Brüssel lockt Trump mit Null-Zoll-Offerte
Brüssel lockt Trump mit Null-Zoll-Offerte
Von der Leyen hält gleichzeitig an Drohung mit Gegenmaßnahmen fest − Trump erneuert zunächst einmal bekannte Vorwürfe
fed Frankfurt
Die EU-Kommission legt im Handelskonflikt mit den Vereinigten Staaten überraschend den Vorschlag auf den Tisch, dass beide Seiten auf sämtliche Zölle im Handel mit industriellen Waren verzichten sollen. „Wir haben Null-für-Null-Zölle für Industriegüter angeboten“, erklärte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in Brüssel. Diese Offerte habe man der US-Regierung bereits unterbreitet, und sie bleibe auch auf dem Tisch, „Europa ist immer bereit für einen guten Deal“, erklärte von der Leyen. Der Verzicht auf alle Industriezölle sei für die Europäische Union kein Novum, erläuterte die Deutsche. „Wir haben das bereits mit vielen Handelspartnern getan“
Navarro dringt auf Mehrwertsteuerabbau
Schnelle Reaktionen auf das Angebot der EU für einen beidseitigen Verzicht auf Industrie-Zölle trafen zunächst in den USA auf wenig Begeisterung. US-Präsident Donald Trump erneuerte auf sozialen Plattformen seine Vorwürfe gegen Handelspartner. Die „seit langem geschundenen USA“ nähmen bereits jetzt „wöchentlich Milliarden von Dollar“ durch bestehende Zölle gegen Länder ein, die Amerika „ausnutzen“. Sein Handelsberater Peter Navarro fordert die EU zudem zu Zugeständnissen auch bei der Mehrwertsteuer auf. Die EU müsse ihre nicht-tarifären Handelshemmnisse abbauen, sagte er dem Sender CNBC. Zugleich wies er den Vorschlag von Tech-Milliardär und Regierungsberater Elon Musk nach „Nullzöllen“ zwischen den USA und Europa zurück.
Taskforce für weitere Maßnahmen
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen bekräftigte zugleich ihre bereits wiederholt geäußerte Drohung, auf die Ankündigung der USA von zweistelligen Handelszöllen mit Gegenmaßnahmen zu reagieren, falls keine Einigung erzielt werde. Wie diese Gegenmaßnahmen aussehen könnten, darüber diskutierten am Montag zeitgleich in Luxemburg die Wirtschafts- und Handelsminister der EU. Die Kommissionschefin machte ferner deutlich, dass die EU-Kommission Vorkehrungen treffen wolle, um die EU vor Dritteffekten der US-Zölle zu schützen. So soll eine Task Force eingesetzt werden, um eine faktenbasierte Entscheidungsgrundlage für politische Maßnahmen zu haben.
Von Mexiko bis Indonesien
Auch untermauerte von der Leyen ihr Engagement für Freihandelsvereinbarungen mit vielen anderen Regionen. Sie erinnerte an die jüngsten Abschlüsse der EU mit Mexiko, den Mercosur-Staaten und der Schweiz. Und sie nannte ausdrücklich als potenziell engere Handelspartner Indien, Thailand, Malaysia und Indonesien. Die EU werde sich nun noch viel intensiver um die „riesigen Gelegenheiten" kümmern, die sich jenseits der transatlantischen Beziehungen mit den Vereinigten Staaten ergeben, und die ja immerhin „83% des Handels“ der EU ausmachten.
Während von der Leyen die Null-Industriezoll-Offerte an die USA publik machte, beschlossen die EU-Handelsminister in Luxemburg, dass Mitte nächster Woche erste Gegenzölle in Kraft gesetzt werden, mit denen die EU auf die US-Zuschläge auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren reagiert. Konkret geht es dabei um klassische US-Vorzeigeprodukte wie Jeans, Bourbon, Motorräder und Erdnussbutter.
Zölle in drei Phasen
In einem zweiten Schub werden nach Angaben von EU-Kommissar Maroš Šefčovič dann ab Mitte Mai weitere EU-Zölle hinzukommen − stets vorausgesetzt, dass auf dem Verhandlungsweg keine Einigung erreicht wird. Diese Aufschläge werden dann auch für Produkte gelten, die in Trumps erster Amtszeit noch nicht auf der Liste standen. Nach dpa-Angaben sollen die neuen Sonderzölle beispielsweise auch Unternehmen treffen, die amerikanische Agrarprodukte wie Geflügel, Rindfleisch, Meeresfrüchte, Nüsse, Eier, Milchprodukte, Zucker und Gemüse in die EU verkaufen. Zudem werden EU-Extrazölle auf Industrieprodukte wie Textilien, Lederwaren, Haushaltsgeräte, Werkzeuge, Kunststoffe und Holz erwogen.
Schließlich könnten noch weitere Gegenzölle sowie regulatorische Beschränkungen oder Abgaben auf digitale Dienstleistungen hinzukommen – das wäre dann das dritte Maßnahmenpaket. Mit ihm würde die EU auf die jüngsten Zollankündigungen von Trump aus der vergangenen Woche reagieren, falls die US-Regierung nicht auf die Gesprächsangebote der Europäer eingehen sollten.