Boris Johnson hält an seinem Amt fest
hip London
Der britische Premierminister Boris Johnson hat bei seiner regelmäßigen Fragestunde im Unterhaus klargemacht, dass er nicht gedenkt, wegen „Partygate“ zurückzutreten. Eine diesbezügliche Frage des Oppositionsführers Keir Starmer (Labour) beantwortete er mit einem knappen „Nein“. In den vergangenen Tagen hatten Medienberichte über diverse Feiern, die während des Lockdowns 2020 an seinem Amtssitz stattgefunden haben sollen, landesweit für Empörung gesorgt. Sue Gray, eine Staatssekretärin aus dem Cabinet Office, wurde mit einem Untersuchungsbericht beauftragt, der dem „Telegraph“ zufolge bereits fertiggestellt ist. Außenministerin Liz Truss sagte Sky News, dass die Ergebnisse „sehr bald“ veröffentlicht würden. Er könne allerdings nicht vollständig freigegeben werden, sollte es Sicherheitsbedenken gaben, schränkte sie vorsorglich ein. Zudem ermittelt die Londoner Metropolitan Police wegen möglicher Verstöße gegen die Ausgangsbeschränkungen, was das Thema noch einige Zeit in den Schlagzeilen halten dürfte. Allerdings drohen Johnson und seinem Umfeld in diesem Zusammenhang Juristen zufolge lediglich eine oder mehrere Geldstrafen. Scotland Yard betraute mit Jane Connors eine der ranghöchsten Beamtinnen mit den vergleichsweise einfachen Ermittlungen.
Unterdessen wächst die Zuversicht der Johnson-Gegner, dass nach Veröffentlichung des Untersuchungsberichts die für ein parteiinternes Misstrauensvotum erforderlichen 54 Unmutsbekundungen bei Graham Brady, dem Vorsitzenden des 1922 Committee, eingehen werden. Jacob Rees-Mogg, der die Geschäfte der Regierung im Unterhaus führt, sagte, das britische System sei so präsidentiell geworden, dass ein neuer Premier unweigerlich Neuwahlen ansetzen müsste. Die Botschaft an die Tory-Abgeordneten ist klar: Wird Johnson von der eigenen Fraktion entthront, sollten sich diejenigen, die ihn zu Fall gebracht haben, mit Blick auf die aktuellen Meinungsumfragen darauf einstellen, ihr Mandat zu verlieren. Daran dürften nicht viele Interesse haben.
Unterdessen berechnete das Centre for Economics and Business Research, dass die Lockdowns britische Unternehmen bis März vergangenen Jahres 251 Mrd. Pfund gekostet haben. Das entspreche in etwa den wirtschaftlichen Kosten des britischen EU-Austritts. Die Denkfabrik orientiert sich bei ihren Schätzungen an der Bruttowertschöpfung.