Bank of England dämpft Zinsspekulationen
hip London
Eigentlich hatte man sich in der Bank of England gerade darüber gefreut, dass sich die Corona-Pandemie in Großbritannien dem Ende zuneigt. Die vielzitierte Zinswende nahm Formen an. Am Montag begann der Berg der seit der Finanzkrise zur Ankurbelung der Konjunktur gekauften Staatsanleihen erstmals abzuschmelzen, weil für fällig gewordene Titel keine neuen gekauft wurden.
Doch der Krieg in der Ukraine und der dadurch bedingte rasante Anstieg der Energiepreise haben dazu geführt, dass sich die Briten auf eine Teuerungsrate jenseits des bislang von der Notenbank erwarteten Scheitelpunkts von 7,25% einstellen müssen. An den Finanzmärkten wird deshalb nicht mehr damit gerechnet, dass die Bank of England den Leitzins im laufenden Jahr so rasant erhöht wie ursprünglich angenommen. Der Chefvolkswirt der Bank of England, Huw Pill, hatte sich bereits im vergangenen Monat bemüht, entsprechende Erwartungen zu dämpfen, und dabei auf die Ungewissheit bei der künftigen Lohnentwicklung und den Energiepreisen verwiesen.
Eine Leitzinserhöhung von 50 Basispunkten bei der nächsten Sitzung, wie noch vor gar nicht langer Zeit von manchen Marktteilnehmern unterstellt, ist unwahrscheinlich geworden. Statt eines Anstiegs von derzeit 0,5% auf bis zu 2,25% am Jahresende haben jetzt viele nur noch 1,5 % auf der Rechnung. Luke Ellis, der Chef des börsennotierten Hedgefondsbetreibers Man Group, geht davon aus, dass die Zentralbanken nun „weniger aggressiv“ vorgehen werden.
Zu den Risiken gehört die Entwicklung am Wohnimmobilienmarkt, wo die Preise zuletzt so hoch waren wie nie zuvor. Seit Beginn der Pandemie ist der Preis eines Eigenheims um ein Fünftel gestiegen. Sollten Käufer künftig vor steigenden Hypothekenzinsen zurückschrecken, könnte es in die andere Richtung gehen. Viele Hausbesitzer müssten dann Beträge abzahlen, die den Wert ihrer Häuser übertreffen. Bislang ermöglichte die gute Wirtschaftsentwicklung den Banken Rückstellungen für Problemkredite aufzulösen. Stattdessen werden sie jetzt bald wieder Geld dafür zur Seite legen müssen.