Brandbrief gegen die Standortschwäche Deutschlands
Brandbrief gegen die Standortschwäche
IG Metall und Gesamtmetall kritisieren Ampelkoalition wegen Deindustrialisierung
lz Frankfurt
Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall und die Gewerkschaft IG Metall haben in einem dramatischen Appell die Bundesregierung vor einer „verheerenden Deindustrialisierung“ des Wirtschaftsstandorts gewarnt. Sie fordern von der Ampel-Koalition energisches Gegensteuern durch bessere Rahmenbedingungen für Investitionen und Produktion, konkurrenzfähige Energiekosten, weniger Bürokratie und einen beschleunigten Ausbau der Infrastruktur. Denn eine Deindustrialisierung, so die Sorge, treibe die gesellschaftliche Spaltung voran und es drohe damit auch eine zunehmende Radikalisierung politischer Debatten und Proteste.
Produktion tendenziell gefallen
Auch die Deutsche Bundesbank, das Ifo-Institut und andere Ökonomen haben bereits einen fortschreitenden Attraktivitätsverlust des heimischen Wirtschaftsstandorts diagnostiziert und die Politik zum Handeln aufgefordert. Denn Neuansiedlungen in Deutschland finden kaum mehr statt, und wenn, dann oft nur unter Mitnahme hoher Subventionen.
Die Metall- und Elektroindustrie, für die diese beiden Verbände sprechen, besteht aus rund 25.000 Unternehmen und fast 4 Millionen Beschäftigten, die rund 20% aller Steuereinnahmen und ein Drittel aller Sozialversicherungsbeiträge erwirtschaften. Nach Angaben der beiden Metallverbände liegt die M+E-Produktion inzwischen rund 15% unter dem Vorkrisenniveau von 2018. Zudem halte die aktuelle Energiepolitik die Kosten hoch, wodurch die Produktion in den energieintensiven Industriezweigen gar um 20% eingebrochen sei.
Konkret verlangen Gesamtmetall und IG Metall von der Politik neben einem beschleunigten Infrastrukturausbau die Beschränkung der Netzentgelte, eine dauerhafte Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß, einen wirksamen Industriestrompreis, Investitionsprämien und die Ausweitung steuerlicher Abschreibungsmöglichkeiten. Digitale Verwaltungsverfahren sollten die Verfahrenszeiten reduzieren. Zudem sei es „unverzeihlich“, dass die Schulen nicht die Aufmerksamkeit und die Unterstützung bekämen, die sie benötigten. Bildung solle endlich „aus den politischen Sonntagsreden in praktisches Handeln überführt“ werden.
Berlin sieht Trendwende
Demgegenüber sieht die Bundesregierung schon wieder Licht am Horizont. „Jüngste Konjunkturindikatoren deuten eine Trendwende an“, heißt es im Monatsbericht des Bundeswirtschaftsministeriums. Sie signalisierten eine „allmähliche wirtschaftliche Stabilisierung“, auch wenn das Gesamtbild noch uneinheitlich sei. Auch die Bauproduktion sei seit Jahresbeginn kräftig angestiegen. Allerdings seien die Industrieaufträge aber abwärtsgerichtet und verringerten die Auftragsbestände der Unternehmen.
Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute sagen in ihrer jüngsten Gemeinschaftsdiagnose für die Bundesregierung für das laufende Jahr nur ein Mini-Wachstum von 0,1% voraus. 2025 soll es dann zu einem kräftigeren Plus beim Bruttoinlandsprodukt von 1,4% reichen.
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