Mindeststeuern

Der Stein rollt

Die sieben großen Industrienationen machen sich für eine weltweite Mindeststeuer stark – und wollen zudem das Recht zur Besteuerung vom Unternehmenssitz lösen. Und gerade erst hat die EU beschlossen, multinationale Unternehmen zur Offenlegung ...

Der Stein rollt

Die sieben großen Industrienationen machen sich für eine weltweite Mindeststeuer stark – und wollen zudem das Recht zur Besteuerung vom Unternehmenssitz lösen. Und gerade erst hat die EU beschlossen, multinationale Unternehmen zur Offenlegung länderspezifischer Umsätze, Gewinne und Steuern zu verpflichten. Was die internationalen Regeln für die Besteuerung von Unternehmen angeht, ist also gerade richtig was los. Das ist auch gut so. Denn viel zu lange wurde in Verhandlungen nur Luft verbraucht.

Na klar, selbst die cleversten Vorgaben können nicht komplett verhindern, dass dem heimischen Fiskus Steuern vorenthalten werden. Sogar in einer Welt mit Mindeststeuern und Berichtspflichten wird es Konzernen gelingen, aggressiv Steuern zu vermeiden, wenn sie es drauf anlegen. Aber: Das wird durch Vorgaben wie die jetzt vereinbarten viel schwerer werden. Der Aufwand der Steuervermeidung steigt – und das Risiko, erwischt zu werden und einen Reputationsschaden zu erleiden. Übrigens auch für die Regierungen, deren Finanzbehörden Konzernen beim dreisten Versteckspiel als Kumpanen helfen.

Klagen über ein vermeintlich drohendes Ende des Steuerwettbewerbs sind wenig überzeugend – zumal angesichts eines Mindestsatzes von 15%. Der bietet noch reichlich Spielraum. Ganz im Gegenteil: Ob ein solcher Satz ausreichen und ob die Bemessungsbasis klar genug definiert wird, um zusätzlich hohe Milliardensummen in die Steuerkassen zu spülen, ist noch ungewiss. Zumal ja ohnehin erst die G20 an Bord geholt werden müssen. Und ob Deutschland unterm Strich bei den Steuererlösen gewinnt oder verliert, ist erst recht unabsehbar. Aber das Letztere ist – mit Verlaub – ja auch nicht spielentscheidend.

Denn angesichts der Unverfrorenheit und Energie, mit der Konzerne aufwendige gesellschaftsrechtliche Strukturen aufbauen, nur um Gewinne zu verschieben, ist es zwingend und dringend, dass die G7-Staaten entschlossen dagegen vorgehen. Schließlich verschafft aggressive Steuervermeidung den Unternehmen, die sie betreiben, nicht nur finanzielle Vorteile. Vielmehr korrumpiert sie das Gerechtigkeitsgefühl der Steuerzahler – und damit das Vertrauen in die Inte­grität von Markt und Handel. Dieser Schaden ist viel größer als finanzielle Einbußen.

Die Verständigung der G7 ist sicher noch nicht die Lösung aller Probleme. Aber nachdem sich in puncto faire Unternehmensbesteuerung zu lange zu wenig bewegt hat, hat die Gruppe der sieben den Stein endlich wieder ins Rollen gebracht.

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