind weltweit gestiegen“, heißt es dort.

„Es gibt im Moment eine Menge wirtschaftliche Ungewissheit“, sagte Andrew Bailey, der Gouverneur der Bank of England. „Egal was passiert, unser Job ist sicherzustellen, dass die Inflation niedrig und stabil bleibt.“ Man solle nicht so viel in das Abstimmungsverhalten einzelner MPC-Mitglieder hineininterpretieren. Das sei kein „Kommunikationswerkzeug“ der Notenbank.

Teuerung nimmt Fahrt auf

Im Januar hatte die Teuerungsrate unerwartet stark zugelegt. Sie stieg um einen halben Prozentpunkt auf 3,0%. Den nächsten Schub dürften Preiserhöhungen in regulierten Branchen wie Gas, Strom und Wasser liefern. Zudem dürften Einzelhändler steigende Lohnkosten an die Verbraucher weiterreichen.

Die Notenbank geht davon aus, dass der Preisauftrieb in diesem Jahr bis auf 3,7% zunehmen wird. Zudem rechnet sie für das erste Quartal mit einem Wirtschaftswachstum von 0,25%. Im Inflationsbericht vom Februar hatten die Zentralbankökonomen lediglich 0,1% angesetzt.

Kein vorgegebener Weg

„Es gab nicht die Vermutung, dass sich die Geldpolitik über die kommenden Sitzungen hinweg auf einem vorgegebenen Weg befindet“, lautet einer der zentralen Sätze im Protokoll. War an den Finanzmärkten vor der Zinsentscheidung noch von drei weiteren Senkungen im laufenden Jahr ausgegangen worden, wurden zuletzt nur noch zwei eingepreist.

Nicht nur die Schatzkanzlerin dürfte mit dem Vorgehen der Notenbank, das nicht so schnell zu sinkenden Kosten für die öffentliche Neuverschuldung führen wird, unzufrieden sein. Die Entscheidung „wird eine spürbare Enttäuschung für die Haushalte sein, die auf Entlastung bei ihren hohen Hypothekenraten hoffen, und für Firmen, die sich auf den großen Anstieg der Betriebskosten im April vorbereiten“, sagte Suren Thiru, der beim Institute for Chartered Accountants in England and Wales für volkswirtschaftliche Themen verantwortlich zeichnet.

„In einer Art Stagflationsphase“

Im April steigen nicht nur die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung, sondern auch der gesetzliche Mindestlohn.

„Wirtschaftlich befindet sich Großbritannien zurzeit in einer Art Stagflationsphase“, sagte die DWS-Volkswirtin Ulrike Kastens. Die Geldpolitik sei als „klar restriktiv“ zu bewerten. „Wir erwarten in den kommenden Monaten weitere Anzeichen für eine leichte Abschwächung des unterliegenden Inflationstrends. Dies sollte Raum schaffen, um den Restriktionsgrad der Geldpolitik weiter leicht zu verringern.“

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