Transatlantische Beziehungen

Der „magere Erfolg“ des neuen EU-US-Handelsrates

Auch wenn EU-Handelskommissar Valdis Drombovskis von einem „neuen Kapital in den transatlantischen Beziehungen“ spricht – die erste Sitzung des neuen EU-US-Handelsrates hat mehr eine umfangreiche Bestandsaufnahme der Probleme als neue Lösungsansätze geliefert.

Der „magere Erfolg“ des neuen EU-US-Handelsrates

Von Andreas Heitker, Brüssel

Eine gewisse Erleichterung war auf europäischer Seite nach dem ersten EU-US-Handels- und Technologierat zu spüren. Erleichterung, dass die Spitzengespräche in Pittsburgh nach den jüngsten diplomatischen Spannungen – insbesondere zwischen Frankreich und den USA – überhaupt stattgefunden hatten. Erleichterung, dass beide Seiten im Anschluss ein abgestimmtes gemeinsames Statement veröffentlichen konnten.

Auf 17 Seiten wird dort eine umfangreiche Bestandsaufnahme der aktuellen transatlantischen Handelsdebatten und damit auch eine lange To-do-Liste für die Zukunft geliefert. Zu den Prioritäten bei der beabsichtigten besseren Kooperation werden in dem Statement Exportkontrollen, die Überprüfung ausländischer Investitionen, kritische und neue Technologiestandards – unter anderem im Bereich der künstlichen Intelligenz –, sichere Lieferketten –insbesondere im Halbleitersektor – sowie Fragen des Welthandels genannt. Zehn Arbeitsgruppen wurden gegründet, die auf technischer Ebene Lösungsansätze liefern sollen.

EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis, der zusammen mit Wettbewerbskommissarin Margre­the Vestager in Pittsburgh auf US-Außenminister Antony Blinken, Handelsministerin Gina Raimondo und die US-Handelsbeauftragte Kathe­rine Tai getroffen war, sprach im Anschluss von einem „neuen Kapitel in den transatlantischen Beziehungen“ und einem „Meilenstein“. Dabei waren beide Seiten konkreten Lösungsansätzen für die vielen Problemfelder keinen Schritt näher gekommen. Insbesondere wurden die US-Zölle auf Stahl und Aluminium, die von Ex-Präsident Donald Trump eingeführt worden waren, beim Handelsrat einfach ausgeklammert. Dabei drängt hier die Zeit, weil eine Einigungsfrist Ende November ausläuft und dann eine neue gegenseitige Sanktionsspirale droht.

Entsprechend zurückhaltender fielen andere Kommentare aus. Reinhard Bütikofer, der transatlantische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, stufte es als positiv ein, dass das Treffen überhaupt stattgefunden hatte. „Doch die lange Liste dringender Themen, bei denen keine Fortschritte zu vermelden sind, zeigt, wie schwierig es ist, mehr als nur schöne transatlantische Rhetorik zu liefern“, sagte er. Das Treffen sei „ein Erfolg, allerdings ein magerer Erfolg“.

China im Fokus

In eine ähnliche Richtung argumentierte Bernd Lange (SPD), der Chef des Handelsausschusses im EU-Parlament: Es bestünden weiterhin unterschiedliche Interessen und es gebe weiter „Handelsirritationen“, etwa im Bereich der Stahlzölle, so Lange. „Es ist ein guter erster Schritt, aber es müssen noch mehr kommen.“

Ein Termin für das nächste Treffen des Handelsrates wurde nicht genannt. In Brüssel hofft man, dass zumindest die technische Arbeit in den zehn Arbeitsgruppen bald fortgesetzt wird.

Übergeordnetes Thema des Pittsburgh-Rates war das gemeinsame Vorgehen gegen unfaire Handelspraktiken von Staaten wie China. In der Schlusserklärung hieß es hierzu: „Wir stehen zusammen, um unsere Unternehmen, Verbraucher und Arbeitnehmer weiterhin vor unfairen Handelspraktiken zu schützen, insbesondere vor solchen, die von Nichtmarktwirtschaften ausgehen und das Welthandelssystem untergraben.“ Auch deshalb wollen beide Seiten nun unter anderem einen Subventionswettlauf für das Anwerben von Chip-Investitionen vermeiden. Es gelte vielmehr, „die richtigen Anreize“ zu finden, hieß es im Statement.

Thematisiert wurde allerdings auch ein mögliches einheitliches Konzept zur Begrenzung der wachsenden Marktmacht von großen Technologiekonzernen wie Alphabets Google sowie Facebook, Apple und Amazon. Auch hier stehen die Gespräche aber noch am Anfang.

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