Bundeshaushalt unter Druck
wf Berlin
Eine Deckungslücke von 14 bis 18 Mrd. Euro klafft 2024 im Bundeshaushalt, nachdem der Kreditspielraum durch die Schuldenbremse voll ausgeschöpft ist. Dies geht aus einer aktualisierten Berechnung des Bundesfinanzministeriums hervor. Sie liegt der Börsen-Zeitung vor. Noch nicht enthalten sind darin neue Wunschvorhaben und -projekte der übrigen Bundesministerien im Umfang von 70 Mrd. Euro.
Die Lage in der Ampel-Koalition ist angespannt. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte den für den vergangenen Mittwoch vorgesehenen Eckwertebeschluss über den Haushaltsplan 2024 platzen lassen, nachdem keine Annäherung in Sicht war. In einem öffentlich gewordenen Briefwechsel hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Lindner vor Vorfestlegungen gewarnt. Lindner hatte Habeck an den Grundgesetzstatus der Schuldenbremse erinnert. Zur Wunschliste zählt unter anderem die Kindergrundsicherung von Familienministerin Lisa Paus (Grüne).
In der neuen Kalkulation von Lindner wird die Brisanz der Finanzlage des Bundes deutlich. Seit dem Beschluss zur mittelfristigen Finanzplanung bis 2026 im Sommer 2022 gibt es neue Rechtsverpflichtungen sowie aktualisierte Wirtschafts-, Steuer- und Finanzprognosen. Geplant waren bislang für 2024 Ausgaben von 428,6 Mrd. Euro bei Einnahmen von 411,4 Mrd. Euro. Kalkuliert waren dabei Steuereinnahmen von 374,5 Mrd. Euro auf der Basis der Steuerschätzung vom Mai 2022. Mit 7,7 Mrd. Euro soll die noch vorhandene Rücklage aus früheren Haushaltsüberschüssen des Bundes vollständig aufgelöst werden. Für die Differenz der Einnahmen zu den Ausgaben ist bislang eine erlaubte Nettokreditaufnahme nach der Schuldenbremse von 12,3 Mrd. Euro geplant.
Der Verschuldungsspielraum hat sich nun konjunkturbedingt leicht um 4 Mrd. Euro auf gut 16 Mrd. Euro erhöht, ist der aktualisierten Kalkulation zu entnehmen. Die Schuldenbremse erlaubt dem Bund eine konjunkturbereinigte Neuverschuldung von 0,35% des Bruttoinlandsprodukts. Leicht entlastend für den Haushaltsplan dürfte die Steuerschätzung im Mai sein. Das Bundesfinanzministerium rechnet mit 18 Mrd. Euro zusätzlichen Einnahmen. Sie liegen damit um 2 Mrd. Euro über dem Ansatz der Steuerschätzer aus dem Oktober von plus 16 Mrd. Euro.
Schon viel ausgegeben
Zusätzliche Ausgaben kommen auf den Bund durch politische Entscheidungen der Ampel zu. Dazu zählen die Bürgergeld- und Wohngeldreform mit 6 Mrd. Euro. Steuerentlastungen beim Existenzminimum und der kalten Progression sowie die Entlastung der Länder von Kosten für Flüchtlinge, Personennahverkehr und Kinderbetreuung liegen im Umfang von insgesamt 10 Mrd. Euro. Rechtsverpflichtungen unter anderem für die Energiesicherheit, bei Gewährleistungen und für den Rentenzuschuss belasten den Bund mit 8 bis 10 Mrd. Euro. Bei den Zinsen und aus der Tarif- und Besoldungsrunde rechnet das Ministerium mit schätzungsweise 12 bis 14 Mrd. Euro zusätzlichen Ausgaben.
Lindner hat angesichts der Debatte über Neubauten der Regierung die Pläne seines Hauses gestoppt. Das Ministerium sollte für 322 Mill. Euro erweitert werden. Das Kanzleramt plant einen Erweiterungsbau für 800 Mill. Euro. Angesichts der übrigen Posten ist diese Entlastung für den Etat vergleichsweise gering.