China und USA nehmen Dialog auf
Schanghai/Washington
nh/det
Im seit Monaten brachliegenden Handelsdialog zwischen China und den USA ist es zu einem ersten offiziellen Meinungsaustausch der jeweiligen Verhandlungsführer in der noch frischen Amtszeit des US-Präsidenten Joe Biden gekommen. Für neue Irritationen sorgte in Peking allerdings, dass Biden zusätzliche Nachforschungen zum Ursprung des Coronavirus in Auftrag gegeben hat.
Im Anschluss an ein Telefonat zwischen Chinas Vizepräsident Liu He und der neuen amerikanischen Handelsbeauftragten Katherine Tai hieß es von chinesischer Seite, es habe einen offenen, pragmatischen und konstruktiven Dialog gegeben in einer von Gleichberechtigung und gegenseitigem Respekt geprägten Grundhaltung. Auch die US-Regierung wertete das Gespräch als positive Entwicklung. In einer Erklärung hieß es, dass Tai die Prinzipien der „arbeitnehmerorientierten Handelspolitik der Biden-Regierung erklärt und gleichzeitig mögliche Problemfelder angesprochen“ habe. Zuvor hatte es noch geheißen, dass in absehbarer Zeit keine bilateralen Gespräche geplant seien.
China verfehlt Zusagen
Die Wortwahl des Handelsministeriums lässt darauf schließen, dass man sich in Peking Hoffnungen macht, trotz der zahlreichen grassierenden geo- und industriepolitischen Konflikte zwischen den weltgrößten Volkswirtschaften zumindest auf der handelspolitischen Ebene zu einem pragmatischeren und diplomatisch geführten Austausch zurückzufinden. Unter Bidens Vorgänger Donald Trump hatten die USA China mehrfach mit Milliardenzöllen attackiert, die sich zu einem breit angelegten Konflikt mit wirtschaftsstrategischer Rivalität und US-Restriktionen im Technologiebereich ausweiteten. Im Januar 2020 hatten China und die USA nach einer langgestreckten Kampagne mit gegenseitig verhängten Strafzöllen schließlich einen vorläufigen Kompromiss geschlossen.
Im sogenannten Phase-1-Deal hat China unter anderem Importzusagen im Umfang von 200 Mrd. Dollar bis Ende dieses Jahres gemacht. Dabei geht es in erster Linie um die Abnahme von Rohstoffen und Agrarprodukten aus US-Produktion. China wähnt sich mittlerweile in einer wesentlich stärkeren Position als zu Beginn des Konfliktes im Jahr 2018 und hat mittlerweile kaum noch wirtschaftliche Kollateralschäden zu befürchten. Dies liegt vor allem daran, dass sich China als erste und bislang praktisch einzige große Volkswirtschaft vom Coronaschock vollständig erholen konnte und insbesondere von einer guten Exportkonjunktur profitiert. Unter diesen neuen Voraussetzungen scheint Peking größten Wert auf einen Dialog auf Augenhöhe zu legen.
Zu den Problemfeldern zählt aus US-Sicht neben Arbeitnehmerrechten die Tatsache, dass China den Verpflichtungen zum Kauf von Sojabohnen, Erdgas und anderen Produkten nicht wie verabredet nachgekommen ist. Nach Angaben des Peterson Institute for International Economics (PIIE) hinkt China den zugesagten 200 Mrd. Dollar an zusätzlichen Importen weit hinterher. Unklar bleibt indes, ob und wie lange Biden noch an den von seinem Vorgänger Donald Trump verhängten Einfuhrzöllen festhalten wird. Während des Wahlkampfs hatte der Demokrat die Zölle als „schlecht gezielte Maßnahme“ kritisiert. Zu Bidens Zögern, diese zurückzunehmen, trägt nach Ansicht von Experten unter anderem der Rückgang des bilateralen Handelsdefizits bei. So schrumpfte laut Census Bureau der Fehlbetrag im Warenhandel mit China von Ende 2018 bis Ende 2020 um fast 26%.
Streit über Virus-Ursprung
Unterdessen hat Biden seine Geheimdienste beauftragt, dem Ursprung der Corona-Pandemie auf den Grund zu gehen – und dabei die mögliche Schlussfolgerung im Raum stehen lassen, dass das Virus aus einem Labor im chinesischen Wuhan stammen könnte. Das Außenministerium in Peking warf den USA daraufhin vor, von eigenem Versagen bei der Bekämpfung der Pandemie ablenken zu wollen, die Hunderttausende Amerikaner das Leben gekostet habe. Die bisherigen Untersuchungen hätten unterschiedliche Einschätzungen ohne finale Schlussfolgerungen geliefert, hatte Biden am Mittwoch in einer schriftlichen Stellungnahme erklärt. Daher habe er die Geheimdienste angewiesen, ihre Bemühungen zu verstärken und binnen 90 Tagen einen weiteren Bericht dazu vorzulegen.