GfK-Konsumklima

Der Geldbeutel bleibt vorerst zu

Die deutschen Verbraucher halten ihre Geldbeutel wegen des Ukraine-Krieges und der hohen Inflation zu. Sie machen sich vor allem um ihre finanzielle Situation Sorgen, aber auch der generelle Blick auf die Konjunktur fällt im März trübe aus.

Der Geldbeutel bleibt vorerst zu

ba Frankfurt

Der Ukraine-Krieg und die hohen Energiepreise versetzen der Kauflaune der deutschen Verbrauchern einen herben Schlag. Das GfK-Konsumklima hat sich stärker als erwartet eingetrübt und die Nürnberger Konsumforscher prognostizieren für April nun –15,5 Punkte. Niedriger stand das Konsumbarometer zuletzt im Februar 2021, als der strikte Corona-Lockdown den Konsum kräftig einschränkte. Ökonomen hatten einen Wert von –14,5 Zähler prognostiziert, nachdem es im März noch –8,5 Punkte waren.

Verstärkt wurde die Abwärtsbewegung von der deutlich höheren Sparneigung. Insbesondere die Einkommenserwartungen brauchen ein – auf ein Niveau wie zuletzt zu Zeiten der globalen Finanzmarktkrise 2009. Aber auch die Konjunkturerwartungen rutschten ab, wohingegen die Anschaffungsneigung nur moderate Einbußen verzeichnete, wie die GfK mitteilte.

„Noch im Februar waren die Hoffnungen groß, dass sich mit den absehbaren Lockerungen der pandemiebedingten Beschränkungen auch die Konsumstimmung deutlich erholen kann“, sagte GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl. Mit Beginn des Ukraine-Krieges „hat sich dies jedoch schlagartig in Luft aufgelöst“. Laut einer GfK-Sonderumfrage zu den Folgen des Ukraine-Kriegs machen sich 90% der Bundesbürger sehr große oder große Sorgen um die stark gestiegenen Preise im Energiesektor und 80% mit Blick auf die Lebensmittelpreise. Eine nachhaltige Erholung des Konsumklimas kann es Bürkl zufolge „nur dann geben, wenn es zu einem raschen Waffenstillstand mit anschließenden Friedensverhandlungen kommt“. Dann werde auch die Binnenkonjunktur durch die sinkende Verunsicherung wieder einen wichtigen Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung leisten und die Lockerungen der pandemiebedingten Beschränkungen würden ebenfalls ihre positive Wirkung entfalten können, betonte der GfK-Experte.

Noch aber sehen die Verbraucher durch die stark gestiegenen Preise für Gas, Heizöl und Benzin ihre Kaufkraft dahinschmelzen. Am stärksten im Monatsvergleich gab der Teilindex der Einkommenserwartungen nach – um 25 auf –22,1 Punkte und damit der niedrigste Wert seit Januar 2009. Damals rutschte der Indikator infolge der Finanzkrise auf –22,9 Zähler ab. Die Sorge der Unternehmen vor den Folgen des Ukraine-Krieges und der Sanktionen zeigt sich derweil bei zwei Frühindikatoren: Die Experten des Ifo-Instituts und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) erwarten zwar, dass der Aufschwung am deutschen Jobmarkt weitergeht und negative Effekte von Lieferengpässen, Exportausfällen und Energiepreissteigerungen durch Kurzarbeit abgefedert werden könne. Als Risiko bleibe allerdings eine geopolitische Ausweitung der Ukraine-Krise oder ein Energie-Lieferstopp, hieß es beim IAB. Das IAB-Arbeitsmarktbarometer legte den dritten Monat in Folge zu und liegt mit 105,1 Punkten auf dem Niveau von Sommer 2021. Das Ifo-Beschäftigungsbarometer hingegen fiel auf ein 10-Monatstief bei 102,1 Zählern.

Die Bereitschaft, größere Anschaffungen wie etwa Autos, Computer oder Möbel zu tätigen, ging ebenfalls zurück. Erfahrungsgemäß, so heißt es bei der GfK, reagiere die Anschaffungsneigung auf steigende Preise negativ: Aktuell steht der entsprechende Indikator mit –2,1 Punkten nach zuvor 1,4 Zählern auf dem niedrigsten Stand seit April 2020. Neben den hohen Energiepreisen haben auch die Sanktionen sowie unterbrochene Lieferketten das Risiko einer Rezession sprunghaft ansteigen lassen. „Die Risikofaktoren stellen damit die positiven Impulse, die aus den Lockerungen zu erwarten sind, klar in den Schatten“ – die Verbraucher sehen laut den Nürnberger Konsumforschern daher zunehmend Gefahren für die deutsche Konjunktur. Das Barometer der Konjunkturerwartungen gab im März nach zwei Anstiegen in Folge um 33 auf –8,9 Punkte nach. Niedriger stand es zuletzt während des ersten pandemiebedingten Lockdowns im Frühjahr 2020.

Dass dem Privatkonsum erneut der Wind aus den Segeln genommen wurde, kommt auch in den Prognosesenkungen der Ökonomen deutlich zum Ausdruck. Gestern reihten sich das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in die Riege ein: Statt einem Wachstum von 4,5% in diesem Jahr werden nurmehr 2,1% erwartet. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe den wirtschaftlichen Erholungspfad, der noch vor kurzem absehbar war, jäh blockiert, erklärte dazu Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des IMK. „Das betrifft viele Länder, aber Deutschland ganz besonders.“ Das Konjunkturbild 2022 werde durch „dramatisch steigende Energiepreise, außerordentlich hohe Inflationsraten, neue Belastungen von Lieferketten und große Unsicherheit“ geprägt. Das bremse den privaten Konsum, den Außenhandel und die Bereitschaft von Unternehmen, zu investieren. „Statt eines dynamischen Aufschwungs werden wir dieses Jahr im besten Fall ein moderates Wachstum sehen.“ In einem Risikoszenario würde die Wirtschaft im Jahresmittel um 0,3% schrumpfen.

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