Inflation

Debatte über Preisbremsen und EZB

Die Inflation in Deutschland hat sich im Dezember unerwartet stark abgeschwächt, verharrt aber auf hohem Niveau. Ökonomen warnen vor übertriebenem Optimismus – und diskutieren über den weiteren Zinskurs der EZB.

Debatte über Preisbremsen und EZB

ms Frankfurt

Ein unerwartet starker Rückgang der Inflation in Deutschland im Dezember hat die Diskussionen über die Maßnahmen der Bundesregierung gegen die Teuerung und über den weiteren Zinskurs der Europäischen Zentralbank (EZB) befeuert. Mit Blick auf die staatlichen Maßnahmen ging es dabei vor allem um die Angemessenheit und die längerfristigen Folgen der Hilfen. Bei der EZB ging es um die Frage, ob die Notenbank ihre Leitzinsen womöglich nicht so stark anheben wird wie zuletzt avisiert.

Die Inflation in Deutschland hat in den vergangenen zwei Jahren, befeuert von der Wiedereröffnung nach der Corona-Pandemie und vom Ukraine-Krieg, rasant angezogen und im Herbst Niveaus wie seit Anfang der 1950er Jahre nicht mehr erreicht. Die Bundesregierung hat darauf mit beispiellosen Hilfsmaßnahmen reagiert wie etwa dem 200-Mrd.-Euro-Abwehrschirm gegen die Energiekrise. Die EZB hat ihre Leitzinsen so stark erhöht wie nie zuvor. Beides sorgt für teils hitzige Diskussionen.

Im Dezember nun schwächte sich die Inflation deutlich stärker ab als erwartet. Laut EU-Berechnung (HVPI) sank die Teuerungsrate von zuvor 11,3% auf 9,6%, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in einer ersten Schätzung mitteilte. In nationaler Rechnung (VPI) ging es von 10,0% auf 8,6%. Im Oktober hatte die Teuerung noch bei 11,6% (HVPI) sowie 10,4% (VPI) gelegen. Gemessen am VPI war das der höchste Wert seit dem Jahr 1951.

Mit Blick auf den Dezember-Rückgang sprachen nun viele Ökonomen von einer Erleichterung für die Privathaushalte und Unternehmen. Es sei aber zu früh für Entwarnung. Zum einen sei die Inflation immer noch „inakzeptabel hoch“, sagte Jens-Oliver Niklasch, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Zum anderen werde die Inflation im Jahresverlauf zwar weiter sinken, aber wohl nur graduell. Als kritisch gilt insbesondere, dass die Kerninflation ohne Energie und Lebensmittel in der Tendenz weiter zunimmt. Sie gilt als besserer Gradmesser für die zugrunde liegende Inflation.

Die Bundesbank rechnet für das neue Jahr im Durchschnitt mit einer Inflationsrate von mehr als 7%, gemessen am HVPI. Im vergangenen Jahr lag der HVPI im Jahresdurchschnitt bei 8,7%, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. In nationaler Rechnung lag der Wert bei 7,9%. Das bedeutet laut dpa-afx den höchsten Stand seit 1945, allerdings hat sich die Berechnungsmethode im Lauf der Zeit verändert. 2021 hatten die Preise um 3,1% angezogen.

Für den Rückgang im Dezember war nun neben niedrigeren Energiepreisen auch die Dezember-Soforthilfe der Bundesregierung verantwortlich, also die staatliche Übernahme der Abschlagszahlungen für Gaskunden, wie die Statistiker betonten. Details wollen sie am 17. Januar mit den finalen Daten vorlegen. Die Wirkung der Soforthilfe stößt indes auf ein geteiltes Echo. „Das bedeutet zwar streng genommen keine Preissenkung, reduziert aber den Aufwand für die Verbraucher“, sagte Michael Heise, Chefvolkswirt bei HQ Trust. Dagegen sagte der Konjunkturchef des Wirtschaftsforschungsinstituts IfW, Stefan Kooths: „Die niedrigere Inflationsrate wird über massive Subventionen teuer erkauft, die die Energiekrise nur vordergründig mildern.“

Carsten Brzeski, Global Head of Macro bei der ING, warnte sogar vor einem gegenteiligen Effekt. „Die Kehrseite der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen ist, dass sie den Inflationsdruck verstärken könnten, wenn auch auf niedrigerem Niveau.“ Die Kaufkraft werde weniger geschwächt, wodurch sich eine niedrigere, aber über 2% liegende Inflation länger halten könnte.

An den Märkten nährten die Preisdaten die Hoffnung auf eine weniger aggressive Politik der EZB. Dagegen sagte Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW: „Es wäre ein Fehler, wenn die EZB sich dadurch verleiten ließe, die Straffung der Geldpolitik vorzeitig zu beenden.“ Der lettische Zentralbankchef Martins Kazaks sagte zu Bloomberg, dass er bei den Sitzungen im Februar und März „deutliche Zinserhöhungen“ erwarte. Im Dezember hatte der EZB-Rat die Leitzinsen um 50 Punkte angehoben. Am Freitag gibt es eine erste Schätzung zur Euro-Inflation im Dezember.

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