KommentarHandelspolitik

Bidens gefährliche Kursverschärfung gegenüber China

US-Präsident Joe Biden hat mit neuen Einfuhrzöllen eine Kursverschärfung gegenüber China angeordnet. Er geht damit das Risiko ein, den nächsten Handelskrieg heraufzubeschwören.

Bidens gefährliche Kursverschärfung gegenüber China

Kommentar

Biden riskiert einen Handelskrieg

Von Peter De Thier

Mit umfangreichen Einfuhrzöllen gegen eine breite Palette von Produkten aus China könnte US-Präsident Joe Biden in einem kritischen US-Wahljahr die Weichen für einen neuen Handelskrieg gestellt haben. Betroffen sind von den Abgaben neben Elektroautos und Halbleitern auch medizinische Güter und Solarausrüstung sowie Stahlprodukte. Bei Letzteren will Biden sogar über die von seinem Vorgänger Donald Trump angeordneten Abgaben noch hinausgehen.

Dem Präsidenten geht es aber nicht nur darum, einen schärferen Kurs gegenüber dem Reich der Mitte zu steuern. Er will ein halbes Jahr vor den Wahlen damit auch sein Versprechen gegenüber Industriearbeitern in den USA einlösen, deren Jobs zu schützen und durch inländische Fertigung das Stellenwachstum voranzutreiben.

Begrenzter Umfang

So dramatisch die Ankündigung auf ersten Blick auch wirkt, sind die Abgaben, die 18 Mrd. Dollar an Einfuhren treffen werden, im Kontext der US-chinesischen Handelsbeziehungen eher begrenzt. So überziehen die USA elektrische Fahrzeuge aus China bereits heute mit Abgaben von 25%. Diese werden nun zwar auf 100% vervierfacht, aber im vergangenen Jahr verkaufte der chinesische Hersteller Geely, der gemeinsam mit dem schwedischen Autobauer Volvo Elektroautos die Marke Polestar gründete, in den USA gerade mal 2.200 Fahrzeuge. Bei einem bilateralen Überschuss von 280 Mrd. Dollar, den China 2023 aufwies, also kaum mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.  

Bidens Strategie, mit den Zöllen in den USA Arbeitsplätze zu schaffen, könnte sogar vom Erfolg gekrönt werden. Schließlich plant Polestar Automotive, in South Carolina die Produktion für die amerikanischen und europäischen Märkte aufzunehmen. Die dort hergestellten Wagen würden nicht nur von den Zöllen ausgenommen sein, sondern auch noch in den Genuss der Steuervergünstigungen im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) kommen.   

Protektionistische Vergangenheit

Bei Solarzellen will Biden die Abgaben dieses Jahr von 25% auf 50% verdoppeln, wobei die US-Verkäufe weniger als 0,1% der chinesischen Exporte in diesem Bereich ausmachen. Anders bei medizinischen Gütern, von denen China ein Fünftel der Produktion auf dem US-Markt absetzt. Dort geht es Biden weniger um Vergeltungsschritte wegen wettbewerbsverzerrender Subventionen. Vielmehr will er als Reaktion auf die Corona-Pandemie die Abhängigkeit von Importen verringern und damit künftigen Lieferkettenstörungen vorbeugen.

Die Bedeutung für den US-Wahlkampf unterstreichen auch die Zölle gegen importierte Halbleiter, die nächstes Jahr von 25% auf 50% steigen werden. Zwar kommt nur ein geringer Anteil der US-Einfuhren aus China, doch handelt es sich um ältere Chips, die vielfach noch in Haushaltsgeräten und Autos zum Einsatz kommen. Biden will aus den Zolleinnahmen fast 40 Mrd. Dollar einnehmen, um die Chipproduktion in den USA voranzutreiben. Auch das wird Jobs schaffen und soll ihn in der Wählergunst wieder steigen lassen.

Man darf nicht vergessen, dass es vor allem Trump war, den Kritiker als Globalisierungsgegner geißelten. Doch auch Biden hatte während seiner gesamten Karriere protektionistische Positionen eingenommen. Im Kongress unterstützte er die Super-301-Klausel, die scharfe Vergeltungsmaßnahmen gegen Handelspartner zuließ. Er vertritt ferner die „Buy America“ Doktrin, unterschrieb das IRA-Gesetz. So gesehen sind die Zölle kaum verwunderlich. Unklar ist nur, ob der Präsident Pekings Reaktion unterschätzt und damit tatsächlich den nächsten Handelskrieg heraufbeschwört.

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