China startet nationalen Emissionshandel
nh Schanghai
Zehn Jahre nach den ersten Ankündigungen und Versprechen legt China mit seinem nationalen Emissionshandelssystem los und lässt entsprechend handelbare CO2-Zertifikate vom Stapel. Das am Freitag offiziell lancierte Emissions Trading System (ETS) steht ganz im Zeichen einer im Herbst 2020 forcierten chinesischen Klimaschutzinitiative, mit der anspruchsvolle Ziele gesetzt werden. So sollen die Schadstoffemissionen des Landes im Jahr 2030 einen Höhepunkt erreichen, um bis 2060 die sogenannte CO2-Neutralität zu gewähren.
Trotz der ellenlangen Vorbereitungsphase und zahlreichen regionalen Pilotprojekten wird Chinas Emissionshandel eine sehr begrenzte Reichweite haben. Zu Beginn sind 2200 Firmen mit von der Partie, im Wesentlichen staatliche Kraftwerksbetreiber. Anders als beim ETS-Handel der EU werden zunächst keine Industrieunternehmen aufgenommen und bis auf weiteres auch keine Banken oder institutionelle Investoren, in den Handel mit eingebunden.
CO2 ist günstig zu haben
Beim Emissionshandel haben die Energieerzeuger eine gewisse Zahl an Emissionszertifikaten zur Verfügung, die einen bestimmten Ausstoß von CO2 erlauben. Bei Schadstoffemissionen jenseits der zugeteilten Schwelle müssen zusätzliche Zertifikate im neuen Markt erworben werden, während Unternehmen, die unterhalb der Belastungsgrenze liegen, überschüssige Zertifikate gewinnbringend verkaufen können. Dabei stellt sich wie erwartet heraus, dass chinesische Verschmutzungsrechte wesentlich billiger zu haben sind als beim europäischen Emissionshandel.
Am Freitag wechselten die ersten Papiere auf dem neuen in Schanghai angesiedelten ETS-Markt bei 48 Yuan (gut 6 Euro) je Tonne CO2-Ausstoß die Hände. In der Spitze erreichten sie einen Preis von 52,80 Yuan, um bei 51,23 Yuan zu schließen. Damit wird die Tonne CO2-Ausstoß in China zu etwa einem Neuntel des Preises im EU-Markt gehandelt. Dort haben vergleichbare Zertifikate Anfang Juli einen Spitzenpreis von über 58 Euro erreicht. Insgesamt wurde am ersten Tag ein „Handelsvolumen“ von 4,1 Mill. Tonnen CO2 verbucht.
Symbolische Geste
Umweltexperten bewerten den chinesischen Einstieg in den Emissionshandel als eine vor allem symbolisch wichtige Geste, mit dem die Pekinger Regierung unterstreichen möchte, dass sie das Thema CO2-Emissionskontrolle entschlossener als bislang angehen wird. Bis das neue ETS einen nennenswerten Beitrag zur landesweiten Schadstoffreduktion zu leisten vermag, dürften allerdings noch Jahre vergehen.
Dabei gilt es als unwahrscheinlich, dass die chinesischen CO2-Preise auch nur annähernd an die europäischen heranreichen werden. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass der Handel in einem entscheidenden Aspekt anders funktioniert als im EU-Raum. Dort nämlich wird die CO2-Obergrenze mit der Zeit gesenkt, so dass die Zertifikate verknappt und entsprechend verteuert werden. Für Schadstoffemittenten bedeutet dies einen direkten Anreiz zu einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes.
Das chinesische System setzt jedoch bei der Emissionsintensität an und damit dem CO2-Ausstoß pro Kilowattstunde Strom an. Damit belohnt man zwar Anstrengungen der Kraftwerke hin zu mehr Energieeffizienz und setzt Anreize zur Verringerung der CO2-Emissionen pro Kilowattstunde. Chinas Ansatz verhindert aber keineswegs, dass die (bislang meist kohlebefeuerten) heimischen Kraftwerke in der Summe mehr Kilowattstunden produzieren und damit auch mehr Schadstoffe ausstoßen.