Deutschland hinkt bei Dekarbonisierung hinterher
ast Frankfurt
Die Reduktion von klimaschädlichen Treibhausgasen kommt in Deutschland nur schleppend voran. Das geht aus dem Net-Zero-Index der Beratungsgesellschaft PwC hervor, der der Börsen-Zeitung vorab vorliegt. Deutschland wies 2020 eine Dekarbonisierungsrate von 5,7% aus – und liegt damit über dem globalen Durchschnitt von nur 2,5%. Im europaweiten Vergleich steht das Land allerdings deutlich schlechter da. Die Dekarbonisierungsrate gibt die Reduktion der CO2-Emissionen pro Dollar des Bruttosozialproduktes an.
Den Autoren zufolge wäre eine weltweite Reduktion der kohlenstoffhaltigen Energieträger von 12,9% im Jahr nötig, um die Pariser Klimaziele zu erreichen und die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Davon ist die internationale Staatengemeinschaft noch weit entfernt. Zwar haben viele Länder im Zuge der Ratifizierung des Klimaabkommens ihre nationalen Klimaziele verschärft. Doch selbst die überarbeiteten Anstrengungen in Sachen Klimaschutz reichen bei weitem nicht aus, um die drohende Klimakatastrophe abzuwenden.
Auch der langjährige Musterknabe Deutschland bleibt hinter seinen eigenen Ansprüchen zurück. „Deutschland liegt bei der Dekarbonisierung nur noch im G7-Durchschnitt. Andere Länder haben deutlich aufgeholt. Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, müssen wir die Dekarbonisierung massiv beschleunigen, denn das Anspruchsniveau steigt“, kommentiert Nicole Röttmer, PwC-Klimaexpertin, die Ergebnisse. Im Vor-Pandemie-Jahr führte Deutschland mit einer Dekarbonisierungsrate von 6,6% die Liste der G20-Länder noch an. Inzwischen liegt das Land unter dem EU-Durchschnitt (6,3%). Beachtlich ist bei diesem Rückschritt im Vergleich zu 2019 insbesondere, dass auch die deutsche Wirtschaft 2020 von massiven Einschränkungen durch die Coronakrise und entsprechend verringerter Industrieproduktion betroffen war.
Pandemiebedingte Spitze
Das zeigt sich etwa bei den aktuellen Spitzenreitern im Index. Indonesien und Mexiko gelang es, ihre energiebedingten CO2-Emissionen immerhin zweistellig zu reduzieren. Hier spiegelt sich den Autoren der Studie zufolge der pandemiebedingte wirtschaftliche Einbruch in den beiden Ländern wider. Weltweit sank der Energiebedarf während der Hochphase der Coronavirus-Pandemie um 4,3%. Mit der Erholung der Wirtschaft stieg der Energiebedarf hingegen wieder – Schätzungen zufolge um voraussichtlich 4,6% im vergangenen Jahr.
Nun geht es darum, die ehrgeizigen Klimaziele in konkrete politische Maßnahmen umzusetzen. Doch nicht nur die Politik ist gefragt, auch für die Unternehmen wird die Netto-Null in Sachen klimaschädlicher Emissionen zur Norm. Immerhin: Bereits mehr als 3000 Unternehmen aus der Privatwirtschaft haben sich in den vergangenen eineinhalb Jahren zur Klimaneutralität verpflichtet.