BDI fordert Sondervermögen für Investitionen
In den Haushaltsplanungen der öffentlichen Hand fehlen dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zufolge über die kommenden zehn Jahre Mittel für Investitionen und Förderprogramme von rund 400 Mrd. Euro. Für diese Abschätzung hatten die BDI-Experten die Haushaltsplanungen von Bund, Ländern und Kommunen abgeglichen. Erfasst wurde der Bedarf an nachzuholenden und zusätzlichen staatlichen Investitionen für Infrastruktur wie Verkehrswege oder Schulen, Investitionsprogramme für die grüne Transformation und für den öffentlichen Anteil am Aufbau wirtschaftlicher Widerstandsfähigkeit. Außerdem seien Förderbedarfe wie Investitionsanreize für privatwirtschaftliche Investitionen in diesen Feldern berücksichtigt worden.
„Das Industrieland Deutschland hat über Jahrzehnte zu wenig investiert, und jetzt kommen noch neue Investitionsbedarfe hinzu“, mahnt BDI-Präsident Siegfried Russwurm. „Wir müssen die Transformation zu einem klimaneutralen und digitalen Land beschleunigen, das fordert uns in den kommenden zehn Jahren gewaltig.“ Die Finanzierung dieser und weiterer Bedarfe müsse jetzt dringend geklärt werden. „Unternehmen und Bürger brauchen Planungssicherheit. Deshalb müssen Bund und Länder die Finanzierung jetzt festzurren.“
Siegfried RusswurmDas Industrieland Deutschland hat über Jahrzehnte zu wenig investiert, und jetzt kommen noch neue Investitionsbedarfe hinzu.
Die Aufgabe ist nach Ansicht von Russwurm so groß, dass sie über Legislaturperioden hinaus gedacht und gelöst werden muss. Spätestens seit dem Karlsruher Haushaltsurteil sei klar, dass es „keine einfachen Lösungen“ gebe. Dieser Komplexität werde die seit Monaten ergebnislos geführte politische Debatte mit einer einseitigen Parteinahme pro Schulden oder pro Sparen aber nicht im Ansatz gerecht, kritisiert Russwurm.
Neben einer stärkeren Priorisierung der Ausgaben und mehr Effizienz beim Einsatz der Finanzmittel sowie grundlegender struktureller Reformen für ein höheres Wirtschaftswachstum hält er daher auch ein Investitionssondervermögen für vertretbar, das die Gelder für die dringend notwendige Modernisierung des Standorts bereitstellt. Das Vermögen sollte zweckgebunden und über ein mehrjähriges Programm zeitlich begrenzt zur Verfügung stehen. „Die Lösung dieser Herausforderung darf nicht länger aufgeschoben werden. Bund und Länder müssen die notwendigen Entscheidungen jetzt angehen“, sagt Russwurm.
Auch IW und IMK fordern „Sondertopf“
Auch andere Ökonomen und Institutionen wie das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) und auch der BDI selber hatten immer wieder darauf hingewiesen, dass die mit der „Zeitenwende“ einhergehenden Staatsaufgaben auch bei einer starken Konsolidierung der Haushalte nicht im Ansatz aus den laufenden Einnahmen finanzierbar seien und sich alte Probleme über viele Jahre bereits aufgestaut hätten. Allein um die Infrastruktur wieder auf Vordermann zu bringen und die Klimatransformation zu finanzieren, haben das IW und das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) einen Sondertopf von „600 Mrd. Euro für eine zukunftsfähige Wirtschaft“ gefordert.
Strukturreformen dringlich
Der BDI hält es für falsch, die Investitionsdebatte auf pro und contra Schuldenbremse zu verkürzen. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse sollte nicht – als vermeintlich einfachste Lösung – abgeschafft oder aufgeweicht werden, betont er. Vielmehr müsse die Politik Ausgaben konsequenter als bislang priorisieren und zudem Gelder effizienter einsetzen, so der Industrieverband. Um zusätzliche Spielräume vor allem im Bundeshaushalt zu gewinnen, hält er zudem grundlegende strukturelle Reformen für dringlich, etwa um das Arbeitsangebot zu erhöhen oder um Bürokratie abzubauen. So ließen sich die wirtschaftliche Dynamik und private Investitionen steigern. Russwurm: „Wer
Wachstumskräfte stärkt, gewinnt zusätzlichen Finanzierungsspielraum.“ Durch diese Schritte frei werdende Mittel sollte der Bund vorrangig für höhere absehbare Bedarfe in der Verteidigung und das Abpuffern des demografischen Wandels nutzen. „Diese Aufgaben gehören in den Kernhaushalt“, betont Russwurm.