Überraschend kräftiger Rückgang

Deutlicher Rückschlag für deutsche Exporteure

Im Mai waren Produkte „Made in Germany“ nicht sonderlich gefragt: vor allem in China und Großbritannien. Insgesamt präsentiert sich der Außenhandel im Mai äußerst schwach. Die Konjunktursorgen mehren sich, wie auch der Rückgang der Sentix-Konjunkturerwartungen für die großen Weltregionen zeigt.

Deutlicher Rückschlag für deutsche Exporteure

Rückschlag für deutsche Exporteure

Außenhandel schwächelt − Wahlen dämpfen Konjunkturhoffnungen − Sentix-Barometer gibt nach

ba Frankfurt

Im Mai waren Produkte „Made in Germany“ nicht sonderlich gefragt: vor allem in China und Großbritannien. Insgesamt präsentiert sich der Außenhandel im Mai äußerst schwach. Die Konjunktursorgen mehren sich, wie auch der Rückgang der Sentix-Konjunkturerwartungen für die großen Weltregionen zeigt.

Der Mai ist für den deutschen Außenhandel vieles, aber kein Wonnemonat. Vor allem wegen der schwachen Nachfrage aus China und Großbritannien haben die Exporte deutlich nachgegeben, die Importe sind allerdings noch kräftiger eingebrochen. Nach den enttäuschend ausgefallenen Industriedaten zu Auftragseingang und Produktion ist dies ein weiterer Dämpfer für die zuletzt aufgekeimten Konjunkturhoffnungen. Die sich aber bereits wieder ins Gegenteil verkehrt haben, wie die Sentix-Konjunkturindikatoren für Deutschland, aber auch den Euroraum als Ganzes sowie die USA zeigen.

Erwartungen enttäuscht

Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) sanken die deutschen Exporte kalender- und saisonbereinigt um 3,6% im Monatsvergleich auf 131,6 Mrd. Euro. Da die Importe allerdings um 6,6% auf 106,7 Mrd. Euro deutlich stärker fielen, weitete sich der Außenhandelsbilanzüberschuss aus. Der kalender- und saisonbereinigte Saldo stieg auf 24,9 Mrd. Euro, nach 22,2 Mrd. Euro im April. Ökonomen hatten zwar bei den Aus- und Einfuhren mit Rückgängen gerechnet, wurden von dem Ausmaß dann aber doch überrascht: Für die Exporte stand ein Minus von 1,9% in der Prognose, nach dem Wachstum von 1,7% im April, bei den Importe wurden −1,0% vorausgesagt.

„Nach zwei guten Vormonaten ist der Exportsektor auf dem Boden der Tatsachen zurück“, kommentierte dies Alexander Krüger, Chefvolkswirt bei der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Das zeige auch der negative Vorjahresvergleich, den Destatis bei den Exporten mit −1,6% und bei den Importen mit −8,7% angibt. „Der Exportsektor dürfte von der etwas gefestigteren Weltwirtschaft aber grundsätzlich profitieren“, erwartet Krüger. Für die nächsten Monate deute sich ein ständiges Auf und Ab an. Zu Jahresbeginn hatten die Exporte zusammen mit den Bauinvestitionen noch für das Wirtschaftswachstum von 0,2% gesorgt.

Kräftiger Rückgang der China-Exporte

„Vor allem ein kräftiges Minus der Exporte nach China sticht ins Auge“, auch wenn im Mai die Ausfuhren in sämtliche wichtige Destinationen nachgaben, betont Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. „Die wirtschaftliche Schwäche Chinas manifestiert sich hierzulande in einer schwachen Exportentwicklung“, erklärt Gitzel zum Ausfuhrrückgang ins Reich der Mitte um 10,2% im Monatsvergleich auf 7,6 Mrd. Euro. In die Exportdestination Nummer 1 der deutschen Waren, die USA, wurden Waren im Wert von 13,8 Mrd. Euro verschickt, das sind 2,9% weniger Waren als im April. Die Exporte in das Vereinigte Königreich fielen um 11,7% auf 6,5 Mrd. Euro.

Dashboard zu Russland

Die Sanktionen infolge des Ukraine-Kriegs zeigten weiter ihre Wirkung: Die Exporte nach Russland sanken um 19,3% auf 0,6 Mrd. Euro. Die russische Wirtschaft indes „wächst angesichts des Rüstungsbooms momentan kräftig, allerdings wirken die Sanktionen langfristig wie ein schleichendes Gift“, sagt Vasily Astrov, Russland-Experte des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (Wiiw). Das Wiiw hat zusammen mit dem Ifo-Institut, dem IfW Kiel sowie dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums die Auswirkungen der westlichen Sanktionen auf die russische Volkswirtschaft untersucht und in einem Online-Dashboard zugänglich gemacht.

Dass die deutsche Exportwirtschaft „noch viel Luft nach oben“ hat, zeigen auch die Ifo-Exporterwartungen für Juni: Das Barometer fiel auf −1,0 Punkte. Im Mai waren es noch +0,2 Zähler. „Gegenwärtig zeichnet sich keine klare Richtung ab“, sagte dazu Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. „Die Schwäche des Außenhandels ist dabei zu großen Teilen hausgemacht“, erklärte Dirk Jandura, Präsident des Außenhandelsverbandes BGA. „Regulierungen und Berichtspflichten sind Deutschlands Regierung nach wie vor wichtiger als die Exportförderung.“ Es räche sich, dass es der EU nach zwanzig Jahren voller Verhandlungen immer noch nicht gelinge, große Abkommen wie mit den Mercosur-Staaten abzuschließen. Der Ausbau der Freihandelsabkommen müsse Priorität der neuen EU-Kommission sein, forderte Jandura.

Äußerst verhalten fällt im Juni auch der Blick der Börsianer auf die Konjunktur aus. „In Deutschland gerät das mäßige Konjunktur-Momentum erneut ins Stocken“, schreibt Sentix-Geschäftsführer Patrick Hussy. Die Konjunkturerwartungen gaben um 6,5 auf −19,0 Punkte nach. Die Landtagswahlen würden in den Fokus der 1.140 befragten Investoren und institutionellen Anleger rücken, so Hussy. Der Gesamtindex für den Euroraum fiel nach acht Anstiegen in Folge, und zwar um 7,6 auf −7,3 Zähler. „Die Frankreichwahlen tragen zur wachsenden Sorge genauso bei wie die zunehmende Abkühlung der US-Konjunktur“, betonte Hussy. Der Gesamtindex für die USA fiel das dritte Mal in Folge um 4,2 auf 10,7 Punkte und damit den niedrigsten Wert seit Januar 2024. Zudem steige die Irritation über den Gesundheitszustand des US-Präsidenten Joe Biden und die offene Frage, wer letztlich gegen Donald Trump ins Rennen um das Weiße Haus einsteige, erklärt Hussy. Die Ungewissheit erzeuge eine Art Vakuum. Auch die zuletzt positive Tendenz in Asien ex Japan verliere an Rückhalt.

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