Berlin zu hohem Preis bereit
wf Berlin
In der Auseinandersetzung mit Russland über die Ukraine will die Bundesregierung wirtschaftliche Nachteile als Folge von Sanktionen in Kauf nehmen. Deutschland sei bereit, einen hohen Preis zu zahlen, sollte Russland in der früheren Sowjetrepublik einmarschieren, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) laut Nachrichtenagentur Reuters in Kiew. Deutschland sei das mit Russland wirtschaftlich am engsten verbundene Land des Westens. Wenn erforderlich, werde Deutschland auch die Konsequenzen tragen, sagte Baerbock bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba. „Wir stehen an der Seite der Ukraine“, betonte sie im Bemühen, Zweifel an der Solidarität Berlins zu zerstreuen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) drohte Russland vor einem Besuch bei US-Präsident Joe Biden in Washington. „Es wird einen sehr hohen Preis haben, wenn es dazu kommt, dass die Ukraine militärisch angegriffen wird“, betonte Scholz laut Mitschrift vor der Presse in den USA. „Wir bereiten das auch präzise vor und sind seit langer Zeit dabei, die Details dazu zu besprechen; denn es geht dann ja darum, schnell, zügig und entschlossen und vor allem einheitlich zu handeln.“
Unterschiedliche Auffassungen gibt es zwischen Deutschland und der Ukraine über Waffenlieferungen. „Heute haben wir Anknüpfungspunkte gefunden und warten auf die Entscheidung der deutschen Regierung“, sagte Kuleba in Kiew der Nachrichtenagentur dpa zufolge. Kurz vor Baerbocks Reise hatte die Ukraine der Bundesregierung offiziell eine Liste mit Waffenwünschen übermittelt. Kiew bittet demnach um Flugabwehr-Raketensysteme mittlerer Reichweite, tragbare Flugabwehr-Raketensysteme, Anti-Drohnen-Gewehre, Mikrowellen-Zerstörungssysteme, elektronische Ortungssysteme, Nachtsichtgeräte, Überwachungskameras und Munition. Aus deutschen Regierungskreisen berichtet dpa, die Anfrage werde derzeit geprüft. Sie soll an mehrere westliche Partner der Ukraine gerichtet worden sein. Die rot-grün-gelbe Bundesregierung lehnt die Lieferung „letaler Waffen“ ab. Sie verweist dabei auf einen unveränderten Kurs zur schwarz-roten Vorgängerregierung. Bereit ist Deutschland indessen zur Lieferung von Schutzausrüstung. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte Ende Januar 5000 Schutzhelme zugesagt.
Lambrecht teilte derweil mit, dass 350 weitere Bundeswehrsoldaten zum Nato-Kontingent nach Litauen geschickt werden. Die Nato verstärkt ihre Präsenz an der russischen Grenze. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron traf in Moskau seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin. Putin konstatierte Fortschritte der Vertreter Frankreichs bei der Lösung von Sicherheitsproblemen in Europa und meinte damit die Ukraine-Krise.