Bruttoinlandsprodukt

Britische Wirtschaft schlägt sich unerwartet gut

Ein trotz des landesweiten Lockdowns überraschend starkes Wirtschaftswachstum im März hat dafür gesorgt, dass sich das britische Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Auftaktquartal besser entwickelt hat, als Volkswirte auf der Rechnung hatten. „Das war...

Britische Wirtschaft schlägt sich unerwartet gut

hip London

Ein trotz des landesweiten Lockdowns überraschend starkes Wirtschaftswachstum im März hat dafür gesorgt, dass sich das britische Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Auftaktquartal besser entwickelt hat, als Volkswirte auf der Rechnung hatten. „Das war ein besserer Auftakt als zu Jahresbeginn erwartet, und wir erwarten, dass er zu einer starken Erholung im zweiten Quartal beitragen wird, wenn die Wirtschaft wiedereröffnet“, sagte der Volkswirt Rory Macqueen vom Nationalen Institut für Wirtschafts- und Sozialforschung (NIESR). Ab Montag dürfen Pubs und Restaurants auch wieder Gäste in geschlossenen Räumen bewirten. Im Juni will Premierminister Boris Johnson alle bis dahin verbliebenen Restriktionen aufheben.

Messung anders als in EU

Wie das Statistikamt ONS mitteilte, wuchs das BIP im März um 2,1 %. Volkswirte hatten im Schnitt lediglich 1,5 % auf der Rechnung. Für das Auftaktquartal ergab sich eine Schrumpfung um 1,5 %. Ökonomen hatten ein Minus von 1,6 % angesetzt. Allerdings spielten bei der positiven Überraschung öffentliche Dienstleistungen wie das Bildungs- und Gesundheitswesen eine große Rolle. Am 8. März öffneten die Schulen wieder ihre Pforten. Das Bildungswesen zeigte in diesem Monat ein Wachstum von 8,6 %. Auch die Impfkampagne und das Coronatest- und Kontaktverfolgungsprogramm leisteten einen signifikanten Wachstumsbeitrag. Großbritannien misst diese Leistungen anders als Statistiker in anderen Ländern. Nach Schätzung von S&P Global Ratings hätte das Wachstum im Pandemiejahr 2020 um 1 bis 3 Prozentpunkte höher – und damit in der Nähe anderer europäischer Staaten – gelegen, würden sich die ONS-Statistiker vergleichbarer Methoden bedienen. Im Aufschwung wirkt sich ihr Vorgehen verstärkend aus. Unter anderem deshalb rechnen die S&P-Volkswirte für 2021 und 2022 mit einem kumulierten Wachstum von 11 %. Für die EU haben sie lediglich 8,7 % angesetzt.

„Das erste Quartal sieht gar nicht gut aus, das zweite dafür vielversprechend“, lautete die Bilanz der Volkswirte von Barclays, die auf den Rückgang des privaten Konsums um 3,8 % und die um ein Zehntel niedrigeren Unternehmensinvestitionen verwiesen. Ausgeglichen wurde dies durch das Baugewerbe und die im Vergleich zu den Ausfuhren niedrigeren Einfuhren. Zudem stiegen die Ausgaben der öffentlichen Hand um 4,8 %, getrieben von Investitionen, die um rund ein Fünftel nach oben schnellten, wie der Deutsche-Bank-Volkswirt Sanjay Raja bemerkte. Darin seien 7,5 Mrd. Pfund für Programme mit Covid-19-Bezug enthalten.

Die Pandemie und die im Schlussquartal aufgebauten umfangreichen Lagerbestände sorgten im Verbund mit Problemen an der Grenze zu Frankreich dafür, dass das Außenhandelsvolumen im Januar kollabierte. Die Exporte gingen im Quartal um 7,5 % zurück, die Importe um 13,9 %. Die britischen Ausfuhren bewegten sich zuletzt im Jahr 2010 auf einem so niedrigen Niveau. Besonders betroffen war der Handel mit der EU. Bereits im Februar zeigte sich eine Erholung der Exporte in die Staatengemeinschaft. Bei den Importen aus Resteuropa ging es dagegen deutlich langsamer voran.