Bundestagswahlkampf

Das bisschen Außenpolitik

Wenn es im Fernsehduell der vier Kleinparteien einen Sieger gab, hieß der Christian Lindner. Ausgerechnet die Linke stärkt im TV-Vierkampf der Kleinparteien die FDP als Kanzlermacherin.

Das bisschen Außenpolitik

Von Stefan Paravicini, Berlin

„Außenpolitik ist ein bisschen mehr als Militär und Nato“, sagte Janine Wissler, Co-Parteivorsitzende der Linken, am Montagabend im TV-Vierkampf mit den Spitzen von AfD, CSU und FDP. Gefragt nach den außenpolitischen Differenzen mit den Partnern für ein mögliches rot-rot-grünes Regierungsbündnis gab Wissler an, dass zur Außenpolitik auch das Thema Entwicklungszusammenarbeit gehöre und man bei anderen Themen wie einem höheren Mindestlohn ebenfalls nahe beieinanderliege. Von der bündnispolitisch umstrittenen Position ihrer Partei rückte sie allerdings nicht ab: „Wir wollen die Nato auflösen und überführen in ein kollektives Sicherheitsbündnis“, betonte Wissler das bisschen Außenpolitik, das die Option auf ein rot-rot-grünes Bündnis wohl zunichtemachen wird.

Wenn es im Fernsehduell der vier Kleinparteien einen Sieger gab, hieß der Christian Lindner. Denn die bündnispolitischen Vorstellungen der Linken engen die Möglichkeiten für den SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz ein, nach dem Wahltag über ein Linksbündnis auch nur nachzudenken. Die Bedeutung der FDP als Beschafferin der Kanzlermehrheit wächst unter diesen Bedingungen, was Lindner sogleich auskostete. „Mir fehlt die Fantasie, welches Angebot Rot-Grün der FDP machen könnte“, sagte der FDP-Chef auf die Frage, ob er nach der Bundestagswahl für eine Ampelkoalition mit SPD und Grünen zur Verfügung stehen würde. Fällt die Linke mit dem bisschen Außenpolitik als glaubwürdige Option im Rahmen eines Linksbündnisses aus, muss die FDP gar nicht erst eigene Fantasien ent­wickeln, wie man SPD und Grünen eine Ampel schmackhaft machen könnte. „Besser gut mit der Linken regieren als falsch mit der FDP“, hatte der Linken-Abgeordnete Dietmar Bartsch in der Bundestagsdebatte in der vergangenen Woche skandiert und an das unrühmliche Ende der Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition nach der Bundestagswahl 2017 erinnert, die die FDP damals abgebrochen hat. Das bisschen russlandorientierter Außenpolitik, für das sich die Linke starkmacht, dürfte demnächst nicht nur die Chancen, sondern auch den Preis für eine Beteiligung der FDP an Koalitionsverhandlungen erhöhen.

Dass ihre Partei ein „Faible“ für Russland habe, wies Wissler im TV-Vierkampf am Montagabend in der ARD zurück. Nötig sei aber eine Entspannungspolitik und Abrüstung. Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel forderte ein Ende der wegen des Ukraine-Konflikts verhängten Sanktionen gegen Russland. Russland sei ein wichtiger geostrategischer Akteur, mit dem wie im Falle Chinas eine Entspannungspolitik verfolgt werden müsse. Lindner sagte, er halte die Gleichsetzung der USA mit Russland und China für falsch. „Ich bin zutiefst der Überzeugung, dass Russland seinen Platz im Haus Europa hat“, sagte der FDP-Chef. Moskau müsse sich aber an die Regeln halten. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warnte Linke und AfD, die Sicherheits- und Bündnisarchitektur in Frage zu stellen. „Wir wollen unsere Bündnisverpflichtungen auch in der Nato einhalten“, betonte Dobrindt.

Gestritten wurde in der 75 Minuten dauernden Debatte mit knapp 4 Millionen Zuschauern unter anderem auch über die Themen Klimaschutz, Rentenpolitik und Steuern.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.