Energiekrise

Bund und Länder bei Entlastungs­paket unter Druck

Nach ergebnislosen Verhandlungen über das dritte Entlastungspaket soll es nun schnell gehen. Vorschläge zur Gaspreisbremse sollen nach dem Wochenende vorliegen. Die Steuerschätzung folgt Ende Oktober.

Bund und Länder bei Entlastungs­paket unter Druck

wf Berlin

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat schnelle Entscheidungen zur Entlastung von Bürgern und Wirtschaft in der Energiekrise in Aussicht gestellt, sobald Vorschläge zur Strompreisbremse und zum Gaspreisdeckel vorliegen. „Außerdem wollen wir noch die neue Steuerschätzung für das nächste Jahr einbeziehen, und auf der Grundlage kann es dann auch erst eine konkrete finanzielle Verabredung zwischen Bund und Ländern geben“, sagte Lindner in Berlin.

Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) bezeichnet das Bund-Länder-Treffen in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe als „Abend der verpassten Chancen, der die Bürgerinnen und Bürger verunsichert zurücklässt“. Die SPD habe nur die Landtagswahl in Niedersachsen im Auge, ließ Merz durchblicken. „Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Stephan Weil, und Bundeskanzler Olaf Scholz sind alleine verantwortlich, dass es keine Ergebnisse gibt.“

Bund und Länder hatten sich am späten Mittwochabend nach einer ersten Beratungsrunde über das 65 Mrd. Euro schwere dritte Entlastungspaket ohne Ergebnis zur Aufteilung der Lasten getrennt. Die Länder monierten, dass ihnen Informationen über die Finanzwirkungen der geplanten Vorhaben fehlten. „Die Bundesregierung hat trotz der kon­struktiven Einstellung der Länder kaum Kompromissbereitschaft in ganz wesentlichen Fragen erkennen lassen“, stellte der Vizevorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Nordrhein-Westfalens Landeschef Hendrik Wüst (CDU), fest. Er forderte den Bund auf, „eine Menge offener Fragen“ zu beantworten.

Positiv hatten die Länder zuvor die Ankündigung des Bundes aus der vergangenen Woche vermerkt, 200 Mrd. Euro Kreditermächtigungen über das wiederbelebte Sondervermögen „Wirtschaftsstabilisierungsfonds“ als Abwehrschirm be­reit­zustellen. Das Sondervermögen war in der Coronakrise aufgelegt worden. Nun will der Bund daraus die Abfederung der hohen Energiepreise finanzieren. Daraus sollen auch die Mehrkosten der Gasimporteure bezahlt werden, die sich mangels russischer Erdgaslieferungen am Weltmarkt eindecken müssen. Scholz sagt, der Bund habe den Ländern angeboten 240, 250 Mrd. Euro von insgesamt 295 Mrd. Euro Entlastung für 2022 bis 2024 zu übernehmen. Die Entlastungspakete eins und zwei, die bereits in Kraft getreten sind, summieren sich auf 30 Mrd. Euro. Die Kosten des dritten Pakets, das noch umgesetzt werden muss, liegen Scholz zufolge bei 65 Mrd. Euro. Das Bundesfinanzministerium hatte die finanzielle Wirkung der Maßnahmen für dieses und nächstes Jahr auf 55,5 Mrd. Euro beziffert, davon 36,5 Mrd. Euro für den Bund. Weitere 10 Mrd. Euro Entlastung resultieren demnach aus der verschobenen Erhöhung des CO2-Preises, der Strompreisbremse und der Dämpfung der steigenden Netzentgelte.

Finales zum Monatswechsel

Die vom Bund eingesetzte Expertenkommission unter dem Vorsitz der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm solle zügig Ergebnisse vorlegen. Zunächst war von Ende Oktober die Rede, damit dies Grundlage für das nächste Treffen der konzertierten Aktion im November sein kann. Nun soll dies schon an diesem Wochenende geschehen. Niedersachsens Ministerpräsident Weil zufolge komme Bund und Länder in etwas mehr als zwei Wochen erneut zusammen. Die Bundesregierung will nach den Worten Weils bis dahin einen „qualifizierten Zwischenbericht“ vorlegen. Ende Oktober, Anfang November hoffe er, dass Bund und Länder „unter all das einen finalen Strich ziehen können“.

Am 27. Oktober herrscht auch mehr Klarheit über die Einnahmesituation von Bund und Ländern. Dann präsentiert der Arbeitskreis Steuerschätzung seine Zahlen für diesen Herbst. Wegen des konjunkturellen Einbruchs dürften die Schätzer die Erwartungen deutlich senken.

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