Deutsche Industrie stärkt Auftragspolster
ast Frankfurt
Die deutsche Industrie hat im Januar nahtlos an die gute Entwicklung zum Jahresende 2021 angeknüpft. Im Januar sammelte das verarbeitende Gewerbe erneut viele Neubestellungen ein und stärkt damit ihr ohnehin dickes Auftragspolster. Ausschlaggebend waren Aufträge aus dem Ausland. Der Krieg in der Ukraine dürfte die Erholung von der Coronakrise aber verzögern.
Gegenüber Dezember betrug der Zuwachs 1,8%, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Montag mitteilte – nach revidiert 3,0% im Dezember. Analysten hatten im Schnitt mit einem Anstieg gerechnet, allerdings um lediglich 1,0%. Den Statistikern zufolge geht der Zuwachs auf Bestellungen aus dem Ausland zurück. Sie stiegen gegenüber dem Vormonat um 9,4%. Von außerhalb der Eurozone kamen 17% mehr Aufträge, aus der Eurozone gab es dagegen 2,6% weniger Bestellungen. Die Inlandsaufträge gingen um 8,3% zurück. Investitionsgüter wurden insgesamt 5,5% mehr bestellt. Die Aufträge für Vorleistungs- und Konsumgüter gaben hingegen nach.
Die Zahlen zeigten, dass es nicht an einer mangelnden Nachfrage liege, dass die deutsche Industrie nach wie vor weniger produziere als vor dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie, erklärte Ralph Solveen, Analyst der Commerzbank. Bestimmend bleibe vielmehr die Menge der zur Verfügung stehenden Vorprodukte. Die Lieferkettenprobleme bremsen demnach nach wie vor. Zwar machten die gestiegenen Industrieumsätze Hoffnung, dass sich die Lage zumindest etwas verbessert habe. „Allerdings könnte der Ukraine-Krieg hier für neue Probleme sorgen“, so Solveen.
Dieser dürfte für die Unternehmen unterschiedliche Folgen nach sich ziehen. „Das wegbrechende Russlandgeschäft mag für einzelne Unternehmen gravierende Folgen haben, aus gesamtwirtschaftlicher Sicht spielt dies jedoch eine nachgelagerte Rolle“, erklärt Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Sorgen bereitet ihm der enorme Anstieg der Energiepreise, der die Furcht vor eine Rezession nähre.
Dafür spricht auch der Konjunkturindikator des Beratungsunternehmens Sentix. Demzufolge brach die Wirtschaftsstimmung im Euroraum wegen des Ukraine-Krieges im März ein. Gegenüber dem Vormonat fiel der Sentix-Index im März um 23,6 Punkte auf −7 Zähler – den niedrigsten Stand seit November 2020. Der Einbruch fällt damit zudem weit stärker aus, als Analysten prognostiziert hatten. Besonders die Erwartungen der Anleger sind gefallen. Der Subindex gab fast 35 Punkte auf −20,8 Zähler nach. „Dies gab es in der rund 20-jährigen Sentix-Konjunkturindex-Historie noch nie“, heißt es von dem Unternehmen. Die Umfrage unter mehr als 1200 Anlegern gilt als wichtiger Frühindikator.
Einzelhandel mit Schwung
Die deutschen Einzelhändler sind derweil gut ins neue Jahr gestartet. Ihre Umsätze legten im Januar preisbereinigt um 2% im Vorjahresvergleich zu. Ökonomen hatten weniger auf dem Zettel. „Nach dem Umsatzrückgang im Dezember 2021 konnte sich der Einzelhandel somit zum Jahresbeginn trotz weiterhin geltender 2G-Regeln erholen“, so Destatis zu den vorläufigen Daten. Allerdings machen die Preissteigerungen, die im Zug des Ukraine-Krieges noch zunehmen dürften, die Konsumlaune zunichte. Das zeigt der Indikator zur Verbraucherstimmung des Handelsverbands HDE.