Boris Johnson zieht alle Register
hip London
Der britische Premier Boris Johnson hat eine Vielzahl von Initiativen angekündigt, um Partygate aus den Schlagzeilen zu verdrängen. Dazu gehört die Wiederbelebung des von Margaret Thatcher an den Start gebrachten „Right to Buy“, das Sozialmietern den Kauf ihrer Sozialwohnung ermöglichte – allerdings in einer anderen Form, die vor allem zulasten gemeinnütziger Wohnungsbaugesellschaften (Housing Associations) gehen würde. Das Angebot an günstigem Wohnraum würde dadurch weiter verringert. Es gehe um 2,5 Millionen Menschen, die in Häusern solcher Gesellschaften „gefangen“ seien. „Sie können (sie) nicht kaufen“, sagte er. „Sie haben nicht die Sicherheit des Eigentums. Sie können ihr Zuhause nicht als ihr eigenes behandeln oder von ihnen gewünschte Verbesserungen vornehmen.“ Manche dieser Unternehmen kümmerten sich nicht um die Interessen ihrer Mieter. Es sei Zeit für einen Wandel. Zudem kündigte er bei einem Auftritt im nordenglischen Blackpool an, den Hypothekenmarkt auf den Prüfstand stellen zu wollen. Seine Ideen, noch weniger Eigenkapital zu verlangen und Wohngeld für die monatlichen Hypothekenraten zu verwenden, dürften allerdings in der Finanzbranche wenig Anklang finden. „Die großen Banken sind in ihren Kreditvergabepraktiken sehr konservativ,“ sagte die Portfoliomanagerin Laura Foll vom Vermögensverwalter Janus Henderson der BBC. „Wenn das funktionieren soll, müsste die Regierung Hand in Hand mit dem Bankgewerbe arbeiten, um sicherzustellen, dass die Institute bereit und dazu in der Lage sind, Kredite zu vergeben.“
Johnson gab auch ein leidenschaftliches Plädoyer für niedrigere Steuern und eine Liberalisierung des Außenhandels ab. Doch er muss sich trotz der großen Tory-Mehrheit im Unterhaus fragen, ob er noch ausreichend Unterstützung unter den Abgeordneten findet. Schatzkanzler Rishi Sunak sagte vor dem 1922-Komitee der Tories, dass er zwar gerne die Steuern senken würde, die fiskalische Wetterlage das aber auch erlauben müsse. Er werde „niemals in einem Akt blinden Glaubens auf Kosten der fundamentalen Solidität unserer Wirtschaft oder unserer öffentlichen Finanzen“ Steuern senken. „Boris Johnsons fatales Problem ist, dass ihn drei Viertel seiner Hinterbänkler loswerden wollen“, schrieb der einst als Hoffnungsträger der Tories gehandelte Politiker Rory Stewart auf Twitter. „Das bedeutet, dass jeder Tag, den er sich an der Macht festhält, zu einem verzweifelten Überlebenskampf wird, der keinen Platz für eine langfristige Vision für das Land lässt.“