Bundesbank erwartet Inflation von 6 Prozent
ba Frankfurt
Die deutsche Bundesbank sieht die Konjunkturaussichten zum Jahresende hin deutlich eingetrübt: Während die Inflation weiter kräftig zulegt, werde die Wirtschaft „möglicherweise lediglich auf der Stelle treten“, heißt es im Monatsbericht November.
Die Jahresteuerungsrate dürfte gemessen am für europäischen Zwecke berechneten HVPI im laufenden Monat sogar auf knapp 6% steigen – im September waren es 4,1%, im Oktober 4,6%. Ursächlich waren die rasanten Preissteigerungen für Öl, aber auch der Basiseffekt wegen der zweitweisen Mehrwertsteuersenkung im Coronajahr 2020, der allerdings im Januar entfällt. „Dann sollte die Inflationsrate spürbar zurückgehen“, allerdings würden die höheren Erdgaspreise erst nach dem Jahreswechsel an die Verbraucher weitergegeben. Die Bundesbank erwartet, dass die Inflation „noch für längere Zeit deutlich über 3% bleiben“ könnte, bei der Kernrate seien „Werte beträchtlich über 2% denkbar“.
Steigende Inflationserwartungen und Lohnerhöhungen könnten für zusätzlichen Preisdruck sorgen. Im Sommer hätte sich die Erholung in höheren Neuabschlüssen als im Vorjahr widergespiegelt, zudem würden die makroökonomischen Rahmenbedingungen auch für demnächst zu erneuernde Tarifverträge auf stärkere Lohnsteigerungen hindeuten. Dass die potenziellen Ampel-Koalitionäre einen gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro erwägen, halten die Bundesbank-Ökonomen für bedenklich: Eine solche politische Vorgabe drohe die Mindestlohnkommission zu entwerten, würde spürbar in die unteren Entgeltbereiche eingreifen und verstärke künftig den Lohndruck.
Als wichtigsten Wachstumstreiber macht die Bundesbank erneut den Privatkonsum aus – nach dem Rückgang der monatlichen Konsumausgaben um 3% auf 2507 Euro im Schnitt im vergangenen Jahr. Die Konsumlust habe nach dem Ende der coronabedingten Restriktionen vor allem den Dienstleistungssektor angeschoben – nun dürfte er sich laut Bundesbank deutlich langsamer erholen als im Sommerquartal, als das Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch um 1,8% zugelegt hatte. In der Industrie würden Lieferengpässe bei Vorprodukten die Produktion trotz anhaltend hoher Nachfrage voraussichtlich weiter belasten. Der Industrieverband BDI mahnte, dass die hiesige Industrie „unter einer im internationalen Vergleich besonders großen Lücke zur Vorkrisenproduktion“ von gut 11% für die beiden Jahre 2020 und 2021 leide. Der DIHK warnte indes gestern, dass die Wirtschaft unter verschärftem Fachkräftemangel leide – dadurch sei ein Wertschöpfungsverlust von 90 Mrd. Euro oder 2,5% des BIP. Besonders kräftig zeigt sich der Mangel im Baugewerbe, von dem die Bundesbank dennoch einen positiven Wachstumsimpuls erwartet.